• 18.04.2014 13:38

  • von David Emmett

Austins Macher: "Wir hatten eine Kuhweide mit Ochsen"

CoTA-Investor Red McCombs über eine Erfolgsstory der unbegrenzten Möglichkeiten - Wieso er leise Autos will und seine Tochter um ihr Erbe fürchtet

(Motorsport-Total.com) - Red McCombs ist ein Texaner wie er im Buche steht. Der 86-Jährige, der das Vermögen seiner Familie in den Circuit of The Americas (CoTA) gesteckt hat, machte mit Enthusiasmus und Patriotismus aus einem Acker eine Goldgrube. Begonnen hat der Milliardär, der mit einem Autohandel, einem Verlag und Sportmannschaften wie den San Antonio Spurs oder den Minnesota Vikings reich wurde, das Projekt ohne Ahnung von Motorsport. Im Interview erzählt McCombs die ganze Geschichte.

Titel-Bild zur News: Red McCombs, Mario Andretti

Ein echtes Schwergwicht in Texas: Red McCombs (links) mit Mario Andretti Zoom

Frage: "Red, was genau war deine Rolle beim CoTA-Projekt?"
Red McCombs: "Ich war der Hauptfinanzier dieses Projektes, was aber für Missverständnisse sorgen könnte. Bei weitem der größte Investor ist Bobby Epstein, und deswegen ist er der Vorstandsvorsitzende. Und darin ist er sehr gut. Was wir beigetragen haben: Wir waren dort zuerst, haben gesagt, dass wir soundsoviel Geld in das Projekt investieren werden. Damit und mit unserer Glaubwürdigkeit durch den Erfolg mit anderen Sportprojekten konnten wir alleine andere Investoren anlocken. Es war aber nicht einfach. Bobby Epstein war diesbezüglich der Fels in der Brandung. Nicht nur durch sein Geld, sondern auch durch seine Zeit, die er investiert hat. Das war wirklich bemerkenswert."

Frage: "Hat sich dein Investment verändert?"
McCombs: "Wir alle haben mehr Geld investiert als zu Beginn angedacht. Mit Abstand der größte Anteil kam aber von Bobby."

"Wir wollten die beste Strecke der Welt." Red McCombs

Frage: "Du hast in allen großen US-Sportarten mitgemischt. Warum hast du in diese Sache investiert, wo Motorsport doch in Nordamerika eher eine kleinere Erscheinung ist?"
McCombs: "Ehrlich gesagt wusste ich am Anfang gar nicht, dass wir so fantastische Einrichtungen haben würden. Es hat zirka zweimal so viel gekostet wie ich geschätzt hatte, aber beim Bau haben wir dann gesagt, wir sollten das besser so machen. Wir haben hier in Austin großartige Handwerker und im Laufe der Zeit haben wir entschieden, dass wir die beste Motorsport-Anlage der Welt bauen wollen."

Von der Kuhweide in den Olymp

"Das war nicht von Anfang an der Plan, sondern ist so gewachsen und entstanden. Es gab ein paar Kleinigkeiten mit europäischen Sponsoren und Missverständnisse bei einigen Dingen - wir haben dann allen Vertragspartnern gesagt, dass das am Ende eine ordentliche Motorsportanlage sein wird. Und je weiter alles vorangeschritten ist, desto weniger wollten wir auf irgendwas verzichten."

Austin Sonne turm

Der Streckenturm in Austin ist längst zum Wahrzeichen avanciert Zoom

"Als ich 25 Jahre alt war, da habe ich ein bankrottes Baseball-Team in Corpus Christi gekauft. Seitdem habe ich in unterschiedlichen Bereichen des Sports schon viel erlebt - und dabei bin ich geblieben. Ich muss mich bei Bobby Epstein bedanken, denn er hat darauf geschaut, dass wir das bestmögliche Produkt liefern. Und unsere Sponsoren haben das erkannt. Leute, die so etwas sponsern, wissen, wie die anderen Produkte auf der ganzen Welt ausschauen. Und ehrlich gesagt, waren sie sehr überrascht, dass wir auf den Olymp gehen und hier am Stadtrand von Austin diese Anlage hinstellen."

