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Doornbos: "Wer hart arbeitet, darf auch kräftig feiern!"
In seiner Kolumne berichtet der San Jose-Sieger über seine Zeit als "Tourist" vor dem Champ Car-Lauf und das turbulente Rennen mit sensationellem Ausgang
(Motorsport-Total.com) - Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

© Champ Car World Series
Robert Doornbos mit Neel Jani (li.) und Oriol Servia (re.) auf dem Sieger-Podest
was für eine Woche! Am Montag vor dem San Jose-Rennen waren wir in San Francisco zum Sightseeing, ich war noch nie dort gewesen, und es hat richtig Spaß gemacht, zusammen mit meinem Trainer Nick Tourist zu spielen. Da San Jose nur etwa 40 Minuten südlich liegt, hatten wir am Donnerstagmorgen auch keinen Stress auf dem Weg zur Strecke.
Mein guter Freund Tony Phillipi kennt die Gegend dort sehr gut und hatte angeboten, sie uns zu zeigen. Das war klasse, denn er hat ein kleines Wasserflugzeug gemietet. Wir sind in der Bucht von San Francisco gestartet, sind über die berühmte Golden Gate Brücke und über die Insel mit dem berüchtigten Alcatraz und natürlich über die wirklich schöne City geflogen.#w1#

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Großartig war vor allem auch, wie locker das Flugzeug vom Wasser gestartet ist und wie sanft die Landung war! Der Felsen Alcatraz ist echt etwas ganz Spezielles, vor allem wenn man bedenkt, dass dort auf dieser kleinen Felseninsel direkt vor der Stadt die größten Kriminellen ihre Strafen abgesessen haben. Es sieht aus, als könne man einfach vom Felsen springen und direkt in Richtung Küste schwimmen, aber das kann man gleich vergessen, denn die Strömung ist so stark, dass man ertrinken würde. Dazu ist es ganz schön kalt, und es warten gleich auch noch einige große, hungrige Haie.
Am Nachmittag haben wir unsere Tour fortgesetzt und waren in den Muir-Wäldern. Es war ziemlich beeindruckend! Man muss sich das nur mal vorstellen, die Bäume sind so hoch wie Wolkenkratzer, da fühlt man sich selbst ganz schön klein!

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Nach zwei Tagen Sightseeing und Training sind wir nach San Jose gefahren und ich konnte meinen Augen nicht trauen als ich unser Hotel sah - das 'Hilton' ist dort tatsächlich direkt in der Boxengasse! Für mich hieß das, dass ich morgens durch Motorensound aufgewacht bin, weil meine Mechaniker mein Auto vorbereitet haben. Ganz schön luxuriös!
Den Kurs selbst habe ich beim Ablaufen ziemlich schnell gelernt, er hat nur fünf Kurven und macht auf den ersten Blick den Eindruck einer Mickey Maus-Strecke, aber mit den großen und starken Champ Cars hat es viel Spaß gemacht!
Das Auto hat sich vom ersten Training an sehr gut angefühlt, und wir haben es während der Sessions immer mehr verbessert, um für die entscheidende Qualifikation bereit zu sein, wenn der Kurs durch all das Gummi, den wir alle über die zwei Tage auf dem Asphalt gelassen haben, super schnell geworden ist.

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Doch in dem Moment, als es losging, konnte ich den ersten Gang nicht einlegen! Die Mechaniker haben super schnell und hart gearbeitet, um die Problemursache heraus zu finden und ich habe mir selbst immer wieder gesagt, dass ich ruhig bleiben muss, während die anderen alle ihre schnellen Rundenzeiten hingelegt haben. Das war nicht einfach!
Als ich dann endlich 'rausfahren konnte, gab es keine Chance mehr, eine schnelle Runde zu fahren, und wir landeten auf dem 15. Platz - ein Desaster! Dazu kam noch, dass gerade dies die Strecke ist, auf der es wahrscheinlich am schlimmsten ist, ganz hinten zu stehen, da die erste Kurve eine sehr enge 180-grad-Haarnadelkruve ist. Ups!
So ist das aber im Leben eines professionellen Rennfahrers, auch das ist Teil des Ganzen, und man muss mit solchen Enttäuschungen schnell fertig werden, um sich wieder auf den Job zu konzentrieren und dennoch das bestmögliche aus einem Wochenende herauszuholen, auch wenn es Probleme gibt.

