• 17.04.2008 08:15

  • von Britta Weddige

Asmer: "Die Chance meines Lebens"

Sein Vater musste das Haus verkaufen, Kimi Räikkönen verhalf zu Kontakten, jetzt hat Marko Asmer als BMW Sauber F1 Testfahrer sein Ziel fast erreicht

(Motorsport-Total.com) - Marko Asmer ist ein Riesensprung gelungen: Von der Britischen Formel 3 in die Formel 1. Nachdem der Este im vergangenen Jahr den Titel in England gewonnen hat, durfte er für das BMW Sauber F1 Team einen Test fahren - und wurde als Testfahrer verpflichtet. Der Weg dahin war hart und steinig. Denn Estland ist zwar Motorsport begeistert, aber Sponsoren sind für aufstrebende Renntalente nur schwer zu finden. Und so musste Asmer auf dem Weg nach oben genauso kämpfen wie zum Bespiel sein Teamkollege Robert Kubica.

Titel-Bild zur News: Marko Asmer

Marko Asmer befindet sich nun endlich im Dunstkreis der Formel 1

Die Begeisterung am Motorsport hat Asmer von seinem Vater geerbt. Der war als Teenager Estischer Meister im Boxen, fuhr dann Motocross- und Motorrad-Rennen, bevor er in den Formelsport einstieg. Sieben Mal wurde Vater Asmer sowjetischer Meister. Später stieg er in die Politik ein und war lange Minister für regionale Angelegenheiten in der estischen Regierung.#w1#

Jahrelanges Warten auf das erste GoKart

"Mein Vater ist immer noch Rennen gefahren, als ich vier oder fünf Jahre alt war", erinnert sich Asmer. "Er hat mich zu ein paar Rennen mitgenommen. Und ich habe gesagt: 'Das will ich auch machen'." Doch Vater Asmer hielt zunächst nicht allzu viel von den Ambitionen seines Sohnes - er war dagegen, dass Marko in den Rennsport einsteigt. "Aber zu meinem zehnten Geburtstag habe ich mein erstes GoKart geschenkt bekommen", berichtet der 23-Jährige weiter. "Jeden Tag habe ich gebettelt, aber ich musste fünf oder sechs Jahre warten, bis ich es endlich bekam."

1995 begann Asmer mit dem Kartsport. "Zunächst bin ich nur aus Spaß mitgefahren", blickt er zurück. "Aber dann habe ich die Meisterschaft in Estland gewonnen. Danach habe ich eine neue Herausforderung gebraucht. Natürlich kann man versuchen, die Meisterschaft noch einmal zu gewinnen, aber es macht dann nicht mehr so viel Spaß." Deshalb trat der Youngster bei Rennen in anderen baltischen Ländern an: "Da habe ich dann auch gewonnen. Also war ich wieder in der gleichen Situation: Was sollte ich tun?"

Marko Asmer

Nach dem Gewinn der Britischen Formel 3 öffneten sich ein paar Türen Zoom

Wichtige Kontakte von Kimi Räikkönen

1998 fuhr er erste Rennen in Finnland, 1999 bestritt er die gesamte Saison in der finnischen Meisterschaft - und hatte eine schicksalhafte Begegnung: "Dort haben wir Kimi Räikkönen kennengelernt haben. Er hat mir den Kontakt zu einem europäischen Team vermittelt. Denn als Esten hatten wir ja keinerlei Kontakte. Mit diesem Team bin ich in Europa gefahren und es wurde alles ein bisschen professioneller." Asmer nahm an der Europa- und der Weltmeisterschaft statt. 1999 traf er auch erstmals auf Kubica - die beiden fuhren im Kart gegeneinander.

2003 stieg Asmer um in den Formelsport. "Das war eine sehr schwierige Zeit, weil wir nie Sponsoren hatten", berichtet er. "Im Kartsport musste ich kein Budget mitbringen, weil ich für ein Werksteam gefahren bin. Aber die ersten drei Jahre im Formelsport waren wirklich schwierig. Keine Sponsoren - vor allem mein Vater hat darunter sehr gelitten. Er hat 2005 unser Haus verkauft, damit ich weiter Rennen fahren konnte. Ich habe ihm gesagt, er solle es nicht tun, aber er hat es dennoch getan. Er ist jetzt natürlich sehr glücklich, dass die Opfer sich gelohnt haben."

