AF Corse fordert mehr Sicherheit bei DTM-Stopps: "Sollten Motor ausmachen"

AF-Corse-Sportdirektor Ron Reichert fordert, dass beim Stopp aus Sicherheitsgründen der Motor ausgemacht wird: Warum Mercedes-AMG ein Performance-Thema sieht

(Motorsport-Total.com) - AF-Corse-Sportdirektor Ron Reichert sorgt sich trotz der 2022 eingeführten Maßnahme, dass bei den DTM-Stopps zuerst die Hinterreifen gewechselt werden müssen, um die Sicherheit. "Wir waren schon immer dafür, dass die Motoren beim Stopp ausgemacht werden", stellt Reichert im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' klar.

Titel-Bild zur News: Ayhancan Güven

Die AF-Corse-Piloten drehen bei den Stopps schon 2022 den Motor ab Zoom

"Wir haben das mehrmals vorgeschlagen, dass es alle machen. Es sind auch die meisten Hersteller dafür gewesen, aber nicht alle. Deswegen haben wir uns zu Saisonbeginn entschlossen, es trotzdem zu machen, auch wenn es nicht vorgeschrieben ist."

Der Hintergrund sei der Schutz seiner Boxencrew: "Für uns ist Sicherheit das wichtigste Thema - und das ist relativ leicht umsetzbar", so Reichert.

Warum AF Corse Notfall-System bei Stopp nicht mehr nutzt

Tatsächlich hat das Ferrari-Team in der Teammanager-Arbeitsgruppe mehrmals eingefordert, dass der Motor während des Stopps verpflichtend ausgeschaltet werden muss. So soll verhindert werden, dass sich die Räder auch bei einem versehentlichen Abrutschen des Fahrers vom Bremspedal nicht zu drehen beginnen, während der Mechaniker die Hand an der Felge hat.

Dabei hätte der Ferrari 488 GT3 Evo sogar ein Notfall-System, das derartige Unfälle verhindern würde. Warum man es nicht nutzt? "Mit unserem Feature, dass der Motor ausgeht, wenn die Räder durchdrehen, waren wir im Vorjahr nicht ganz zufrieden, weil wir einige Male Zeit verloren haben", verweist er darauf, dass die damalige Piloten Liam Lawson und Alex Albon mehrmals am Ende des Stopps den Motor abwürgten.

Regeländerung für ITR aktuell kein Thema

Aber warum ist AF Corse das einzige Team, das beim Stopp den Motor ausmacht? Und warum ist diese Regelung noch nicht verpflichtend eingeführt worden? Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' befindet sich die DTM-Dachorganisation ITR diesbezüglich in einem offenen Austausch mit Teams und Herstellern, möchte das Reglement aber nicht während der Saison ändern.

Zumal man die aktuelle Regelung, die als Konsequenz auf den Boxenstopp-Unfall bei Abt in Hockenheim 2021, bei dem der nunmehrige Abt-Technikkoordinator Manuel Stadler eine schwere Handverletzung davontrug, aktuell für sicher genug erachtet.

Motor-Aus: Wäre AF Corse dadurch im Vorteil?

Und warum unterstützen nicht alle Teams und Hersteller den AF-Corse-Vorstoß? Das hat auch Performance-Hintergründe. Denn beim Mercedes-AMG GT3 ist im Gegensatz zu allen anderen DTM-Fahrzeugen keine elektrohydraulische Kupplung, sondern ein mechanisches System eingebaut, wie es auch im Straßenverkehr genutzt wird.

Zudem verfügt ein Saugmotor, wie ihn Mercedes-AMG, Porsche, Audi und Lamborghini nutzen, über eine höhere Verdichtung und lässt sich dadurch schwerer mit dem Anlasser drehen als ein Turbomotor, wie er beim Ferrari und beim BMW genutzt wird.

"Wenn es beim Startverhalten große Unterschiede zwischen den Fahrzeugen gibt, dann muss das natürlich mitberücksichtig werden", erklärt der Mercedes-AMG-DTM-Verantwortliche Thomas Jäger im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Und die gibt es in unserem Fall definitiv. Ein 6,3-Litermotor mit einem Serienanlasser, der nicht darauf ausgelegt ist, hat diesbezüglich definitiv ein paar Nachteile."

AMG-DTM-Chef Jäger: Von Vorschlag "nicht alle überzeugt"

Für Jäger ist auch klar, dass dieser Nachteil beim Ferrari von AF Corse nicht gegeben ist. "Wenn du etwas freiwillig machst, dann hast du dadurch keinen Nachteil."

Maro Engel

Der Mercedes-AMG GT3 hat beim Start direkt nach dem Anlassen einen Nachteil Zoom

Wie der ehemalige DTM-Fahrer die Sicherheit bei den Stopps mit der aktuellen Regelung einschätzt? "Leider ist in der Vergangenheit dieser Unfall passiert, auch wenn es der einzige in 25 Jahren war. Deswegen ist es absolut richtig, die Fahrer zu sensibilisieren, dass sie beim Stopp auf der Bremse bleiben. Das haben wir auch aktiv kommuniziert."

Auch die Regeländerung, dass seit dieser Saison hinten zuerst der Reifen gewechselt werden muss, "ist absolut richtig - und für alle gleich." Vom Vorschlag, dass der Motor beim Stopp verpflichtend abgedreht werden muss, seien aber laut Jäger "nicht alle überzeugt gewesen".

Dennoch lege man auf Sicherheit großen Wert, betont der DTM-Verantwortliche der Marke mit dem Stern: "Das sieht man alleine bei unserem Fahrzeugkonzept. Wir waren die ersten, die eine Kohlefaser-Sitzkiste eingeführt haben. Und wir haben weitreichende Sicherheitsmaßnahmen in die Autos eingebaut, die damals gar nicht vorgeschrieben waren."

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