• 17.10.2007 17:14

  • von Weddige / Leppert

Der große DTM-Saisonrückblick - Teil 2

'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf die DTM-Saison 2007 - Im zweiten Teil: Von Brands Hatch bis Zandvoort

(Motorsport-Total.com) - Schon der Saisonauftakt mit den Rennen in Hockenheim, Oschersleben und am Lausitzring hatte es in sich. Zuerst der Horrorcrash von Tom Kristensen beim ersten Rennen in Hockenheim, dann die Gebrauchtwagendominanz in Oschersleben und schließlich das Chaosrennen in der Lausitz - langweilig war es nicht.

Titel-Bild zur News: Bruno Spengler

Am Norisring konnte Bruno Spengler seine C-Klasse wieder richtig herzen

In den nächsten Rennen machte sich die DTM auf Europareise, und auch da ging es turbulent weiter. Im zweiten Teil unseren Rückblicks fassen wir für Sie noch einmal die Rennen Nummer vier bis sieben zusammen, von Brands Hatch bis zum denkwürdigen Zieleinlauf in Zandvoort.#w1#

10. Juni: Rekordchampion Schneider siegt in Brands Hatch

Am zweiten Juni-Wochenende trat die DTM zu ihrem ersten Auslandsrennen der Saison an, in Brands Hatch vor den Toren von London. Auf der Berg- und Talbahn in der englischen Grafschaft Kent meldete sich einer zurück im Titelrennen, für den die Saison bisher nur mäßig erfolgreich verlaufen war: Rekordchampion Bernd Schneider. Nach 83 ereignisreichen Runden fuhr Schneider als Sieger über die Ziellinie, der amtierende Champion hatte seine Klasse einmal mehr unter Beweis gestellt und konnte von Startplatz sechs aus seinen ersten Saisonsieg und seinen 42. Karrieresieg holen.

"Es waren sehr harte Runden, aber es hat geklappt, ich bin total glücklich, ich hätte nicht gedacht dass ich gewinnen kann. Aber meine Strategie war perfekt und mein Auto war gut", freute er sich danach. "Ich gebe immer mein Bestes. Wir haben ein gutes Auto und es sind noch sechs Rennen", erklärte er mit Blick auf Meisterschaftskampf.

In der Gesamtwertung holte sich Audi die Doppelführung zurück. Mit Schneider standen zwei Abt-Piloten auf dem Podium: Martin Tomczyk und Mattias Ekström. Während Schneider auf zwei frühe Boxenstopps gesetzt hatte, wählte Tomczyk genau die entgegen gesetzte Strategie und kam sehr spät rein. Ihn brachte das von Startplatz acht auf Rang zwei. Damit war der Rosenheimer neuer Spitzenreiter der DTM mit 20 Punkten. Ekström (Startplatz vier), fuhr als Dritter auch aufs Podest und lag damit in der Gesamtwertung mit 18 Punkten auf Rang zwei.

Bernd Schneider

Bernd Schneider meldete sich mit dem Sieg in Brands Hatch zurück im Titelkampf Zoom

Der bis dahin Gesamtführende Paul di Resta hatte ausgerechnet bei seinem Heimrennen Pech. Er war in einen Massencrash in der zweiten Kurve verwickelt und musste sein Rennen bereits kurz nach dem Start im Kiesbett beenden.

In Brands Hatch kam auch Tom Kristensen erstmals nach seinem schweren Unfall vom Saisonauftakt an die Rennstrecke. Am Samstagabend drehte er einige Runden im DTM-Auto und wusste danach: Es geht wieder. Er war fit genug, um eine Woche später in Le Mans anzutreten und zwei Wochen später am Norisring sein Comeback in der DTM zu geben.

24. Juni: Spengler jubelt am Norisring

Traditionell lockte Ende Juni das Saisonhighlight die Massen an den Norisring. Rund um die Steintribüne herrschte volles Haus und auch die Promis kamen zahlreich. Die meisten Blicke zog dabei "James Bond" Roger Moore auf sich. Nachdem monsunartige Regenfälle für ein turbulentes Qualifying gesorgt hatten, blieb es im Rennen trocken.

