• 06.03.2012 16:07

2013 im Renncockpit? Van der Garde hofft

"Schnell und ehrgeizig": Caterham-Testfahrer Giedo van der Garde will sich den Kindheitstraum von der Formel 1 erfüllen

(Motorsport-Total.com) - Kehrt ein "Fliegender Holländer" in die Formel 1 zurück? Nach Robert Doornbos schickt sich erstmals wieder ein Niederländer an, in ein Renncockpit der Königsklasse zu klettern. Ex-GP2-Ass Giedo van der Garde muss bei Caterham zunächst als Testfahrer ran - und äußert sich nach den ersten Testeindrücken begeistert vom CT01 und seiner neuen Aufgabe im malaysischen "Wohlfühl"-Team.

Titel-Bild zur News: Giedo van der Garde

Will sich bei Caterham empfehlen: Der Niederländer Giedo van der Garde

Frage: "Giedo, du hast dir in Jerez einen ersten Eindruck vom neuen Auto verschafft. Wie war es?"
Giedo van der Garde: "Es ging darum, mich mit dem Team und dem Auto anzufreunden. Schließlich war es eine Weile her, dass ich das letzte Mal in einem Boliden saß. Fünf Monate lang hatte ich gar nichts gemacht, es brauchte also seine Zeit. Wir haben schließlich an der Lenkung, den Starts, dem DRS und dem KERS gearbeitet. Am Ende des Tages waren wir sehr zufrieden. Wir hatten zwar kleinere Probleme mit dem Auspuff - zwei haben wir sogar zerstört -, ber insgesamt war es ein guter Test für mich."

Frage: "In einem Formel-1-Wagen gibt es viel mehr, mit dem sich ein Fahrer beschäftigen muss, als in einem GP2-Auto. Wie lange hast du gebraucht, um dich an die Systeme zu gewöhnen? Und ist die physische Herausforderung größer?"
Van der Garde: "Physisch war es kein Problem. Natürlich habe ich tags darauf die Belastung im Nacken gespürt, aber das ist normal. Mental gab sehr viel, mit dem ich mich beschäftigte: Es gibt viel mehr Knöpfe am Lenkrad und allgemein eine Menge Dinge, über die ein Fahrer nachdenken muss. Und es waren so viele Leute um mich herum. Aber das macht die Formel 1 aus. Und daran werde ich mich gewöhnen."

Positive Stimmung bei Caterham

Frage: "Wie war es, mit dem Team zu arbeiten?"
Van der Garde: "Die ganze Mannschaft ist positiv eingestellt. Es ist beeindruckend für ein relativ neues Team. Es scheint wirklich gut zusammenzuarbeiten und es gibt einen festen Plan darüber, was an einem Tag erledigt werden soll. Morgens findet ein Briefing statt, dann gibt es einen Ablaufplan und los geht es. Jeder ist so gespannt auf die neue Saison. Die Mechaniker arbeiten hart, die Ingenieure scheinen den Überblick zu haben. Für mich ist das großartig, ich bin mit meiner Situation sehr glücklich."

Frage: "Denkst du, dass du bei Caterham den Durchbruch schaffen kannst?"
Van der Garde: "Auf jeden Fall. Ich habe hart gearbeitet, habe Höhen und Tiefen hinter mich gebracht. Aber das ist unvermeidlich. Die vergangenen Jahre waren ziemlich solide: Ich habe die Formel Renault 3,5 gewonnen, hatte einige sehr gute Resultate in der GP2 zu verzeichnen."

"Am Ende der vergangenen Saison hatte ich etwas Pech, aber dennoch war es ein gutes Jahr. Es läuft gut. Natürlich würde ich unglaublich gerne über ein Renncockpit in der Formel 1 verfügen. Diese Saison ist ein Schritt nach vorne und hoffentlich schaffe ich nächstes Jahr den Durchbruch."

