powered by Motorsport.com

Alternativmotor: Drohung bleibt, wenn Hersteller nicht liefern

Warum Bernie Ecclestone und Jean Todt die Hersteller nun im Schwitzkasten haben, wie die Trendwende gelang und wieso der Alternativmotor nicht vom Tisch ist

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und FIA-Boss Jean Todt haben die Motorenhersteller der Formel 1 in der Mangel. Entweder diese präsentieren bis 15. Januar ein Motorenkonzept für 2017 oder 2018, das deutlich günstiger und einfacher ist sowie einen besseren Sound produziert, oder sie müssen sich mit einem Alternativantrieb herumschlagen, dessen Leistungsfähigkeit von den Regelhütern bestimmt wird.

Titel-Bild zur News: Christian Horner, Bernie Ecclestone, Jean Todt

Christian Horner, Bernie Ecclestone und Jean Todt: Kommt der Alternativmotor? Zoom

Während es vor Wochen noch so aussah, als hätten die Hersteller in der Formel 1 mit der Strategiegruppe die Machtherrschaft übernommen und dem Formel-1-Zampano den Zahn gezogen, verfügen er und Todt nun bis Ende Januar über eine Vollmacht, um die wichtigsten Entscheidungen für den Sport im Alleingang zu treffen.

Wie Todt und Ecclestone den Machtkampf für sich entschieden

Kurz gesagt: Wenn das von den Motorenhersteller Mercedes, Ferrari, Renault und Honda erarbeitete Motorenkonzept Ecclestone und Todt nicht passt, können sie völlig problemlos die Einführung des bei den Herstellern so ungeliebten Alternativantriebs beschließen. Da spielt es auch keine Rolle, dass der Alternativantrieb bei der Abstimmung in der Formel-1-Kommission scheiterte.

"Alles wird davon abhängen, womit die Hersteller bis 15. Januar daherkommen", weiß Red-Bull-Teamchef Christian Horner, dessen Team 2016 mit einem Renault-Antrieb in die Saison gehen wird, der aber ein Verfechter des Alternativantriebs ist. "Dann wird man sehen, ob die FIA die Notwendigkeit sieht, die Pläne mit dem unabhängigen Motor voranzutreiben. Die Zeit bis zum 15. Januar wird also heikel und stressig, denn da wird definiert, wie diese neue Antriebseinheit aussehen soll und wo die Kosten- und Verfügbarkeitskriterien liegen werden."

Im Fahrerlager gibt es Stimmen, die besagen, dass die Motorenkrise bei Red Bull nur vom einstigen Weltmeisterteam, Ecclestone und Todt inszeniert wurde, um Mercedes und Ferrari in ihrer Macht zu beschneiden. Wenn das tatsächlich der Plan war, dann scheint dieser nun aufgegangen zu sein.

Schreckgespenst Alternativantrieb

Doch warum fürchtet sich Mercedes so sehr vor dem Alternativantrieb? Der Automobilhersteller hat viel Geld in die Entwicklung der hochkomplexen V6-Hybrid-Antriebseinheit investiert und dominiert die Formel 1 seit 2014 nach Belieben. Durch die Einschränkungen bei der Entwicklung hat die Mercedes-Konkurrenz große Mühe, den Rückstand wettzumachen.

Mario Illien

Bringt Mario Illien seine Motorenschmiede Ilmor in die Formel 1 zurück? Zoom

Bei einem Alternativantrieb, bei dem es sich um einen größeren, simpleren Biturbomotor ohne komplexer Hybridtechnik handeln würde, bestimmt aber die FIA über eine Balance-of-Performance-Regelung, wie stark die Konkurrenz ist. Die kleinen Teams müssten also nicht mehr tief in die Tasche greifen und bei Mercedes & Co. einen Motor kaufen, sondern könnten diesen kostengünstig bei einem privaten Hersteller wie Ilmor beziehen.

Lauda: Ecclestone-Plan bringt Formel 1 in Gefahr

Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda nimmt sich gegenüber der 'Welt am Sonntag' wie immer kein Blatt vor den Mund. "Ein solch massiver Eingriff in das geltende Reglement ist wie ein schlechter Witz. Der Hintergrund war ein machtpolitischer. Ich habe die Diskussion als unnötig und dumm empfunden. Wenn ein Sport in einen Negativtrend rutscht, kann man ihn nicht durch eine Manipulation auffangen. Wenn man das trotzdem versucht, ist er am Ende tot - und es bleibt nach zwei Jahren nichts mehr übrig", spricht er sich klar gegen ein Balance-of-Performance-Reglement aus.

Und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff stimmt ihm wenig überraschend zu. "In der Formel 1 sollte es meiner Meinung nach keine Equivalenzformel geben. Es handelt sich um eine Weltmeisterschaft, an der die besten Fahrer, Autos und Ingenieure teilnehmen, und es ist wichtig, dass wir unsere DNS verstehen, denn sie hat lange sehr gut funktioniert."

"Ein solch massiver Eingriff in das geltende Reglement ist wie ein schlechter Witz." Niki Lauda

Dem Österreicher ist bewusst, dass der Status quo, dass ein Team plötzlich ohne Motor dastehen könnte, suboptimal ist. "Wir sehen uns das an, und werden hoffentlich Mitte Januar ein funktionierendes, finanzierbares Konzept präsentieren, das alle Anforderungen erfüllt."

Renault: Balance of Performance birgt enorme Risiken

Doch nicht nur bei Mercedes und Ferrari hält man wenig von einem Alternativantrieb. Auch Renault - ab kommender Saison mit einem eigenen Werksteam am Start - warnt vor den Gefahren, dass die FIA zwei unterschiedliche Motorenreglements nach eigenen Kriterien angleichen kann.

"Jedes Jahr werden mehrere hundert Millionen verteilt", spielt Renault-Geschäftsführer Cyril Abiteboul darauf an, dass die Formel-1-Teams je nach Erfolg mit einem Anteil der Formel-1-Einnahmen belohnt werden. "Da wäre ich ungern die Person, die über die Formel entscheidet, wie die Verteilung aussieht. Das würde Tür und Tor für heftige Diskussionen öffnen, dabei gibt es eh schon so viel Politik in unserem Sport. Das gehört zwar dazu, aber in dem Fall wäre es zu viel. Ich würde Renault nahelegen, von so etwas Abstand zu nehmen."

Man darf also nun gespannt sein, mit welcher Lösung die Hersteller Ecclestone und Todt davon abbringen wollen, einen Alternativantrieb einzuführen. Auf Herstellerseite ziehen nun zumindest alle am selben Strang. Und Lauda zeigt sogar Mitgefühl für das Mittelfeld: "Die kleineren Teams müssen in der Lage sein, mit geringeren Motorkosten konkurrenzfähig zu sein. Wir müssen ihnen helfen."