Timo Scheider fordert Driver-Advisor in Rennleitung: "Konstanz großes Manko"
Timo Scheider kritisiert die DTM-Rennleitung und fordert einen Ex-Fahrer als Berater: Warum die Personalie für ihn nötig ist und welche Hürden es zu überwinden gilt
(Motorsport-Total.com) - Die DTM-Rennleitung stand gerade in der Schlussphase der Saison in der Kritik. Die Kernbotschaft der negativen Stimmen: Eine einheitliche Linie sei nicht erkennbar. Und tatsächlich werfen die verhängten Strafmaße, vor allem in Hockenheim und auf dem Norisring, Fragen auf.

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Timo Scheider verlangt einen Ex-Fahrer als Berater für die Rennleitung Zoom
Kelvin van der Linde erhielt am Hockenheim-Sonntag für einen Stupser gegen Liam Lawson eine 5-Sekunden-Boxenstrafe. Lawson drehte Philip Ellis am Norisring-Samstag um, blieb aber straffrei. Und van der Linde wiederum kam nach einem mutmaßlichen Foul gegen Lawson am Norisring-Sonntag mit einer erneuten 5-Sekunden-Boxenstrafe davon.
Deshalb fordert DTM-Experte Timo Scheider im 'ran-racing-Podcast' nun Änderungen an der Zusammensetzung der Rennleitung. "Für mich ist das ein Muss, dass da eine Konstante in Sachen Stewarts ist, am besten noch in Sachen Driver-Advisor", so Scheider.
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Ein Ex-Rennfahrer als Berater für die Rennleitung hat einen Vorteil. Er könne laut Scheider aus Fahrersicht "solche Sachen beurteilen, die manche Stewarts eben nicht beurteilen können, weil sie noch nie in einem Rennauto gesessen haben und nicht wissen, wenn man bei 270 bremst und einen halben Meter zu spät bremst, was das für eine Auswirkung hat."
Timo Scheider: Wie kommen Stewarts an ihren Posten?
In diesem Zusammenhang hinterfragt auch Scheider die Art und Weise, wie man an einen Posten in der Rennleitung gelangt: "Das sind Menschen, die sich in irgendwelchen Rennsport-Klassen immer mal wieder rumgetrieben haben."
Der zweifache DTM-Champion weiter: "Ich weiß es nicht zu 100 Prozent, aber dass die eben über verschiedene Serien sich als Sportwarte empfohlen haben, sich beworben haben, ihre Lizenzen da gemacht haben, Reglements auswendig gelernt und studiert haben und sich dann dahin gesetzt haben und gesagt haben: 'Wir gucken uns das mal an.'"
Auch zu Scheiders aktiven Zeit als Fahrer in der DTM führte das schon zu haarsträubenden Situationen: "Manchmal bin ich als Rennfahrer schon vor den Stewarts gesessen und da fragst du dich: 'Was im Himmel habt ihr euch für ein Rennen angeschaut?'"
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"Weil genau die Situation, wie ich gerade gesagt habe, oft herrscht, dass du denkst: 'Wie kannst du so ein Urteil treffen, wenn du nicht mal ansatzweise weißt, wie es aus dem Auto aussieht?' Deswegen ist eben so ein Driver-Advisor in meiner Welt auf jeden Fall Pflicht."
Driver-Advisor als DTM-Politikum
Doch selbst diese Personalie kann in einer Serie wie der DTM noch zum Politikum werden. Schon zu Scheiders Zeiten griff die Rennleitung auf einen Ex-Fahrer als Berater zurück. Oft stand dieser Fahrer jedoch bei einem der involvierten Hersteller unter Vertrag.
Scheider war sich deshalb als aktiver Fahrer bewusst: "Wenn ein Mercedes-Mann bei den Stewarts gesessen hat, dann wussten wir bei Audi: Wenn wir was haben, dann wird wahrscheinlich trotzdem gegen den Audi gestimmt." Für dieses Problem hatte man damals in der DTM aber eine ebenso einfache wie pragmatische Lösung.
"Man hat da ein bisschen durchrotiert, dass jeder mal da gesessen ist. Dann saß mal Frank Biela von Audi-Seiten da, Bernd Mayländer auch", erinnert sich Scheider zurück. "Das war gut, wie es war. Wie es mittlerweile ist, müsste man mal hinterfragen."
Ex-Fahrer als Berater? Muss lukrativ sein
Doch warum greift die Rennleitung nicht auf die Expertise eines Ex-Fahrers zurück, wie von Scheider gefordert? Der zweifache DTM-Meister vermutet finanzielle Gründe dahinter: "Wenn einer sagt: 'Du kriegst 250 Euro am Tag, damit du dich hier hinsetzen kannst und vielleicht kommt ein Fall und den kannst du mitdiskutieren', dann kommt halt kein Ehemaliger dahin. Das ist einfach so."

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Timo Scheider hätte in Hockenheim keine Strafe gegen Kelvin van der Linde ausgesprochen Zoom
Scheider grübelt daher auch schon über verschiedene Möglichkeiten, das zu beheben: "Vielleicht findet man eine Lösung mit den Teams, vom Nenngeld, was auch immer, um sowas mitzufinanzieren. Wenn da ein paar Euro von jedem kommen, könnte das eine Variante sein."
Eine Variante, die zumindest zu einer einheitlicheren Linie in Sachen Strafmaß führen könnte. Zu den Situationen zwischen van der Linde und Lawson in Hockenheim, sowie zwischen Lawson und Ellis am Norisring hat Scheider eine klare Meinung: "Beide Rennunfälle hätten nicht bestraft werden dürfen."
Scheider kommt, allein schon aufgrund dieser beiden Situationen, zu einem vernichtenden Urteil: "Die Konstanz und die Bewertung der verschiedenen Situationen der Rennleitung und der Rennkommissare ist ein großes Manko in diesem Jahr gewesen. Da ist dieses Jahr einige Male etwas schiefgelaufen und da verstehe ich jeden einzelnen, der sich aufregt."


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