• 23.06.2007 09:11

  • von Britta Weddige

Rustikaler Abschied eines echten Typen

Christian Abt spendierte zum Abschied Weißbier und hat 2007 mit Audi noch ein Ziel: "Ich werde alles dafür geben, dass wir diesen scheiß Titel holen!"

(Motorsport-Total.com) - "Christian ist ein super Kerl, auf den man sich verlassen kann und der zu seinen Dingen wahnsinnig steht. Wenn er die DTM zum Jahresende verlassen wird, verliert die DTM wahnsinnig viel. Er hat die Meisterschaft über so viele Jahre mitgeprägt, weil er genau so ist, wie er ist. Ein kämpfender Sturschädel, der genau weiß wo er hin will" - so charakterisierte Audi Sportchef Wolfgang Ullrich seinen scheidenden Piloten Christian Abt, als der am Norisring vor der Presse seinen Ausstieg aus der DTM zum Saisonende ankündigte.

Titel-Bild zur News: Christian Abt, Wolfgang Ullrich

Zum Abschied natürlich ein Weißbier: Christian Abt und Wolfgang Ullrich

Und treffender könnte man es nicht formulieren: Auch bei seiner Abschiedsankündigung präsentierte sich Abt als echter "Typ". Sein erklärtes Lieblingsgetränk ist Weißbier, und so ließ er es sich nicht nehmen, den versammelten Teamkollegen und Journalisten eine Runde auszugeben: "Ihr kennt mich ja alle und ihr wisst, was ich am liebsten tu und das will ich jetzt mit euch tun, lasst uns einfach zusammen ein Glas Weißbier trinken."#w1#

"Wir haben das Unmögliche möglich gemacht"

Zuvor hatte er zurückgeblickt auf seine lange Karriere, zunächst in der STW, dann seit 2000 als Mann der ersten Stunde in der DTM: "Wir haben 1999 die STW-Meisterschaft gewonnen und mein Bruder Hans-Jürgen und ich haben gesagt, dass wir von Anfang an dieser DTM teilnehmen wollen", so Abt. "Unser Ziel war von Anfang an, Siege einzufahren und am Schluss den Titel zu holen. Wir haben eine Mannschaft gebildet, damals aus zwei jungen Fahrern mit Mattias Ekström und Martin Tomczyk und aus zwei erfahrenen mit Laurent Aiello und mir. Und wir haben das Unmögliche möglich gemacht, wir sind 2002 DTM-Meister geworden und das war schon eine sensationelle Leistung."

"Dass wir als Team Abt Sportsline DTM-Sieger geworden sind war mir viel wichtiger als mancher Sieg." Christian Abt

"Dass wir als Team Abt Sportsline DTM-Sieger geworden sind gegen Mercedes und Opel, das war mir viel wichtiger als mancher Sieg in der DTM. Ich habe mich da immer schon untergeordnet, denn es ging nur um diese Sache", erklärte der Allgäuer, der auch heute nicht zögert, wenn es darum geht, im Sinne des Teams selbst zurückzustecken. "2004 sind wir dann aufgestiegen zum Werksteam, Mattias hat als Teamkollege den Titel geholt, das hat mir auch viel Freude gemacht. Denn um den Fahrertiel und die Markenwertung zu gewinnen, braucht man alle vier Fahrer, das haben wir damals erreicht, und da war ich auch fürchterlich stolz drauf."

Neuanfang 2005 im Jahreswagen

Dieses Jahr 2004 sei für ihn nicht einfach gewesen, er habe private Probleme gehabt und auch seine Leistungen seien nicht mehr so gewesen, wie erhofft. Den Neuanfang startete er 2005 in einem anderen Team im Jahreswagen: "Ich habe mir wieder hohe Ziele gesetzt und ich habe wieder alles erreicht. Ich habe alle meine Teamkollegen geschlagen, ob bei Joest oder bei Phoenix - ich habe das Ziel erreicht. Der zweite Platz hier am Norisring war dabei sicherlich die Krönung."