Von der Pole Position holte sich Mercedes-Pilot Bruno Spengler seinen ersten Saisonsieg. Spengler war damit der fünfte Sieger im fünften Saisonrennen. Bernd Schneider, der als Dritter losgefahren war, holte nicht nur Rang zwei - der Rekordchampion übernahm auch die Führung in der Gesamtwertung. Mattias Ekström kam als Dritter über die Ziellinie und sammelte damit sechs wertvolle Punkte im Meisterschaftskampf. Von Platz sieben gestartet, zahlte sich seine Frühstopp-Strategie zweifelsohne aus. Tom Kristensen fuhr bei seinem Comeback auf die fünfte Position und eröffnete damit sein Punktekonto.

Roger Moore

"James Bond" Roger Moore zog beim Rennen am Norisring alle Blicke auf sich Zoom

Zu den Pechvögeln des Rennens gehörten Martin Tomczyk und Mika Häkkinen. Der bis dahin Gesamtführende Tomczyk wurde zu Beginn des Rennens von Susie Stoddart gerammt und musste sein Auto in der Box abstellen. Häkkinen war als Zweiter gestartet und hatte den Sieg vor Augen - allerdings kam eine Safetycarphase für ihn so unglücklich, dass er zurückfiel auf Rang neun und ohne Punkte abreisen musste.

15. Juli: Hitzeschlacht in Mugello

Hochsommer in den Hügeln der Toskana - hier hechelte alles und suchte Schutz in wohl klimatisierten Räumen. Das Thermometer kletterte täglich auf über 40 Grad Celsius - und obwohl das Rennen erst am späten Nachmittag gefahren wurde, mussten die Piloten in ihren Cockpits unter fast tropischer Hitze leiden.

Das Rennen hatte eine große Überraschung parat: Mercedes-Pilot Mika Häkkinen gewann von Platz 15 und brach damit die das ganze Wochenende vorherrschende Audi-Dominanz in Mugello. Audi-Pilot Mattias Ekström erreichte nach einer viel versprechenden ersten Rennhälfte nur den zweiten Platz als einziger Abt-Pilot in den Top Ten. Der Schwede war danach neuer Tabellenführer. Paul di Resta (2005er Mercedes C-Klasse), der von Platz zwölf ins Rennen ging, wurde Dritter.

Wieder hatte eine Safetycarphase die entscheidende Rolle gespielt. Diesmal war Häkkinen das Glück hold: Er ging früh in die Box - und hatte beide Stopps absolviert, bevor nach einem Abflug von Alexandros Margaritis in der 13. Runde das Safetycar auf die Strecke kam. Während alle anderen in die Boxengasse abbogen, setzte sich der Finne an die Spitze und fuhr den Konkurrenten beim Restart in Runde 16 davon. Ekström machte zwar bis ins Ziel Jagd auf Häkkinen, er zog in dem rundenlangen, atemberaubenden Duell aber doch den Kürzeren.

Mika Häkkinen Mattias Ekström

Mika Häkkinen und Mattias Ekström lieferten sich in Mugello ein heißes Duell Zoom

"Du musst immer daran glauben", sagte der Finne nach seinem Sieg. "Du musst an dich glauben, an das Auto, an das Team. Du musst immer pushen. Ich bin lang genug im Motorsport, um zu wissen, dass man auch wieder ganz oben steht - das heute war der Beweis dafür. Heute war ein ganz besonderer Tag."

Ekström freute sich über die zurückeroberte Tabellenführung - und gönnte Häkkinen den Sieg: "Ich habe gehofft, dass sie nicht mit dem Safety-Car kommen. Leider sind sie doch mit dem Safety-Car herausgekommen", erklärte der Schwede nach dem Rennen. "Als das Safety-Car kam, sagte ich mir 'Oh nein'. Ich kam aus der Box und sah Mika. Aber wenn irgendein Fahrer es verdient hat, seinen Stopp vor dem Safety-Car zu machen, war er es. Gott im Himmel oder sonst irgendjemand hat das wohl möglich gemacht. Am Norisring war er derjenige, der noch nicht in der Box war. Glück kommt und geht."

Martin Tomczyk erlebte nach seiner Nullnummer am Norisring einen weiteren Rückschlag im Titelkampf. Nach dem Restart drehte sich auf der Strecke und traf dabei Gary Paffet, der dadurch wiederum Christian Abt rammte. Alle drei konnten das Rennen nicht mehr fortsetzen. Sichtlich enttäuscht verzog sich Tomczyk in der Hospitality.

