Bergers scharfe Kritik: AMG und van der Linde "haben DTM Schaden zugefügt"

Wie DTM-Boss Gerhard Berger auf die Herstellertaktik von AMG und auf Kelvin van der Lindes Rammstoß gegen Liam Lawson reagiert und welche Konsequenzen das hat

(Motorsport-Total.com) - Die kontroverse Titelentscheidung in der DTM mit der Mercedes-AMG-Herstellertaktik und Kelvin van der Lindes Rammstoß gegen AF-Corse-Titelfavorit Liam Lawson, der ihn den Titel kostete, hat für einen Social-Media-Shitstorm gesorgt. Und während sich DTM-Boss Gerhard Berger nach dem Rennen noch verständnisvoller zeigte, geht er nun mit den Protagonisten hart ins Gericht.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

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"Beide Themen, die Mercedes-Stallorder und das Manöver von van der Linde, haben nicht nur Diskussionen ausgelöst, sondern der DTM einen Schaden zugefügt", sagt Berger gegenüber 'Bild'.

"Das tut mir wahnsinnig leid für alle Beteiligten, die zur Attraktivität der DTM in dieser Saison beigetragen haben und die alles dafür getan haben, dass die DTM für hartes, faires Racing bis zum letzten Rennen steht, bei dem der Beste gewinnt. Das ist uns im Finale leider nicht gelungen und schießt uns in der Gunst der Fans weit zurück."

DTM-Manager Elsner: "Waren überrascht über Strategie"

Daher kündigt Berger Konsequenzen an: "Das Thema ist nicht vom Tisch und ich werde mich persönlich für eine Lösung einsetzen", so der Österreicher, der sich im Vorjahr erfolgreich dafür stark gemacht hatte, dass die Teamorder in der DTM verboten wird und das über einen Absatz im Reglement mit einem Strafmaß von 250.000 Euro verankern ließ.

Dieses Jahr hatte man geglaubt, dass der Einfluss der Hersteller durch das Ende der reinen Werksteams nicht mehr so groß sei und sich das Thema damit von selbst erledigt hat, weshalb man den Absatz aus dem Reglement strich. Am Ende wurde man aber durch Mercedes-AMG eines besseren belehrt.

Das bestätigt DTM-Manager Frederic Elsner gegenüber der 'Stuttgarter Zeitung'. "In dieser Saison waren unabhängige Teams am Start, nicht mehr Werkteams von Herstellern wie früher, deswegen waren wir schon etwas überrascht über diese Strategie."

Berger will "richtige Konsequenzen" ziehen

Wie man nun eine Lösung finden möchte? "Wir sehen uns die Fakten genau an und werden dann auf Basis der Erkenntnislage hoffentlich die richtigen Konsequenzen ziehen", so Berger.

Der 62-Jährige, der die DTM nach dem Ausstieg von Audi und BMW Ende 2020 gerettet hat und die Rennserie nun ganz alleine führt, gibt zu, dass er die letzten Nächte "richtig schlecht geschlafen" habe. "Ich bin seit 40 Jahren Motorsportler durch und durch und mit solchen künstlichen Verschiebungen kommt mein Sportlerherz nicht zurecht."


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Er könne akzeptieren, "wenn ein Fahrer aus eigener Initiative eine Entscheidung im Sinne des Teams trifft", so Berger. "Das ist aber auch die Grenze. Absolut inakzeptabel ist aber, wenn Teams oder Fahrer den Auftrag bekommen, ihre Position aufzugeben, um den Vorteil woanders hinzuverlagern."

Berger: AMG-Taktik schlimmer als Ferrari-Stallorder in F1

Berger sieht die Tragweite noch größer als bei den zahlreichen Stallorder-Situationen in der Formel 1. "Ich erinnere nur daran, mit welcher Welle der Empörung Ferrari von den Fans konfrontiert wurde als Rubens Barrichello seiner Zeit den Sieg für Michael Schumacher aufgegeben hat", verweist er auf die Farce von Spielberg im Jahr 2002, als der Brasilianer seinen Sieg beim erst sechsten Saisonrennen auf Befehl von Ferrari-Boss Jean Todt abtreten musste.

"In unserem Fall sprechen wir aber von einer teamübergreifenden Anordnung. Das ist noch einmal eine ganz andere Qualität, die ich weder sportlich noch persönlich auf unserer Plattform akzeptieren kann", fordert Berger ganz klar ein Ende künstlicher Platzwechsel zugunsten des Herstellers.

Berger fällt zwar auf, dass die Hersteller nach anfänglicher Vorsicht nun erkannt haben, wie attraktiv die DTM als Plattform ist. Nun müsse man ihnen aber die Grenzen aufzeigen: "Die aktuelle Diskussion zeigt, dass die Hersteller, in welcher Form auch immer, zwar engagiert sind, aber auch Einfluss nehmen. Das ist positiv, darf aber keine Auswirkung auf die Fairness haben."

"Kelvins Verhalten in Turn 1 war nicht akzeptabel"

Götz sei trotz allem kein unverdienter Champion, stellt Berger klar: "Maximilian hat über die gesamte Saison eine konstante, gute Leistung gezeigt - insofern freue ich mich für ihn. Dass der Meistertitel aus anderen Gründen einen etwas faden Beigeschmack hat, dafür kann Maximilian nichts."

Dafür geht er mit Abt-Audi-Pilot Kelvin van der Linde, der sich inzwischen für sein Verhalten entschuldigt hat, hart ins Gericht. Der Südafrikaner war Lawson, dem am Sonntag Platz sechs zum Titel gereicht hätte, in der ersten Kurve mit voller Wucht ins Auto gefahren und hatte so das Rennen des Red-Bull-Youngsters zerstört.

"Kelvin van der Linde ist meiner Meinung nach weit übers Ziel hinausgeschossen", sagt Berger. "Sein Verhalten in Kurve 1 war nicht akzeptabel - weder sportlich noch sicherheitstechnisch. Die harten Manöver gegen Götz kann man vielleicht noch unter hartem Racing verbuchen. Aber die Tatsache, dass er den Meisterschaftsführenden in der ersten Kurve aus dem Rennen genommen hat, können wir als Plattform nicht unterstützen, ist aber letztendlich eine Sache der Sportbehörde."


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Eine versteckte Kritik an der Entscheidung der Rennleitung, van der Linde für sein Manöver nur eine Fünf-Sekunden-Strafe aufzubrummen.