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Also habe ich am Samstagabend meine PR-Arbeit bei einem Teamdinner mit den Sponsoren mit einem Lächeln absolviert, denn ich wusste, dass wenn wir ein problemfreies Rennen haben würde, ich dennoch nach vorne fahren könnte, denn wir hatte ja in den Trainings bewiesen, dass unser Wagen sehr konkurrenzfähig war. Es ließ sich am Sonntagmorgen im Warm Up auch alles gut an, wir fuhren die schnellste Runde, aber nach einigen Runden brach die Kupplung und ich begann mir Sorgen zu machen.
Doch die Ingenieure und Mechaniker haben einen großartigen Job gemacht und das Auto für das Rennen gut hinbekommen. Unser Start war etwas später als normalerweise, da in Indianapolis das berühmte Brickyard 400 NASCAR-Rennen lief, zu dem nicht nur unglaublich viele Zuschauen hinkommen, sondern auch sehr viele Fernsehzuschauer einschalten. Damit wollten wir ja nicht konkurrieren, also haben wir unser Rennen gestartet, als deren Rennen fertig waren.

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Wie ich schon gesagt hatte, ist die erste Haarnadelkurve in San Jose zu eng für alle Autos, um problemlos hindurch zu kommen, und ich habe meinen Frontflügel verloren. Aber nach einem schnellen Boxenstopp und mit neuer Nase habe ich auf die schwarzen Bridgestone-Reifen gewechselt, die mit unserem Setup sehr schnell waren. Deswegen haben wir auch nach dieser ersten heißen Runde noch gut ausgesehen. Das Auto war sehr schnell, und unsere Entscheidung, mit weniger Abtrieb zu fahren als die Konkurrenz, zahlte sich aus, da ich die anderen in der ersten Kurve einfach ausbremsen konnte.
Und dann haben wir noch unsere Spritstrategie geändert, und ich konnte draußen bleiben als alle anderen in die Boxengasse mussten, um Benzin nachzutanken und Reifen zu wechseln - das war der Schlüsselpunkt für unser Rennen. Mein Ingenieur Michael sagte mir über Funk, ich müsste jetzt die nächsten zehn Runden wie Qualifikationsrunden fahren und alles geben um die anderen Autos zu überholen. Also bin ich zehnmal hintereinander die schnellste Rennrunde gefahren - es fühlt sich großartig an, wenn man wirklich so am Limit fahren kann!

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Danach war ich Zweiter, direkt hinter Neel Jani, und ich wusste, dass ich ihn in der ersten Kurve überholen konnte, und genau das habe ich dann auch gemacht. Das Manöver fühlte sich großartig an, und noch besser war das Gefühl, hier meinem zweiten Champ Car-Sieg der Saison entgegen zu fahren! Unser ganzes Minardi Muermanns-Team hat das verdient, und wir mussten hart arbeiten, um von ganz hinten nach vorne zu kommen!
Später am Abend sind wir zu einer Pilotenparty in der Innenstadt gegangen und haben auf den Sieg angestoßen. Und ich habe auch mit Justin Wilson angestoßen, denn er hat seinen Geburtstag gefeiert. Vielleicht hatte ich ein klein wenig zu viel angestoßen, ich habe mir heute Morgen etwas schwer getan, früh aufzustehen und zum Flughafen zu fahren. Aber - wie ich immer sage - wer hart arbeitet, darf auch kräftig feiern!

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Für das nächste Rennen in Elkhart Lake habe ich ein richtig cooles Wohnmobil organisiert, da die Strecke mitten in den Wäldern ist und es rundherum nicht viele Hotels gibt. Ich freue mich schon, mit meinen Jungs vom Team einen guten Grillabend zu veranstalten und dann nur noch in mein Motorhome klettern zu müssen - das fast so bequem ist, wie ein Hotel in der Boxengasse!
In diesem Sinne, bis bald,