Einen Fahrerwechsel gab es in Mugello bei Futurecom TME: Adam Carroll hatte die DTM nach fünf Rennen wieder verlassen und war zurückgekehrt in die GP2, wo er schon im zweiten Rennen nach seinem Comeback seinen ersten Saisonsieg holte. Seinen Audi-Jahreswagen übernahm Markus Winkelhock, der zuvor schon als Eratzpilot für Tom Kristensen im aktuellen A4 gefahren war. Mit Platz neun zeigte der Schwabe in Mugello, dass er auch im 2006er-Modell keine allzu großen Anlaufschwierigkeiten hatte.

Markus Winkelhock

Markus Winkelhock übernahm in Mugello das Cockpit von Adam Carroll Zoom

29. Juli: Geschenkter Sieg in Zandvoort

Seit dem Rennen am EuroSpeedway Lausitz hatte es schon lange keinen Grund mehr für hitzige Debatten in der DTM gegeben - das sollte sich in Zandvoort ändern. Audi zeigte kurz vor dem Ziel, was Teamarbeit im Tourenwagensport alles beinhalten kann.

Bis wenige Meter vor dem Ziel sah es nach einem Sensationssieg für Alexandre Prémat im Jahreswagen von Audi aus - doch kurz vor der Ziellinie ließ der Franzose seinen Kollegen Martin Tomczyk, den er einige Runden vorher überholt hatte, wieder passieren und schenkte ihm den Sieg. Dank Teamarbeit nach vorn gebracht wurde auch Mattias Ekström: Nach einem verpatzten Boxenstopp und zeitintensiven Zweikämpfen war der Schwede zeitweilig zurückgefallen auf Rang neun. Er konnte sich wieder zurückfighten bis auf den vierten Platz. In der letzten Runde ließ ihn sein drittplatzierter Teamkollege Timo Scheider noch passieren, Ekström damit wurde damit Dritter und blieb Gesamtführender.

Siegerpodest Zandvoort

Das nicht ganz dem Rennverlauf entsprechende Siegerpodest in Zandvoort Zoom

Während die Ingolstädter die geschenkten Positionen damit begründeten, dass man als Team alles tun muss, um in der Meisterschaft die beste Ausgangslage zu haben, äußerten die Fans auf den Tribünen ihren Unmut mit lauten Pfiffen. Erste Stimmen wurden laut, dass man auch in der DTM über ein Verbot der Stallorder wie in der Formel 1 nachdenken sollte.

Richtig sauer war Mercedes-Benz-Pilot Bruno Spengler, der auf Rang fünf gelandet war. Er wurde zunächst in der Box von Christian Abt gerammt, wenige Runden vor Schluss wurde er dann mehrfach von Scheider angerempelt, der schließlich auch an ihm vorbeikonnte. "Ich muss sagen, dass Audi heute sehr unfair war, das war kein Racing mehr", schimpfte Spengler. "Die haben alles gemacht, damit ich nicht aufs Podest komme. Scheider hat mich dreimal gerammt, Abt auch. Wenn ich ein Audi-Fahrer wäre, wäre ich heute nicht stolz auf den Sieg."

Da auch Bernd Schneider durch eine Feindberührung mit Tom Kristensen weit zurückgeworfen wurde, warf Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug Audi danach unfaire Attacken vor und fand es unverständlich, dass die Aktionen nicht bestraft wurden.

In der fünfwöchigen Sommerpause, die nach Zandvoort folgte, hing der Haussegen in der DTM mächtig schief. Haug sparte nicht mit verbalen Attacken gegen die Ingolstädter und kritisierte laut die rabiate Audi-Fahrweise in Zandvoort sowie die offensichtliche Stallregie. Audi Sportchef Wolfgang Ullrich konterte und warf seinem Stuttgarter Kollegen vor, scheinheilig und ein schlechter Verlierer zu sein. "Wir sollten ruhig und fair bleiben und nicht medienwirksam in Mikrofone und Kameras sprechen, um so den Erfolg des Gegners zu schmälern", so Ullrich in der Sommerpause.