• 24.07.2010 21:52

  • von Dieter Rencken

Barrichello: "Ernten die Früchte der Arbeit"

Rubens Barrichello hat mit seiner Erfahrung Williams wieder unter die Top-10 entwickelt - Im Interview spricht der Routinier über diesen Prozess

(Motorsport-Total.com) - Gut Ding braucht Weile, auch in der Formel 1. So mussten das Williams-Team und Rubens Barrichello erst zueinander finden, um das Optimum aus der Partnerschaft herauszuholen. Mit Erfolg, denn in Hockenheim qualifizierte der WM-Dritte von 2009 zum dritten Mal in Folge den FW32 in den Top-10.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Williams profitiert immens von Rubens Barrichellos reichhaltiger Erfahrung

Frage: "Du bist eigentlich locker in die Top-10 gefahren. Das zeigt den Aufwärtstrend bei Williams. Wie siehst Du das?"
Rubens Barrichello: "Es ist großartig zu sehen, was das Auto leistet. Hockenheim ist eine ganz andere Strecke und trotzdem sind wir so konkurrenzfähig wie bei den letzten beiden Rennen. Ich hatte in Q2 eine großartige Runde, die aber sehr schwierig war. Leider konnte ich das aufgrund von Graining in Q3 nicht wiederholen. Ich weiß aber nicht warum das passiert ist. Ich glaube beide Nicos und auch Robert Kubica sind in ähnliche Probleme geraten. Manche Autos sind schneller geworden, andere einen Tick langsamer. Ich habe in der letzten Kurve etwas Zeit liegengelassen."#w1#

Frage: "Gibt es für das Rennen irgendwelche Bedenken, weil bei den weichen Reifen Graining aufgetreten ist?"
Barrichello: "Das würde ich nicht sagen, denn es gibt ja einige Rahmenrennen. Es soll auch noch regnen, aber im Rennen wird es trocken sein. Wenn es am Sonntag heiß ist, hat die Strecke genug Gummi von den anderen Serien. Leider gab es bisher viel Regen, der den Abrieb wieder weggewaschen hat."

Frage: "In der Startaufstellung stehen nur Red Bull, Ferrari, McLaren und Kubica vor Dir. Eine gute Ausgangsposition?"
Barrichello: "Es ist eine starke Leistung. Es ist Zeugnis der ganzen Anstrengung, die das Team investiert hat. Sie haben auf die Fahrer und mich gehört. Das Team wird immer besser, denn jeder erfüllt perfekt seine Aufgaben. Die Probleme werden direkt gelöst. Ich sehe eine große Zukunft. Die Wettbewerbsfähigkeit von Red Bull, McLaren und Ferrari ist sehr gut. Manchmal sind sie auf einem anderen Level. Mit kleinen Verbesserungen hier und da können wir bis Saisonende noch Boden gutmachen. Jetzt aktuell können wir von Plätzen hinter den Top-6 träumen."

Frage: "Wieviel kann man aus dem aktuellen Auto noch herausholen?"
Barrichello: "Das Team hat mir versichert, dass wir bereits am nächstjährigen Fahrzeug arbeiten, ohne die Entwicklung am FW32 bis zu einem späten Zeitpunkt stark zu bremsen. Meine Herangehensweise für 2011 dreht sich darum, wie wir einige aktuelle Probleme verstehen und lösen können, bevor wir an 2011 denken. Ich bin recht zufrieden. Irgendwann nach Singapur werden wir wahrscheinlich die aktuelle Entwicklung einstellen. Wir haben gesehen, dass das andere Teams schon gemacht haben und Leistungseinbußen in Kauf nehmen mussten."


Fotos: Williams, Großer Preis von Deutschland


Frage: "Bei welchem Entwicklungsschritt hast Du den Durchbruch gesehen? Was habt Ihr genau verändert?"
Barrichello: "In Montréal. Wir haben aerodynamischen Abtrieb an das Auto geschraubt, der nicht richtig funktioniert hatte. Es hat gedauert, bis wir das herausgefunden haben. Die Aerodynamik war ganz anders, als ich es von der Auto-Charakteristik erwarte. Von da weg hat sich dann alles positiv entwickelt."

Frage: "Wo siehst Du beim Auto noch Potenzial?"
Barrichello: "Es geht um die Stabilität beim Bremsen und der Traktion am Kurvenausgang. Wir reden da über einen Geschwindigkeitsbereich, der unter 200 km/h liegt. Da müssen wir uns noch verbessern. Der Red Bull ist in schnellen Kurven auf einem anderen Level. Man kann sie nicht vergleichen. Hier ist Ferrari nah dran, aber in Silverstone waren sie nirgends. Wir müssen uns diesen Bereich auch ansehen."

Frage: "Wie sehr gefällt es Dir, bei Williams im Mittelpunkt zu stehen?"
Barrichello: "Ich genieße meine Zeit sehr. Ich war immer Teil von großen und verschiedenen Teams. Der Fakt, dass mich ein junger Fahrer antreibt, und ich denke Nico Hülkenberg ist sehr schnell, ist gut. Aber ich entwickle das Auto und er genießt die Früchte davon. Er sieht genau, dass das Fahrzeug immer besser wird. Das ist eine gute Sache, denn ich tue das nicht nur für mich, sondern es profitiert das ganze Team. Das wollte ich schon immer machen. Ich denke diese Fähigkeit von mir hätte man auch schon in der Vergangenheit nutzen können. Meine Aussagen werden jetzt brauchbar verwertet. Alles läuft wunderbar, es ist keine Lobby involviert. Ich arbeite und habe Spaß daran. Sie sehen, dass die eingeschlagene Richtung gut ist und verfolgen sie weiter.

Frage: "Hast Du bemerkt, dass das Team nun anders denkt?"
Barrichello: "Ja das habe ich. Zu Beginn haben wir uns einfach nicht gekannt. Es ist ein fortlaufender Prozess. Wir haben jetzt eine viel bessere Kommunikation. Das ist für mich der Schlüssel, denn zwischen den Fahrern den Ingenieuren an der Strecke und in der Fabrik läuft die Kommunikation reibungslos."

Frage: "Hast Du jemals in deiner Karriere diese Rolle als Entwickler gehabt?"
Barrichello: "Ich war schon immer ein Entwickler. Selbst als Ferrari mit Michael Schumacher gewonnen hat, habe ich die harte Arbeit gemacht. Aber jetzt ist vermutlich die beste Zeit meiner Karriere, weil die Leute alles aufsagen, was ich sage. Ich bin am richtigen Platz."