Videokonferenz ohne Dankesworte? Wie Timo Glock von seinem BMW-Aus erfuhr

Wie der langjährige DTM-Pilot Timo Glock erfuhr, dass BMW nach zehn Jahren in Zukunft ohne ihn plant und wieso er den Helm noch nicht an den Nagel hängen will

(Motorsport-Total.com) - Anfang September wurde die Trennung zwischen Timo Glock und BMW nach zehn Jahren Zusammenarbeit offiziell. BMW-Motorsportleiter Andreas Roos argumentiert den Schritt damit, man habe sehr viele Werksfahrer im Kader und müsse "Schwerpunkte setzen". Doch wie hat Glock das Ende erlebt?

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glocks BMW-Abschied: Die Nachricht erhielt er per Videokonferenz Zoom

"BMW hat gesagt, sie haben kein Betätigungsfeld mehr für mich. Und somit gab es keine Weiterführung der zehnjährigen Partnerschaft, was natürlich schade ist, weil man über die zehn Jahre gemeinsam was aufgebaut hat", stellt Glock im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' klar, dass er gerne weitergemacht hätte. "Es ist sehr schade, das so zu beenden."

Weitere Details wollte der 40-Jährige, der sich bei der Bekanntgabe der Trennung auf 'Instagram' speziell beim bis 2020 tätigen BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt bedankt hat, nicht nennen. Dass er die aktuelle BMW-Motorsport-Führung nicht erwähnte, könnte aber einen Grund haben.

Videokonferenz nach weniger als zehn Minuten beendet

Denn wie 'Motorsport-Total.com' aus dem DTM-Umfeld erfahren hat, dürfte der Abschied alles andere als herzlich verlaufen sein: Angeblich wurde Glock in einer Videokonferenz, an der auch ein weiterer BMW-Verantwortlicher teilnahm, in nicht einmal zehn Minuten vom langjährigen Audi-Mann Roos mitgeteilt, dass er nicht mehr gebraucht werde - ganz ohne Dankesworte für die vergangenen zehn Jahre.

Und das, obwohl Glock nicht nur einer der klingendsten Namen im Fahrerkader der Münchner war, sondern in seiner DTM-Karriere von 2013 bis 2021 in 146 Rennen fünf Siege und 15 Podestplätze einfuhr. Darunter legendäre Rennen wie in Hockenheim 2018, als er Gary Paffett niederkämpfte.

Apropos: Ein DTM-Gaststart auf Glocks Lieblingsstrecke, wo vergangenes Wochenende das DTM-Finale stattfand, hätte sich als Abschiedsgeschenk angeboten, doch stattdessen soll man ihm einen Start in der DTM Classic angeboten haben, in der historische Fahrzeuge starten. Diesen dürfte Glock abgelehnt haben.

Roos: "Kann voll nachvollziehen, dass Timo enttäuscht ist"

Was Roos dazu sagt, dass Glock das Aus nicht sehr positiv aufgenommen habe? "Ich kann voll nachvollziehen, dass Timo enttäuscht oder auch frustriert ist", sagt der BMW-Motorsportleiter. "Keiner von uns ist happy darüber, wenn ihm gesagt wird, es geht nicht weiter - da müssen wir auch ehrlich sein. Das verstehe ich auch. Aber wir müssen auch für uns schauen, wie es weitergeht."

Warum es für Glock bei BMW keine Zukunft gibt? "Weil wir irgendwann die Entscheidung getroffen haben, wie unser Fahrerkader für nächstes Jahr aussehen kann", so Roos. "Und da haben wir schon unsere Entscheidung getroffen und gesagt, dass es keine Zukunft gibt zwischen Timo und uns. Wir hatten zusammen tolle zehn Jahre, das haben wir auch mit Timo besprochen. Aber wir sehen aktuell für die Zukunft nicht mehr, wo Timo für uns unterwegs sein könnte."

Andreas Roos

Der neue BMW-Motorsportleiter Andreas Roos informierte Glock über das Aus Zoom

Roos über Glock-Gespräch: "Dann ist auch irgendwann Ende"

Als er von 'Motorsport-Total.com' darauf angesprochen wird, wie er selbst das finale Gespräch mit Glock erlebt habe, sagt er: "Über die Gespräche möchte ich nicht sprechen, weil das ist für mich wie ein Vertrag. Das ist eine Auflösung eines Vertrages - und über Verträge reden wir nicht."

Es habe sich aber um ein "sachliches, fachliches Gespräch", gehandelt, "bei dem wir auch mit Timo über die bisherigen Erfolge gesprochen haben - und dass es in Zukunft nicht weitergehen wird. Dann ist auch irgendwann Ende - und es gibt nicht mehr so viel zu besprechen."

Glock: "Habe nicht vor, Helm an den Nagel zu hängen"

Aber wie sieht Glock nun seine Zukunft? "Ich bin nach wie vor sehr motiviert, noch Rennauto zu fahren. Und weiß, dass ich auch noch die Fähigkeiten dazu habe", sagt Glock. "Das sehe ich jedes Mal, wenn ich wieder im M4 GT3 sitze", verweist er auf seine Einsätze mit Roberto Ravaglias Ceccato-Team in der italienischen GT-Meisterschaft, in der er im Qualifying oft schneller war als Werksfahrer-Kollege Jens Klingmann.

Obwohl er 2022 in seinem bislang letzten DTM-Jahr mit dem M6 GT3 des Rowe-Teams Schwierigkeiten hatte und in der Gesamtwertung 17. wurde, schlug sich Glock dieses Jahr bei seinem DTM-Gaststart in Imola mit Ceccato beachtlich. Der Routiniert, der im Vorfeld mit den Michelin-Reifen nur einen halben Tag testen konnte, verfehlte trotz eines katastrophalen Boxenstopps haarscharf die Top 10.

Was ihn nun reizen würde? "Ich bin für alles offen", antwortet Glock. "Ob das Prototypen sind - ich habe ja aus meiner Formel-1-Zeit Erfahrung mit Aero-Autos - oder GT-Autos, da müssen wir abwarten."


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Auch die DTM habe er noch nicht abgeschrieben. "Es könnte ja auch eine Möglichkeit geben, mit einem anderen Hersteller in der DTM anzutreten", meint Glock, für den nur eines feststeht: "Ich habe noch nicht vor, den Helm an den Nagel zu hängen." Wenn Glock tatsächlich ein DTM-Comeback gelingt, wäre er aktuell übrigens nicht der älteste Fahrer im Feld - denn das ist der Schweizer Grasser-Lamborghini-Pilot Rolf Ineichen, der 44 Jahre alt ist.