• 15.06.2013 11:46

  • von Stefanie Szlapka & Dominik Sharaf

Nur mit Vollgas: So schaltet die DTM

Früher brauchten die Piloten Fingerspitzengefühl und Schnelligkeit, heute regelt der Computer den Schaltvorgang

(Motorsport-Total.com) - Das richtige Schalten gehörte früher zur großen Kunst des Rennfahrens: Es sollte möglichst schnell gehen und dabei noch Getriebe und Motor schonen. Schaltete der Pilot zu früh runter oder verschaltete sich, überdrehte das Aggregat und war schnell reif für den Müll. Durch neue Systeme wird dies verhindert. In der DTM greift man sogar noch weiter in den Vorgang ein, um Kosten zu sparen. Die beteiligten Teile sind allesamt Einheitsmaterial genau wie die Software.

Titel-Bild zur News: Cockpit des RS 5 DTM

Arbeitsplatz der Audi-Piloten: Ohne Computer geht auch im Cockpit nichts Zoom

Nur in die Motorelektronik, also wie sich der Motor vor und nach dem Schaltvorgang verhält, können die Teams eingreifen. Der Schaltvorgang beginnt natürlich mit der Betätigung der Schaltwippen am Lenkrad. In diesem Moment beginnt ein Computer mit der Schaltsoftware und die Motorelektronik zu arbeiten. Das V8-Herz wird auf den bevorstehenden Schaltvorgang vorbereitet und passt die Umdrehungszahl an. Anschließend kommt es zu einer Unterbrechung des Antriebsstrangs.

In diesem Moment übt das Steuerventil Druck auf den Schaltzylinder aus, der auf das Getriebe einwirkt und hoch- beziehungsweise runterschaltet. Der nötige Druck kommt aus einem Reservoir, das über einen Kompressor versorgt wird. Dieser holt sich die Luft aus dem Heckbereich des Fahrzeuges und bedient neben der Schaltung auch das DRS, den umklappbaren Heckflügel. Die Software sorgt auch dafür, dass bei allen Fahrzeugen der Schaltvorgang insgesamt 100 Millisekunden dauert

Hersteller auf Kompromisssuche

"Früher haben wir das in 30 Millisekunden geschafft", so Stefan Aigner, Technischer Leiter bei Audi. "Aber im Endeffekt haben damals auch alle so gut wie gleich schnell geschaltet. Deswegen hat die Verlängerung des Vorgangs keine große Auswirkung." Außerdem verlängert sich so die Haltbarkeit einzelner Teile. Die jetzt verwendeten Einheitsbauteile müssen nach rund 6000 Kilometern, also etwa nach einer Saison, überholt werden.


Fotos: DTM auf dem Lausitzring


Vor der Saison 2012 konnten alle Hersteller bis zu einem Stichtag die für sich passende Software entwickeln. Die Varianten wurden dann an den Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) gegeben, der zusammen mit den drei Parteien einen Kompromiss erstellte. "Ich war erstaunt, wie schnell das ging", gibt Aigner zu. "Anscheinend sind sich die Motorcharakteristiken recht ähnlich."

Die Kupplung nutzen die Piloten während der Schaltvorgänge nicht. Nur beim Rennstart, Boxenstopp, dem Wechsel in Neutral und in den Rückwärtsgang tritt der Fahrer das Pedal. Damit er beim Runterschalten nicht aus Versehen in Neutral schaltet, muss der Pilot die Kupplung benutzen und einen Kopf am Lenkrad betätigen. Noch komplizierter ist es bei Rückwärtsfahren. Der Fahrer muss die Kupplung treten, mit Hilfe eines Hebels vom "race mode" in den "manuel mode" umschalten.

Mit Schaltwippen up-to-date

Augusto Farfus

Bodenwellen führen mitunter dazu, dass auch das Getriebe streikt Zoom

Um den Motor und das Getriebe zu schützen, kann es sein, dass das System einen Schaltvorgang nicht durchführt. So muss die Drehzahl stimmen - beim Hochschalten sollte der Pilot Vollgas geben, beim Runterschalten achtet die Elektronik darauf, dass die Drehzahl nicht zu hoch ist. Haben die Hinterräder nicht die volle Traktion kann es ebenfalls sein, dass ein Schaltvorgang nicht durchgeführt wird. Speziell auf welligen Strecken beklagen sich die Piloten immer wieder über Verzögerungen.

2012 führte die DTM Schaltwippen am Lenkrad ein und ersetzte damit das sequentielle Getriebe, das über einen großen Hebel in der Cockpitmitte bedient wurde. Gründe dafür gab es viele: Einerseits wollte die Serie auf dem neuesten Stand der Technik sein, andererseits aber auch auf die Situation in anderen Rennserien reagieren: Waren dort entsprechende Lösungen teilweise verboten, fielen diese Vorschriften nach und nach - ein Tribut an den Wunsch, das Reglement zu exportieren. Hinzu kommt, dass die Fahrerbergung von der rechten Seite im Falle eines Unfalls erleichtert wird.