• 08.07.2010 23:08

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Williams stellt klar: Rücktritt kein Thema

Frank Williams und Patrick Head sprechen über die neue Struktur des Traditionsteams - Alex Burns vom COO zum CEO befördert

(Motorsport-Total.com) - Die heutige Bekanntgabe, dass Adam Parr bei Williams die Rolle des Vorsitzenden übernommen und damit Teamgründer Frank Williams an der Spitze des operativen Organigramms abgelöst hat, sorgte in Fachkreisen für hochgezogene Augenbrauen. Doch Williams hat trotz dieser strukturellen Maßnahme keinerlei Absichten, sich aus der Formel 1 zurückzuziehen.

Titel-Bild zur News: Frank Williams und Adam Parr

Hofübergabe: Frank Williams übergibt den Vorsitz an Adam Parr

"Ich möchte sehr stark betonen, dass dies absolut nicht meine Rücktrittsbekanntgabe ist", so der 68-Jährige. "Ich liebe die Formel 1, bin nach wie vor stark in die Firma involviert, gehe jeden Tag zur Arbeit und habe mir noch keinerlei Gedanken darüber gemacht, was ich einmal tun werde, wenn ich zurücktrete. Daran bin ich nicht interessiert. Ich hoffe, dass ich auch in Zukunft eine Rolle spielen werde, aber es ist an der Zeit, diese Position an Adam zu übergeben."#w1#

Williams, Head, Wolff bleiben Teilhaber

Das Gleiche gelte für seinen Langzeitpartner Patrick Head, der sich in den vergangenen Jahren aber ebenfalls mehr und mehr aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat. Die beiden besaßen bis November 2009 70 beziehungsweise 30 Prozent des 1977 gegründeten Rennstalls, verkauften dann aber proportional zu ihren Prozentsätzen Minderheitsanteile an den Österreicher Christian "Toto" Wolff. "Zumindest in absehbarer Zukunft", so Parr, werde sich an dieser Teilhaberstruktur "nichts" ändern.

Der neue Vorsitzende hat jedenfalls "nicht vor", selbst Anteile zu kaufen: "Ich bin sehr glücklich damit, für dieses Team zu arbeiten", sagt er. Außerdem sei es in keiner Weise seine Absicht, in naher oder ferner Zukunft auch Williams' Rolle als Teamchef zu übernehmen: "Ich sehe mich auch in Zukunft nicht als Teamchef dieses Teams. Sollte Frank morgen nicht mehr hier sein, dann wäre ich nicht die richtige Person für seinen Job."

"Ich übernehme die Leitung der Gesamtfirma und des dazugehörigen Formel-1-Teams, aber Frank bleibt unser Teamchef und damit auch der Name, das Gesicht und auch die Inspiration dieses Teams", stellt er klar. "Aus sportlicher Sicht gibt es also keinerlei Änderung. Das Tagesgeschäft fällt nun aber in meinen Bereich. Der einzige Grund, weshalb mir diese Ehre zuteil wird, ist, dass mir Frank und die anderen Teilhaber diese Rolle anvertrauen."


Fotos: Williams, Großer Preis von Großbritannien


Parr hat Williams im Jahr 2000 kennengelernt und arbeitet seit 2006 als Geschäftsführer für das Team. Die heutige Bekanntgabe bedeutet die nächste Evolutionsstufe der Nachfolgeregelung: "Für mich ist es großartig, Schritt für Schritt mehr Verantwortung zu übernehmen, während Frank noch das Team leitet und das Herz und die Seele davon ist. Wir arbeiten eng zusammen, verbringen jeden Tag und jede Woche viele Stunden damit, alles zu besprechen. Daran wird sich nichts ändern", so der Brite.

Williams hat sich die Hofübergabe an Parr nicht leicht gemacht, hat seinem Landsmann aber in den vergangenen Jahren auf die Finger geschaut und hält ihn für geeignet, das Team ins nächste Jahrzehnt zu führen: "Die Position des Vorsitzenden ist sehr wichtig. Er muss mit den rechtlichen Angelegenheiten der Firma vertraut sein und die Strukturen kennen. Eines ist klar: Wenn man meinen Hintergrund mit seinem vergleicht, dann ist er der richtige Vorsitzende für Williams", sagt er bescheiden.

Nachfolgeregelung endlich gefunden

"Mit ihm an der Spitze sollte Williams in der Formel 1 eine positive Zukunft haben, hoffentlich für viele Jahre und Jahrzehnte", erklärt der Teamchef und fügt an: "Es ist meine und Patricks Verantwortung, eine Nachfolgeregelung zu schaffen, mit der sichergestellt ist, dass die Firma in der Formel 1 überleben kann." Mit Parr als neuem Vorsitzenden und Wolff als Teilhaber, der seine Anteile in den nächsten Jahren schrittweise aufstocken wird, scheint diese Regelung gefunden zu sein.

Parr sieht seinen neuen Job so: "Meine Aufgabe war auch schon in den vergangenen vier Jahren, ein Umfeld zu erschaffen, in dem es aufblühen kann. Das wird weiterhin so bleiben. Damit meine ich ausgeglichene sportliche Rahmenbedingungen und einen attraktiven Sport für Fans und Sponsoren. Diese Arbeit - sei es nun durch die FOTA oder auf anderen Ebenen - ist fundamental wichtig, denn wir als Team können nur so gut sein, wie der Sport ist."

Adam Parr

Adam Parr übernimmt die operative Leitung des Williams-Formel-1-Teams Zoom

Und er sagt: "Wir müssen auf der Strecke erfolgreich sein. Unser Hauptziel ist, wieder Rennen zu gewinnen." Das ist Musik in Williams' Ohren, denn der liebevoll "Rollstuhlgeneral" genannte Brite hat den Traum vom ersten WM-Titel seit 1997 noch lange nicht aufgegeben: "Ich glaube daran. Aber der Trick war schon immer, den besten Motor im besten Chassis und den besten Fahrer zu haben. Es ist schwierig, diese drei Elemente zur gleichen Zeit unter einen Hut zu bringen. Alle Teams versuchen das. Aber es ist nicht unmöglich."

"Um das zu schaffen", weiß Parr, "brauchen wir ein großartiges Designteam und die Fähigkeit, ein gutes Auto zu bauen. Wir brauchen einen guten Motor und sehr talentierte Fahrer. Das kostet eine Menge Geld und eine Menge Aufmerksamkeit für Details. Meine Aufgabe als Vorsitzender ist es, sicherzustellen, dass all diese Elemente vorhanden sind. Das ist ungeheuer schwierig, aber es ist auch eine ungeheure Ehre."

Übrigens ergibt sich durch Parrs Beförderung eine weitere Personalveränderung bei Williams, denn Alex Burns wird vom Betriebsdirektor (COO) zum Geschäftsführer (CEO) und übernimmt damit Parrs Nachfolge. Burns' Aufgabe wird in Zukunft vor allem sein, sich um die nicht mit der Formel 1 verbundenen Firmenzweige und das Business-Development zu konzentrieren, also auch um die Hybridfirma WHP, an der Williams bereits 78 Prozent besitzt.