Christian Abt, Wolfgang Ullrich

Erst ein paar Tränen, dann Umarmung: Christian Abt und Wolfgang Ullrich Zoom

Nun aber sei die Zeit gekommen, etwas anderes zu machen. Sicherlich habe er sich schon zu Saisonbeginn seine Gedanken gemacht, die Entscheidung selbst sei aber vor drei Tagen spontan beim Aufstehen gefallen, so der 40-Jährige: "Ich bin ein Mensch, der Herausforderungen sucht und ich sehe momentan einfach in der DTM in dieser Position, in der ich bin, nichts mehr, das ich erreichen kann", begründete er. "Daher habe ich mir auch gesagt, dass ich mir neue Ziele setzen muss und ich muss etwas Neues tun. Wir werden uns jetzt die nächsten sechs Monate zusammensetzen, mein Freund und Manager Harry Unflath und ich, und wir werden schauen, was man im nächsten Jahr so tun kann. Mir schweben schon ein paar Projekte im Kopf herum, aber spruchreif ist es noch nicht, aber ich kann euch eins versichern: Ihr werdet mich nächstes Jahr im Motorsport wieder sehen."

Genug Arbeit hätte der Allgäuer zu Hause in der Tuning-Schmiede Abt Sportsline schon, "aber ihr könnt davon ausgehen, dass ich nicht nur hinter dem Schreibtisch sitzen werde. Wenn ich sehe, welche Erfolge Audi mit den Sportwagen holt, dann wäre das schon eine Option. Wobei ich in Le Mans im offenen Sportwagen sicher nicht fahren werde."

Den weichen Kern in der harten Allgäuer Schale zeigte Abt, als er sich bei Audi für die lange Zusammenarbeit bedankte. Schon von Haus aus ist die Familie Abt mit Audi verbunden und seine Erfolge holte er natürlich für die vier Ringe. Seine Ausbildung hat er bei Audi gemacht, für die Ingolstädter ist er zehn Jahre lang Rennen gefahren. Da musste sich der 40-Jährige doch die eine oder andere Träne aus dem Augenwinkel wischen: "Jetzt ist es schon emotional..."

Erinnerung an heiße Partys im Fahrerlager

"Was wir in diesen acht Jahren alles angestellt haben, das glaubt uns fast gar keiner." Christian Abt

Sein Dank galt auch der DTM-Organisation: "Dafür dass ich in dieser besten Tourenwagenserie der Welt acht Jahre lang teilnehmen durfte, es war mir eine Ehre, hier zu fahren", sagte er nachdrücklich und aufrichtig. Nicht nur die Duelle gegen die Kollegen auf der Strecke seien etwas Tolles gewesen: "Auch das Familiäre, das wir hatten im Fahrerlager. Es hat einfach immer Spaß gemacht. Dazu kamen die Partys, die wir gefeiert haben - früher war es noch extremer, heute ist es schon etwas weniger geworden - das wird für mich unvergesslich bleiben. Was wir in diesen acht Jahren alles angestellt haben, das glaubt uns fast gar keiner."

Eines war Abt aber auch noch wichtig: Er wollte seinen Ruf gerade rücken. "Ich werde immer gerne als 'Wilder Hund' bezeichnet. Ich bin jetzt extra die Statistiken des DMSB durchgegangen. Meine letzte Strafe wegen unfairen Verhaltens habe ich vor fünf Jahren hier am Norisring bekommen - als merken: Nix unfair, Abt war fair."

Megaparty: "Zieht euch warm an!"

Sechs Rennen lang wird er noch aktiver DTM-Pilot sein und für seine Abschiedssaison hat er sich ein großes Ziel gesetzt - formuliert in seiner Direktheit, die der Serie sicher fehlen wird: "Wir haben Martin und Eki damals als junge Fahrer in unser Team geholt, sie sind jetzt Tabellenführer, und da werde ich in meinen letzten sechs Rennen alles dafür geben, dass wir diesen scheiß Titel holen, okay?"

Und wenn das gelingen sollte? "Sollten wir wirklich in Hockenheim den Titel gewinnen und ich meine Abschiedsparty geben, dann sage ich euch eins: Zieht euch warm an, denn das wird die Megaparty."