• 11.08.2009 11:07

Mücke-Interview: "Das ist Action pur"

Stefan Mücke über das bevorstehende LMS-Rennen am Nürburgring und die besonderen Anforderungen auf der Langstrecke

(Motorsport-Total.com) - Stefan Mücke ist der derzeit schnellste Sportwagen-Pilot Deutschlands. Nach Stationen in Nachwuchsformeln gelang ihm 2001 die Vizemeisterschaft in der Formel 3, die den Weg zum Engagement in der DTM ebnete. Ab der Saison 2007 wechselte der Berliner ins Sportwagen-Metier: Neben der Le-Mans-Series (LMS) machte er auch bei den 24 Stunden von Le Mans auf sich aufmerksam. 2009 fährt er gemeinsam mit seinen tschechischen Kollegen Jan Charouz und Thomas Enge einen Lola-Aston Martin.

Titel-Bild zur News: Stefan Mücke

Stefan Mücke ist 2009 offizieller Werksfahrer im Team von Aston Martin

Nach einem Sieg beim LMS-Saisonauftakt in Barcelona folgten Podiumsplätze in Spa-Francorchamps und an der Algarve sowie ein vierter Platz bei den 24 Stunden von Le Mans. Am Nürburgring greift er mit seinen Teamkollegen nach der Führung in der Meisterschaft.#w1#

Frage:"Stefan, du bist in dieser Saison ein viel beschäftigter Mann: Neben dem Lola-Aston Martin in der LMS fährst du in der tschechischen Langstreckenmeisterschaft und der FIA-GT-Serie. Bleibt da noch Zeit für etwas anderes als Motorsport?"
Stefan Mücke: "Von Anfang April bis Ende Oktober bin ich praktisch jedes Wochenende auf der Rennstrecke. In Berlin bin ich deshalb meist nur montags bis mittwochs anzutreffen. Zum Glück macht meine Familie das ohne weiteres mit. Meine Freundin fährt selbst Motocross. Wenn wir am Wochenende Zeit haben, machen wir gerne einen Abstecher auf die Kartbahn. Und unsere Tochter findet Motorsport auch toll: Die weiß mit ihren eineinhalb Jahren schon genau in welchem Auto Papa sitzt und ist voll dabei."

LMS hat klar den Vorrang

Frage:"Welchen Stellenwert nimmt die LMS in Ihrem Jahresprogramm ein?"
Mücke: "Ganz klar: Die LMS hat den höchsten Stellenwert - vielleicht einmal abgesehen vom Highlight bei den 24 Stunden von Le Mans. Das erklärt sich von selbst, denn in der LMS fahren wir die komplette Meisterschaft mit. Alle anderen Einsätze sind sporadisch."

Frage:"Langstreckenrennen sind ein Leckerbissen für Fans. Auf der Strecke geschieht schon wegen der großen Zahl der Starter sehr viel. Wie würden Sie die LMS jemandem beschreiben, der noch nie live dabei war?"
Mücke: "Wir haben eine unglaubliche Leistungsdichte. Als Fahrer muss man jederzeit 100 Prozent bei der Sache sein. Es gibt wahnsinnig viele Überholmanöver, weil ja mehrere Klassen gleichzeitig ins Rennen gehen. Und einen GT zu überholen ist selbst im Sportprototypen so einfach auch wieder nicht, denn der andere fährt ja auch ein Rennen und fährt mit vollem Recht so schnell er kann."

"Das bringt sehr schwankende Rundenzeiten mit sich, die selbst einen vermeintlich sicheren Vorsprung schnell schmelzen lassen. Ich halte es nicht für übertrieben zu sagen, dass ich im ganzen Rennen meist keine einzige freie Runde erwische, jede Runde zwischen einem und acht andere Autos überholen muss und die Ideallinie allenfalls im Qualifying wirklich nutzen kann. LMS, das ist Action pur."


Fotos: 24 Stunden von Le Mans


Frage:"In Le Mans waren die Werksmannschaften, die mit Turbodiesel-Fahrzeugen antreten, in den vergangenen Jahren unschlagbar. In der LMS liegen die Teams mit Benzinmotoren, etwa Pescarolo oder Aston Martin in Front. Woher kommen diese Unterschiede?"
Mücke: "In Le Mans haben wir in diesem Jahr als bestplatziertes Benziner-Team den vierten Platz geholt - im Kampf mit den bestens aussortierten Werksteams mit ihren Dieselfahrzeugen war das ein großer Erfolg. In der LMS ist das Kräfteverhältnis ein anderes."

"Die Audi R10 TDI, die das Kolles-Team einsetzt, stammen aus dem vergangenen Jahr. An der Performance dieser Autos waren wir schon 2008 annähernd dran, im Training konnte ich den ein oder anderen sogar hinter mir lassen. Deshalb war uns schon vor Saisonbeginn klar, dass wir nicht ganz schlecht aussehen würden."