"Wir hätten zum Beispiel den Streckenturm nicht bauen müssen, aber wir wollten eine Art Wahrzeichen haben. Wir waren dann im Büro des ortsansässigen Architekten, und sie hatten nur einen Skizzenblock, wo sie mit Bleistift einige Skizzen gemacht haben - sie haben einfach mit Designs herumgespielt. Und auf einer der vorderen Seiten hatten sie einen Entwurf, das exakt wie der Streckenturm aussah. Das hat mich umgehauen. Wie ihr wisst, war das eine Kuhweide hier. Man hätte also nicht viel tun müssen, um das herausragendste Gebäude in dieser gesamten Region zu bauen, denn hier in dieser Gegend gab es nichts. Als wir aber den Turm sahen, da wussten wir, dass es teuer werden würde, um das zu bauen."


Fotos: Red-Bull-Showrun in Austin


Frage: "Warum habt ihr es dann doch durchgezogen?"
McCombs: "Wir haben gesagt: Das ist eine Gelegenheit, etwas zu bauen, durch das wir uns wirklich von den anderen abheben. Wir haben es also getan und sind stolz darauf. Es wurde gut angenommen. Und jetzt, wenn irgendwo auf der ganzen Welt ein Bild vom CoTA sieht, dann wird man den Turm sehen. Das ist ein Identifikationsmerkmal des Projektes. Dadurch wird sich ein großer Teil unserer Einnahmen generieren lassen - wir haben den Turm noch nicht an einen Sponsor verkauft. Wir hatten zahlreiche Interessenten, aber beim Wert hatten sie andere Vorstellungen als wir. Wir werden aber jemanden finden, der erkennt, dass es den Turm noch in 50 Jahren geben wird und dass er ein Identifikationsmerkmal darstellt."

Schatz, ich haue dein Geld auf den Kopf!

"Ich habe drei Töchter und die sind alle erwachsen. Als ich die Familie zusammentrommelte und sagte, dass ich einen großen Teil des Familienvermögens in diese Sache stecke, da meinte meine jüngste Tochter: 'Entschuldige, aber wenn es sich um ein Produkt, mit dem wir uns nicht auskennen handelt oder das schlecht gemacht wird, warum sollten wir dann unser Vermögen riskieren?' Ich habe gesagt, dass ich ihr eine ganz ehrliche Antwort geben möchte: 'Es sind in Wahrheit eurer Vermögen, denn ich bin alt und werde nicht mehr allzu lange hier sein.' Sie hat dann gesagt, dass sie es versteht: 'Es ist unser Geld, das ist ja der Grund, warum ich mir Sorgen mache'."

"Ich habe gesagt: 'Schau, ich habe euch hierher gebracht, und ich werde euch da auch wieder rausholen'. Und ich werde sagen, dass wir sehr stolz darauf sind, wie der Markt unsere Produkt wahrnimmt. Die Leute sind nicht dumm. Sie wissen, was Qualität ist. Und sie sehen, was wir daraus gemacht haben. Ein Kerl hat gesagt: 'Das ist eine Kuhweide, wo es keine Kühe, aber zahlreiche Ochsen gibt.' Wir haben nicht nur ein Wahrzeichen für die Sport- und Unterhaltungsindustrie gebaut, sondern für die gesamte Region. Wenn wir 20 Jahre in die Vergangenheit blicken, dann müssen wir uns die Frage stellen, wie es überhaupt so weit kommen konnte."

Frage: "Wie ist es denn mit deiner Tochter weitergegangen?"
McCombs: (lacht) "Sie spricht kaum mit mir..."

