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  • 20.09.2014 12:26

Ex-Skistar Cuche: "Ich freue mich wie ein Kind"

Ex-Skirennläufer Didier Cuche gibt an diesem Wochenende auf dem Nürburgring im Team von Audi Race Experience sein Motorsportdebüt

(Motorsport-Total.com) - 20 Jahre lang war der Rennzirkus sein Zuhause - der Ski-Rennzirkus wohlgemerkt. Auf Skiern hat sich Didier Cuche einen Namen gemacht. Als ebenso geschmeidiger wie kraftvoller Abfahrer gewann der Schweizer allein fünfmal auf der berüchtigten "Streif" in Kitzbühel - so oft wie kein anderer Skirennfahrer.

Titel-Bild zur News: Didier Cuche, Nico Müller, Rahel Frey

Didier Cuche teilt sich den Audi mit der Nummer 1000 mit Rahel Frey und Nico Müller Zoom

Im Jahr 2012 stellte Cuche seine Bretter in die Ecke. Doch Geschwindigkeit ist auch heute noch das Metier des mittlerweile 40-Jährigen. Cuche hat die Skier gegen ein Rennauto eingetauscht, gegen einen Audi R8 LMS. Mit diesem Boliden wird der Schweizer an diesem Wochenende auf dem Nürburgring beim iRacing.com Nürburgring1000 sein erstes Rennen für die Ingolstädter bestreiten.

Im Interview spricht Cuche über seinen Wechsel in den Motorsport, über Gemeinsamkeiten mit dem Skirennsport und über die Unterschiede.

Frage: "Didier, die Fahrt in einem Renn-Audi ist noch weit schneller als selbst der wildeste Ritt auf der 'Streif'. Ist sie für dich auch reizvoller, interessanter?"
Didier Cuche: "Natürlich, es ist wieder etwas ganz Neues für mich. Als Skirennfahrer kommt mir sicher entgegen, dass wir auch im Motorsport eine ähnliche Prozedur durchgehen was die Wahl der Fahrlinie betrifft. Beim Rennautofahren musste ich in den vergangenen zwei Jahren aber noch so viel anderes lernen. Wie ich einen Lastwechsel mache, wie ich das Auto in der Kurve richtig stabil halte und so weiter. Das macht den Motorsport für mich so interessant, aber mitunter auch so schwierig. Manchmal habe ich mich über mich selbst geärgert, dass ich die Dinge nicht schneller lerne."

Frage: "Du bist also nicht eben als geduldiger Mensch bekannt..."
Cuche: "...war ich auch am Anfang meiner Karriere als Skirennfahrer nicht. Das ist aber normal. In Gedanken bist du weiter als du es vom Können her bist. Das hat nicht unbedingt mit Jugend zu tun, vielmehr mit Erfahrung. Wenn du merkst, okay, das beherrsche ich, dann erst kannst du den nächsten Schritt machen. Das habe ich als Skirennfahrer erkennen müssen. Diese Erkenntnis hilft mir jetzt auch im Motorsport weiter - meistens jedenfalls."

Frage: "Wie hart war die Motorsportschule bei Audi?"
Cuche: "Physisch ging es. Ich bin nie sehr lange an einem Stück gefahren, eine Stunde höchstens. Das habe ich gut beherrschen können. Du fährst ein paar Runden, kommst rein, besprichst dich mit dem Team, den Mechanikern. Du kannst den Kopf etwas lüften, bevor es dann wieder auf die Strecke geht."

Frage: "Entdeckst du gewisse Parallelen zwischen dem Rennskifahren und dem Rennautofahren?"
Cuche: "Ja, Parallelen und ganz bestimmte Unterschiede. Als Skirennfahrer rast du binnen zwei Minuten runter ins Ziel und versuchst, die beste Zeit hinzulegen. Das ist vergleichbar mit dem Qualifying im Motorsport. Da bist du auch allein auf der Strecke und willst die ideale Runde hinlegen. Der Unterschied kommt dann im Rennen, wenn du plötzlich auf Konkurrenz triffst. Ich bin die Formel Renault gefahren, um die internationale Lizenz zu machen. Da habe ich gemerkt, dass es im Kampf auf der Strecke ganz schön heftig zugeht. Ich habe gemerkt, dass ich viel zu lieb bin. Ich hatte zu viel Respekt - vor dem Auto, vor dem Material, vor dem Ganzen. Das muss ich noch lernen. Ich muss frecher werden."


Fotos: Blancpain-Endurance-Series auf dem Nürburgring


Frage: "Was war die Motivation, vom Skirennsport zum Motorsport zu wechseln. Warum nicht etwas, was entschleunigt wie das Bergsteigen zum Beispiel. Warum wieder die Geschwindigkeit?"
Cuche: "Ich glaube, das habe ich im Blut. Viele Leute haben mich gefragt, ob mir nach meinen Rücktritt das Skirennfahren nicht fehlt. Ich habe gesagt: Nein. Das konnte ich aber wohl nur sagen, weil ich das fehlende Skirennfahren mit dem Motorsport kompensiert habe. Das ist ein guter nächster Schritt für mich in ein neues Leben. Immer wieder ein Adrenalinkick, das tut gut, macht Spaß. Autofahren hat mich schon immer fasziniert. Wenn ich das nun in einem Rennauto selbst erleben kann, das ist irrsinnig schön."

Frage: "Der Audi R8 ist aber nicht neu für dich..."
Cuche: "...nein, auf dem R8 habe ich die gesamte Schulung gemacht und bin auch oft hier auf dem Nürburgring gefahren. Deshalb auch die Entscheidung, jetzt mein erstes Rennen im Audi auf einer Strecke zu absolvieren, die ich gut kenne."

Frage: "Risiko ist dir ja nicht fremd. Als Skirennfahrer trugst du nur einen dünnen Anzug. Hier hast du zumindest noch ein bisschen Blech um dich herum. Macht dich das eventuell risikofreudiger?"
Cuche: "Als Skirennfahrer nimmst du es nach 20 Jahren nicht mehr wahr, dass du halbnackt den Berg runterfährst. Erst wenn du einen Fehler machst, hast du den Adrenalinschub und denkst, hoppla, das könnte wehtun. Ja, kann sein, dass ich mich im Auto ein bisschen sicherer fühle. Zum Glück habe ich noch nie etwas kaputt gemacht, hatte noch nie einen Einschlag. Ich glaube, erst dann werde ich registrieren, dass auch das schmerzhaft sein kann. Es stimmt aber, man hat schon irgendwie einen Käfig um sich und fühlt sich dadurch etwas sicherer."

Frage: "Welche Ziele hast du dir in deinen neuen, zweiten Sportlerleben gesetzt?
Cuche: "Ich weiß nicht. Das ist ein erster Schritt. Ich hoffe, dass ich gut zurechtkommen werde, mein Bestes umsetzen kann. Vieles ist neu für mich. Ich bin wie ein Kind, schaue auf alles mit großen Augen. Voller Vorfreude, aber auch mit einer gewissen Nervosität und vor allem mit Respekt. Ich werde sicher ehrgeizig sein. Dann schauen wir mal, was dabei herauskommt."