• 22.05.2011 22:06

  • von Gerald Dirnbeck & Dieter Rencken

Alonso überrundet: "Von Aufgeben kann keine Rede sein"

Fernando Alonso ist in Barcelona über den Qualitäten des Ferrari gefahren: "Die Runde gestern war toll und der Start heute, aber das entsprach nicht der Pace des Autos"

(Motorsport-Total.com) - Im Vorfeld des Grand Prix von Spanien wurde Red Bull die Favoritenrolle zugeschrieben, weil der Circuit de Catalunya die aerodynamische Stärken eines Autos hervorhebt. Da der RB7 als aerodynamisch bestes Auto angesehen wird, war die Favoritenrolle klar verteilt. Ferrari hatte zuletzt in der Türkei im Rennen eine starke Leistung gezeigt und den ersten Podestplatz der Saison erobert. Das Traditionsteam befand sich in einer Aufholjagd, die in Barcelona seine Fortsetzung finden sollte.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Alonso bot seinen spanischen Fans zwar eine Show, war aber chancenlos

Kurz vor Alonsos Heimrennen, das immer ein besonderer Motivationsschub ist, wurde auch noch der Vertrag mit dem zweifachen Weltmeister bis 2016 verlängert. Die Sonne strahlte vom Himmel und bei Ferrari war man bester Laune. An allen vier Tagen kamen zusammengerechnet 185.000 Zuschauer an die Strecke, um ihr Idol anzufeuern. Alonso und Ferrari wollen Weltmeister werden, das ist der klare Anspruch. Im Qualifying in Barcelona zeigte Alonso seine fahrerische Klasse und brannte eine Traumrunde in den Asphalt, die ihm Startplatz vier brachte. Teamkollege Felipe Massa wurde um eine Sekunde distanziert.

"Das Adrenalin, das in so einer Runde durch deinen Körper strömt, ist kaum mit Worten zu beschreiben", sagte Alonso im Anschluss an seine Zauberrunde. "Wir hatten keine Chance auf die Pole-Position, aber wir haben in der Türkei einen Schritt gemacht und hier noch einmal einen kleinen." Und - aufgrund seiner fahrerischen Ausnahmeleistung bestens gelaunt - kündigte der Ferrari-Star lachend an: "Vettel werden wir in der ersten Kurve überholen. Danach sehen wir weiter..."

Er lag damit richtig. Alonso hatte einen perfekten Start und ging gleich an beiden Red-Bull-Boliden vorbei in Führung. Die gut gefüllten Tribünen jubelten ihrem Helden zu. Bis zum ersten Boxenstopp lag der Spanier vorne. Spätestens als die harten Reifen aufgezogen wurden, brachen die Rundenzeiten dramatisch ein. Während Alonso im ersten Renndrittel munter vorne mitmischte, wurde er später sogar überrundet! Der Spanier fuhr nur die neuntschnellste Rennrunde und hatte dabei zwei Sekunden Rückstand auf Lewis Hamilton.


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Spanien


Speziell auf harten Reifen extrem langsam

Der Rückstand im Ziel war trotz Platz fünf eklatant. Alonso und Ferrari wurden nach der starken Runde im Qualifying von der Realität eingeholt. "Wir waren einfach nicht schnell genug; das ist das Hauptproblem", sagt Alonso im Ziel enttäuscht. "Wahrscheinlich hätten wir im Qualifying Achter oder Neunter werden müssen, aber wir waren Vierte. Heute wurde man Fünfter, wenn man als Achter losfuhr. Wir waren gestern etwas aus dieser Reihe herausgerissen, weil ich eine gute Runde hatte. Und heute war ich im Rennen wieder außerhalb der Reihe, weil ich einen guten Start hatte. So war es nun einmal."

Damit spricht der 29-Jährige an, dass er im Qualifying über den Möglichkeiten des Autos gefahren ist. "Die Runde gestern war toll und der Start heute, aber das entsprach nicht der Pace des Autos. Wir waren nicht schnell genug, um das Rennen anzuführen. Runde für Runde verliert man an Boden. Mit den harten Reifen am Ende waren wir nicht konkurrenzfähig. Beim weichen Reifen haben wir uns verschätzt und fuhren leider 40 Prozent des Rennens auf den harten Reifen, mit dem wir weniger gut zurechtkommen. Wir waren langsam auf den weichen Reifen, aber sehr, sehr langsam auf den harten."