"Wir haben noch nicht verstanden, wie man etwas so Lautes genießt." Red McCombs über die US-Fans

Frage: "Aber sie muss recherchiert haben, wie es den anderen Rennstrecken auf der Welt geht. Die meisten haben Probleme. Was ist euer Geheimnis, damit der CoTA langfristig erfolgreich ist?"
McCombs: "Das Geheimnis? Es geht nicht um viele Dinge, es ist simpel. Aber es ist nicht einfach. Wir müssen ein Produkt liefern, an dem alle beteiligt sein wollen. Wir haben hier in dieser Region keine enormen Fanmassen. Die Zahlen unseres großartigen Starts im Jahr 2012 waren deutlich unter unseren Erwartungen. Die meisten Leute kamen nicht aus der Gegend um Austin, sondern von außerhalb der Vereinigten Staaten. Wir müssen ein Produkt liefern..."

Von wegen Soundbedatte: Texaner mögen's leiser

"Mack Brown (Coach des texanischen Football-Verein Texas Longhorns; Anm. d. Red.) sagte mal bei einem Longhorns-Spiel: 'Kommt früh, bleibt lange, tragt Orange und seid laut'. Ich dachte mir: 'Ein ziemlich einfacher Ansatz, der aber viel Sinn ergibt'. Vor allem, wenn es alle in der Stadt tun. Und das, weil sie das Produkt, das auf dem Feld geboten wird, mögen. Wir müssen hier das Gleiche schaffen. Wir müssen ein Produkt liefern, mit dem die Leute gerne ihre Zeit verbringen. Wenn wir die Leute hierher bringen, dann werden wir ihnen ein Erlebnis bieten, das sie dazu bringt, wiederzukommen. Wir haben noch nicht so recht verstanden, wie man etwas wirklich genießen kann, das so laut ist, wie man es sonst nie erlebt."


Fotostrecke: F1 Backstage: Austin

"Wir versuchen immer noch, einen Weg zu finden, wie wir es schaffen können, einen Teil des Lärms zu reduzieren, der bei diesen Motorprodukten normal ist, und gleichzeitig das visuelle Erlebnis zu fördern. Das ist unsere Aufgabe: Die Leute kommen hierher in großen Mengen, und finden den Lärm zwar bedrohlich, aber nicht bis zu einem Punkt, wo sie ihr Interesse an den Rennen selbst verlieren. Wir haben eine Gruppe Volunteers aus Austin ausgebildet, damit sie bei unserem Programm mitarbeiten. Und in all unseren Studien nach jeder Veranstaltung erhalten die Volunteers am meisten Lob. Wir bilden sie aus, und sagen ihnen, dass sie die Stimme und das Gesicht und der gesamte Körper dieses Erlebnisses."

"Viele Fans, die hierher kommen, wissen gar nicht, warum sie hierher kommen. Wir brauchen sie, damit sie Fragen beantworten. Mein bestes Erlebnis, das ich über die Jahre mit freiwilligen Helfern gemacht habe, ist, dass sie von der Idee begeistert sind, ein bisschen geschult werden. Sie finden heraus, dass es mehr Zeit in Anspruch nimmt als gedacht, dann brechen zehn bis 15 Prozent weg, dann arbeiten sie bei einer Veranstaltung mit, kommen drauf, dass sie länger arbeiten müssen als gedacht, dann brechen weitere 15 bis 20 Prozent weg. Nach der ersten Veranstaltung hat man bereits 40 Prozent aller Volunteers verloren. Wir haben fast gar keine freiwilligen Helfer verloren."

NASCAR-Fans als Objekt der Begierde

Lewis Hamilton

Der Streckenturm in Austin ist längst zum Wahrzeichen avanciert Zoom

"Sie sind gekommen, haben ihre kleinen Trainingsprogramme absolviert und sind dann geblieben. Wir haben unser Bestes gegeben, damit sie wissen, dass sie das Gesicht sein werden. Wir wissen, dass NASCAR viele Anhänger hat. Wir wissen, dass die NASCAR-Beiträge im Fernsehen sehr populär sind. Wir rechnen nicht damit, dass NASCAR verschwinden wird. Wir rechnen aber damit, dass wir ein paar ihrer Fans begeistern können. Anderen wird es nicht so zusagen. Wir bemühen uns aber vor allem darum, unseren Fankreis hier aufzubauen. Was auch immer dafür notwendig ist, dass sie hier ein tolles Erlebnis haben - wir werden dafür sorgen. Was auch immer es ist. Wir werden eine Show bieten, von der die Leute nachher sagen werden, dass sie froh sind, vor Ort gewesen zu sein."

