• 25.06.2009 09:41

  • von Karl Wendlinger

Wendlinger-Kolumne: "Meisterschaftszug ist abgefahren"

Karl Wendlinger in seiner neuesten Kolumne über die vielen Zwischenfälle in Oschersleben, die seltsame Regelung mit Matech-Ford und die Chancen für 2010

Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

Titel-Bild zur News: Karl Wendlinger

Karl Wendlinger weiß: Der FIA-GT-Titel 2009 wird eine schwere Aufgabe werden

leider muss ich euch ganz ehrlich sagen, dass der Meisterschaftszug heuer nach drei Saisonrennen wohl schon abgefahren ist. Schade! Nach dem sensationell guten Auftakt in Silverstone hatten wir Pech in Adria und jetzt am Wochenende unglaublich viele Zwischenfälle in Oschersleben. Im Qualifying war noch alles gut, wir lagen auf Platz zwei, aber dann ging es los...

Sofort beim Start bin ich schön nach vorne gezogen und wollte gerade in die erste Kurve einlenken, da hat es mir einen Schlag versetzt. Das alles war eine unglückliche Kettenreaktion. Links war die Corvette, in der Mitte der Maserati und ganz rechts hatte ich meine Linie. Weil ich vorne lag, wollte ich natürlich auch als Erster in die Linkskurve ziehen. Doch Corvette touchiert Maserati, Maserati knallt auf unser Saleen-Heck und somit war der Start verloren.#w1#

Ich habe mich dann ganz gut durchkämpfen können, aber beim einsetzenden Regen hatte ich einen Dreher auf dem Grün. Das ärgert mich eigentlich am allermeisten, auch wenn ich mit Slicks auf feuchter Piste keinen leichten Stand hatte. Technische Sachen können passieren, es kann auch immer mal kleine Kollsionen geben, aber dieser Ausritt geht allein auf meine Kappe. Das schmerzt dann ganz besonders, denn damit waren 20 wichtige Sekunden weg.

Als mein Teamkollege Ryan Sharp dann mit Regenreifen unterwegs war, hatten wir das schnellste Auto im Feld. Das zeigt, was im Normalfall möglich gewesen wäre. Der Ryan wollte sich dann nach vorne kämpfen und hat heftig mit Miguel Ramos im Maserati gekämpft, dabei hat dann die Spurstange einen harten Schlag bekommen und das Auto ließ sich dann kaum noch nach rechts lenken. Als dann auch noch Lüftung und Scheibenwischer im Regen ausfielen, wollte ich nur noch irgendwie ins Ziel kommen.

Doch nicht einmal das hat geklappt. Ganz kurz vor Schluss, als ich wegen der Defekte fast nichts mehr sehen und fast nicht mehr einlenken konnte, brach die Spurstange ganz und damit war das Rennen vorbei. Die ganze Quälerei umsonst. Ich hatte wenigstens auf ein paar Punkte gehofft. Seltsam war übrigens, dass der Matech-Ford-GT plötzlich Zähler sammeln kann. Der Wagen fährt nach 2010er-Reglement und somit eigentlich außer Konkurrenz. Wir haben beim Organisator nachgefragt und kassierten eine Abfuhr - merkwürdig.

Schon 16 Punkte auf Bartels/Bertolini

Karl Wendlinger

Im Mittelfeld: Für Karl Wendlinger war in Oschersleben nicht viel zu holen Zoom

Unser Auto wird in den kommenden Wochen komplett neu aufgebaut. Es kommen neue Teile in den Wagen, auch ein neuer Motor, weil die Laufleistung nun schon im Grenzbereich war. Wir brauchen die frischen Bauteile dringend, denn immerhin steht als nächstes der Saisonhöhepunkt an: Das 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps. Wir werden uns voraussichtlich zu Viert ein Auto teilen. Da hoffen wir, dass wir endlich mal wieder ohne Probleme durchkommen.

Eigentlich hat sich unser Saleen immer als standfest erwiesen. Nur in Adria hatten wir Zuverlässigkeitsprobleme. Noch mehr Zuversicht gibt mir die Tatsache, dass genau der Wagen, den das KplusK-Team mit uns einsetzt, schon zwei Mal die 24 Stunden von Le Mans problemlos durchgefahren ist. Also sollte der Dauerlauf in den Ardennen irgendwie zu schaffen sein.

In diesem Jahr hat sich die Punktevergabe beim Klassiker in Spa geändert. Man bekommt nicht mehr zwischendurch so viele Zähler anhand des Zwischenstandes. Auf der einen Seite ist das gut, weil man nicht so viel verlieren kann, auf der anderen Seite kann man dann natürlich auch nicht viel aufholen in der Gesamtwertung.

Realistisch betrachtet ist das Thema Meisterschaft ohnehin schon fast gegessen. Wir haben 16 Punkte Rückstand auf Michael Bartels und Andrea Bertolini. Der Maserati ist ein schnelles und standfestes Auto, also wird da wohl kaum noch etwas anbrennen. So langsam kann ich mich also auch um die Planungen für 2010 kümmern.

Bisher ist noch nicht ganz sicher, ob das KplusK-Team in ähnlicher Form auch im kommenden Jahr weitermacht. Man muss für 2010 viel Geld in die Hand nehmen. Der Saleen passt nicht ins neue Reglement und deswegen müsste das Team ein ganz neues Auto kaufen. Es ist noch nicht sicher, wie und ob es weitergeht. Wenn bis Spa nichts entschieden ist, werde ich mich mal umhören, welche Optionen sich für das neue Jahr ergeben.

Ich halte euch dann natürlich auf dem Laufenden. Drückt mir weiter die Daumen!

Herzlichst,

Karl Wendlinger