Ferrari mangelt es an Abtrieb

Auch für Le-Mans-Sieger Alexander Wurz hat man im Rennen das wahre Tempo des Ferrari gesehen. "Er hat am Anfang mit der fantastischen Qualifying-Runde und mit dem Sensations-Raketenstart alles in den Schatten gestellt", sagt der Österreicher im 'ORF'. "Dann hat er die Reifen ausgequetscht, aber irgendwann einmal muss er die Karten auf den Tisch legen. Sein Ferrari ist einfach nicht gut genug, hat nicht genug Abtrieb. Dementsprechend verliert er dann immer an Rundenzeit. Zum Schluss wurde er sogar noch überrundet."

Ferrari ist nun seit 2007 ohne WM-Titel. Nach der Niederlage im vergangenen November gab es ein internes Sesselrücken. Der Erfolgsdruck auf die Mannschaft aus Maranello ist groß. "Das tut weh, kein Zweifel", gesteht Teamchef Stefano Domenicali. "Nachdem Fernando so toll ins Rennen gestartet ist und fast 20 Runden lang wie ein Löwe gekämpft hat, um die klar schnelleren Autos hinter sich zu halten, schmerzt die Überrundung umso mehr."

Start in Barcelona

Mit einem Raketenstart überrumpelte Fernando Alonso beide Red Bull Zoom

Alonso hat zwar seinen Vertrag bei Ferrari verlängert, aber in der Formel 1 sind Verträge bekanntlich keine Garantie dafür, dass sie auch eingehalten werden. Unzählige Male sind Abkommen gebrochen und vorzeitig aufgelöst worden. Dass Alonso nicht hinterherfahren will, ist klar. Mit der starken Qualifyingrunde und dem fulminanten Rennstart hat er seine Klasse bewiesen. Der Grund für die Niederlage ist technischer Natur. Chefingenieur Pat Fry sagt klipp und klar: "Seine Leistung an der Spitze des Feldes lag ganz klar über den Verhältnissen des Autos."

Aufgeben gibt es nicht

Zum Teil zahlte der spanische Star für die Taktik aus dem Qualifying, denn im Vergleich zu Red Bull und McLaren setzte er in der Qualifikation auf zwei Versuche. Da im Rennen die gleiche Strategie wie Vettel, Webber und Hamilton gefahren wurde, ist das Defizit beim Auto erkennbar geworden. "In den vergangenen zwei Wochen haben wir gegenüber Red Bull und McLaren etwas verloren", bekennt der Spanier und präzisiert: "Uns fehlt es an Abtrieb."

Das nächste Rennen findet bereits am kommenden Wochenende in Monaco statt. In den Häuserschluchten zählt die Aerodynamik weniger als in Barcelona, dafür ist mechanischer Grip gefragt. Der Fahrer kann ebenfalls einen Unterschied ausmachen. "Monaco hat ganz eigene Gesetze. Dort könnte ein Ferrari mit Alonso in Überform ziemlich nahe rücken", findet Wurz. "Die aerodynamische Effizienz ist dort nicht so wichtig."

"Fernandos Leistung an der Spitze des Feldes lag ganz klar über den Verhältnissen des Autos." Pat Fry

Wie schnell sich die Situation derzeit drehen kann, wurde bei Hamilton ersichtlich. In China gewann der Brite vor Vettel, hatte dann aber in Istanbul 40 Sekunden Rückstand auf den Deutschen. In Barcelona war der McLaren-Pilot wieder auf Augenhöhe mit dem amtierenden Weltmeister. Die "neue" Formel 1 hat ihre eigenen Gesetze, weshalb Alonso klarstellt: "Von Aufgeben kann nach gerade einmal fünf Rennen keine Rede sein. Der Abstand in der Gesamtwertung ist zwar sehr groß, aber noch kann alles passieren. Da bin ich mir ganz sicher."

Folgen Sie uns!

Folge uns auf Instagram

Folge uns jetzt auf Instagram und erlebe die schönsten und emotionalsten Momente im Motorsport zusammen mit anderen Fans aus der ganzen Welt