2007 das entscheidende Jahr

Jetzt steht Asmer mit einem Bein in der Formel 1. "Das ist die Chance meines Lebens", sagt er über seinen Vertrag als Testfahrer beim BMW Sauber F1 Team. "Das vergangene Jahr war sehr wichtig für mich. Ich habe die Britische Formel-3-Meisterschaft gewonnen, aber wenn ich am Ende des vergangenen Jahres nicht die Testmöglichkeit bekommen hätte und die Chance, mein Können unter Beweis zu stellen, dann hätte ich es wohl nie mehr im Leben geschafft." Das Geld, sich bei einem anderen Team einzukaufen, habe er schließlich nicht, also musste er mit seinem Talent überzeugen. "Das war eine wichtige Chance, die ich genutzt habe", so Asmer.

Marko Asmer

2003 kam es schon einmal zu einem Gastspiel bei BMW Williams Zoom

Er wolle in diesem Jahr "viel lernen, soviel Erfahrung sammeln wie möglich und den bestmöglichen Job machen", sagt Asmer über seine Ziele für 2008. "Das ist alles, was ich tun kann. Alles andere kann ich nicht beeinflussen. Ich muss nur schnell und gut sein." Dass die Testmöglichkeiten so limitiert sind, sei natürlich nicht gerade hilfreich: "Deshalb ist es für jeden neuen Fahrer schwierig, in die Formel 1 zu kommen. Man kann kaum testen."

Der Plan: Grand-Prix-Debüt im BMW Sauber F1 Team

Angesprochen auf seine Zukunftspläne sagt Asmer: "Ich versuche, dass ich mein Grand-Prix-Debüt mit dem BMW Sauber F1 Team gebe. Aber alles, was ich derzeit tun kann, ist einen guten Job zu machen und schnell zu sein. Vielleicht bekomme ich dann meine Chance, vielleicht auch nicht."

So eine Chance könnte sich schneller bieten, als erwartet. Das hat man im vergangenen Jahr in Kanada gesehen, als Sebastian Vettel wegen des Unfalls von Kubica zu seinem Debüt kam. Denkt Asmer über solche Möglichkeiten auch nach? "Ich hoffe natürlich nicht, dass das passiert", sagt der Este entschieden und fügt nach einer Denkpause schmunzelnd hinzu: "Zumindest wünsche ich mir nicht, dass ein Pilot einen Unfall hat. Er könnte ja auch den Flug verpassen oder sich den Magen verderben, das wäre noch okay. Ein Unfall aber nicht."

Marko Asmer

Jerez 2007 - Marko Asmer testet für das BMW Sauber F1 Team Zoom

Kartrennen mit Vorbild Schumacher

Ein Vorbild hat Asmer inzwischen nicht mehr. Früher war aber Michael Schumacher sein Idol. "Ich habe ihn gemocht und obwohl ich es nicht weit bis nach Finnland hatte, habe ich nie die finnischen Fahrer angefeuert, sondern Schumacher", berichtet er. Vor einigen Jahren sind Asmer und Schumacher bei einem Kartrennen in Kerpen gemeinsam in einem Team gefahren. "Er ist ein sehr netter Typ und ich war stolz, sein Teamkollege zu sein. Ich war schneller, denn ich habe das ja damals die ganze Zeit gemacht und er nur zum Spaß. Aber er war auch sehr gut. Danach habe ich ihn noch ein paar Mal getroffen."

Asmer lebt derzeit noch in der estischen Hauptstadt Tallin. Einen Vorteil haben die Testbeschränkungen - so hat er Zeit, ganz alltägliche Dinge zu machen wie zum Beispiel zum Zahnarzt zu gehen. Asmer denkt aber schon über einen Umzug nach. Derzeit schaut er sich in Hinwil und Umgebung nach einem neuen zu Hause um.