Frage: "Solche Tiefen können für einen Fahrer wirklich hart sein, speziell in den Nachwuchsserien. Wie hast du dich wieder rausgezogen?"
Van der Garde: "Es geht nur um das Ziel, das spornt an. Ich habe in sehr jungen Jahren die niederländische Kart-Meisterschaft gewonnen. Von diesem Moment an habe ich mir vorgenommen: 'Ich will in die Formel 1.' Es gab für mich nichts anderes mehr und jetzt bin ich nahe dran. Ich bin noch jung und das Ziel besteht fort. Ein Rennfahrerleben ist nicht lang, mit 40 Jahren ist es fast vorbei. Obwohl Michael Schumacher beweist, dass er noch immer konkurrenzfähig ist. Es gilt, aus seinen Möglichkeiten das Beste machen. Nach der Karriere muss man sich anderen Dingen widmen. Wenn man aber im Motorsport Erfolg hatte, kann man das Leben genießen. Das muss das Ziel sein."

Frage: "Woher weißt du, dass der Motorsport das ist, wozu du bestimmt bist? Was gibt dir die Zuversicht, eine erfolgreiche Karriere vor dir zu haben?"
Van der Garde: "Jedes Mal, wenn ich in ein Auto steige, bin ich schnell. Natürlich ist die Formel 1 noch neu für mich, aber der Speed wird schon kommen. Ich glaube an mich und meine Fähigkeiten. Man muss einfach diesen Glauben haben."

Pole-Positions und Siege sind das Ziel

Frage: "Wie ist das Gefühl, wenn du die schnellste Runde fährst, der Schnellste auf der Strecke bist?"
Van der Garde: "Das ist das Allerbeste: hart an sich zu arbeiten, hart zu trainieren, sich mental vorzubereiten und dann in das Auto zu steigen, weil es eine Leidenschaft ist. Die Pole-Position einzufahren oder ein Rennen zu gewinnen ist die ultimative Belohnung."

Frage: "Du bist der einzige Holländer in der Formel 1. Bedeutet das Druck aus deinem Heimatland? Denkst du, dass du alle Erwartungen zu schultern hast?"
Van der Garde: "Viele Menschen unterstützten mich. Und es sieht so aus, als ob in Holland eine ganze Menge Leute froh sind, wieder einen Landsmann in der Formel 1 zu sehen, obwohl ich noch gar kein Renncockpit habe. Aber ich bin präsent. Es gab viel positive Rückmeldung von den Fans und von den Medien."

Frage: "Wie wichtig ist es für dich, dieses Feedback von Fans und Medien zu erhalten?"
Van der Garde: "Das ist mir sehr wichtig. In den sozialen Netzwerken ist zurzeit viel mehr los als noch in den vergangenen Jahren. Das ist eine tolle Entwicklung. Bei Twitter habe ich viele Fans, es gibt so viel auf Webseiten, in Zeitungen und Zeitschriften - und alles ist bis jetzt sehr positiv."

Frage: "Hat sich die Rolle des Fahrers in der Formel 1 verändert? Geht es heute mehr darum, das Team zu repräsentieren und mit den Fans in Verbindung zu treten als um das Fahren?"
Van der Garde: "Das ist sehr wichtig. Heutzutage ist es nicht mehr damit getan, am Rennplatz aufzuschlagen und das Auto um den Kurs zu bringen. Das ist natürlich weiterhin die zentrale Aufgabe eines Rennfahrers - abgesehen davon, einfach ein netter Kerl zu sein. Man muss aber auch auf der Medienseite einiges tun, dabei bodenständig und man selbst bleiben."

"Heutzutage ist es nicht mehr damit getan, am Rennplatz aufzuschlagen." Giedo van der Garde

Frage: "Beschreibe dich selbst mit drei Worten."
Van der Garde: "Schnell, ehrgeizig, Leben genießen. Vier also."

Frage: "Und das Team in drei Worten?"
Van der Garde: "Positiv, ambitioniert und... wie soll ich es ausdrücken? Sich weiterentwickeln, ein Ziel vor Augen und Erfolg haben wollen. Ich habe das Wort dafür vergessen. Vielleicht drücke ich es so aus: angetrieben sein."