Frage: "Das Problem der europäischen Serien ist doch: Es gibt nur ein oder zwei Rennen in den USA und die Leute nehmen die Serie nicht so richtig wahr. Sie taucht dann einfach auf. Was müssen die Promoter tun, um das zu verbessern?"
McCombs: "Es ist das gleiche wie mit Fußball vor 20 Jahren. Mit Motorradrennen, mit dem Laufsport, mit den X-Games. Wir haben keine Ahnung, wie viel Potenzial die X-Games (die auch auf dem CoTA stattfinden; Anm. d. Red.) noch haben. Wir sind wegen unserer Erfahrung mit der Formel 1, da waren 2012 an drei Tagen 276.000 Leute da, der Überzeugung, dass es ein großartiger Coup war - keine Veranstaltung hat so viele Leute angezogen. Wenn das mit den X-Games möglich wäre..."

"2013 ging es dann etwas runter, da waren 259.000 Menschen da. Das sind immer noch sehr viele. Wir müssen es Schritt für Schritt aufbauen, damit die Leute das wirklich wollen. Man muss die Leute begeistern, damit sie ihre Zeit widmen - sie werden das Geld ausgeben, wenn sie mögen, was sie sehen. Aber du musst sie dazu bringen, dass sie dir ihre Zeit widmen. Und Texas eignet sich sehr gut. Manche werden gähnen, wenn ich das immer wiederhole. Aber ich bin überzeugt: Texas ist ein Bundesstaat, wo vieles möglich ist. Ich will nicht sagen, dass wir was Besseres sind, obwohl wir es sind (lacht; Anm. d. Red.). Man sollte uns Aufmerksamkeit widmen."

Der Bundesstaat der unbegrenzten Möglichkeiten

"Ich bin hier zur Schule gegangen, und ich dachte, dass ich hier den Rest meines Lebens verbringen möchte. Als ich 1950 die Universität verlassen habe, da wusste ich nicht, wie ich hier mein Leben finanzieren soll. Das hat sich extrem verändert. Es hat sich in Austin viel geändert. Heute fliegen die Flugzeuge über uns im Dauerrhythmus, und die Tatsache, dass wir den Flughafen nur zehn Minuten von hier entfernt haben, ist ein wahrer Segen."

Maskottchen Texas Austin

Klar, in den USA gehört ein Maskottchen zum guten Ton! Zoom

"Was ich sehr interessant finde: Das erste Rennen hier war nach 1:40 Stunden zu Ende, und das letzte Flugzeug mit diesen Containern war nur drei Stunden nach dem Rennen auf dem Weg nach Buenos Aires (er meint Sao Paulo; Anm. d. Red.). Alles musste zusammengepackt werden, aber diese Jungs sind so effizient. Sie fanden den Flughafen großartig, und der ist ein riesiger Pluspunkt. Riesig!"

Frage: "Gene Haas will ein amerikanisches Formel-1-Team gründen. Wie wichtig ist das für das Wachstum der Formel 1 in den USA und für diese Strecke?"
McCombs: "Ich denke, dass es da viele Fragen und viele Antworten gibt. Ein Bereich, auf den wir nur bedingt Einfluss haben, ist der Vertrag mit der Formel-1-Gruppe. Ein Grund, warum wir Dinge tun werden und getan haben, die eigentlich kaum möglich sind, ist die Tatsache, dass sie erkennen, dass wir hier das Beste machen wollen. Wir haben da diesen Vertrag, und wir könnten einfach das Mindestmaß an Einrichtungen bereitstellen, aber wir sind einen anderen Weg gegangen. Wir sind ans Limit gegangen, haben die beste Motorsport-Anlage der Welt gebaut. Das hat uns einige Möglichkeiten eröffnet."