Besser Chancen in der Eifel?

Frage:"Auch wenn die Nordschleife zu deinen Lieblingsstrecken zählt, wird beim 1.000-Kilometer-Rennen nur der Grand-Prix-Kurs gefahren. Welchen Charakter hat der Nürburgring im Vergleich zu anderen Strecken im Kalender?"
Mücke: "Die Nordschleife ist einzigartig - aber mit den LMS-Prototypen leider nicht fahrbar. Aber die Grand-Prix-Strecke geht für mich auch völlig in Ordnung, ich kenne sie erstens aus meiner Zeit in der DTM und zweitens sollte sie dem Aston Martin besser liegen als der Kurs an der Algarve. Die Strecke in Portugal war winklig, kurvenreich und eher eng."

"Der Aston Martin ist aber mehr für die Strecke in Le Mans gebaut." Stefan Mücke

"Der Aston Martin ist aber mehr für die Strecke in Le Mans gebaut - einen schnellen Kurs mit langen Geraden. Vom Charakter kommt der Nürburgring dem näher. Pescarolo und Oreca haben für dieses Jahr fast schon Formel-1-Autos gebaut, mit denen man auf einem winkligen Kurs gut zurecht kommt. Trotzdem konnten wir in Portugal den zweiten Platz holen: Das gibt mir viel Hoffnung für den Nürburgring, wo es keinen konzeptionellen Vorteil für die Konkurrenten gibt."

Frage:"Wie schwierig ist es, den Titel zu erobern?"
Mücke: "Wir liegen in der Fahrerwertung momentan vier Punkte zurück. Wenn man sieht, dass in der Punktevergabe zwischen dem Rennsieg und dem zweiten Platz zwei Punkte Differenz sind, dann ist es einfach auszurechnen, dass es in der Endabrechnung spannend werden wird. Die anderen Teams haben eben auch nicht geschlafen, Pescarolo hat etwa für 2009 ein sehr gutes neues Auto gebaut. An der Spitze liegen jetzt viele Fahrzeuge innerhalb von 0,5 Sekunden - das macht selbst auf eine Sechs-Stunden-Distanz keine großen Zeitdifferenzen."

Setup muss für alle Fahrer passen

Frage:"Mit deinen Teamgefährten verbindet dich eine teils mehrjährige Zusammenarbeit. Diese Kooperation mit mehreren Piloten ist eine Besonderheit des Langstreckensports. Geht es hier kollegialer zu als in Serien, in denen man alleine im Cockpit sitzt?"
Mücke: "Ohne Teamwork funktioniert Langstreckensport nicht. Natürlich: Sobald man im Auto sitzt, ist man gewissermaßen Einzelkämpfer. Aber bis dahin ist die Zusammenarbeit wichtig - etwa bei der Fahrzeugabstimmung. Schließlich hilft es überhaupt nicht, wenn das Auto so abgestimmt ist, dass man selbst schnell ist, der Kollege aber nicht."

"Hilfreich ist da, wenn die Fahrer zueinander passen, einen ähnlichen Fahrstil haben und ähnliche Präferenzen beim Setup haben. Das ist bei uns der Fall: In der Addition sind Jan Charouz, Thomas Enge und ich ein sehr gutes Team. Ohnehin: Für ein Endurancerennen muss man sich selbst auf das Auto einstellen, nicht umgekehrt. Das Setup muss Allroundqualitäten haben, weil sich der Rennwagen ja durch den Dauerbetrieb verändert. Ein LMS-Auto fährt sich in den ersten beiden Rennstunden anders als in den letzten beiden, wenn viele Komponenten zum Beispiel eine ganz andere Temperatur haben."

¿pbvin|64|1664||0|1pb¿Frage:"Wie teilt ihr euch die Rennen auf? Gibt es klassische Start- und Schlussfahrer oder ist das eher von der Tagesform abhängig?"
Mücke: "Ein Stint - die Zeit zwischen zwei Boxenstopps - dauert in der LMS rund 45 Minuten. Dann ist der Tank leer, bei jedem zweiten Stopp gibt es zusätzlich einen Fahrer- und Reifenwechsel. Weil beim Boxenstopp jeweils nur zwei Mechaniker am Fahrzeug arbeiten dürfen, dauern Reifenwechsel recht lange - wir kalkulieren einen Zeitverlust von 14 oder 15 Sekunden."

"Bei rund sechs Stunden Gesamtfahrzeit kommen wir meist ungefähr so hin, dass jeder einen vollen Doppelstint fährt. Dauert das Rennen länger - etwa bei Regen - geht die Reihenfolge wieder von vorne los. Jeder von uns hat seine Stärken, im Allgemeinen fahre ich die schnellsten Rundenzeiten und sitze deshalb auch im Qualifying im Auto. Außerdem übernehme ich die Startphase. Die Mitte übernimmt meist Jan, am Schluss folgt Thomas."

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