• 28.07.2022 11:44

  • von Stefan Wagner

Volkswagen feuerte Diess wegen Cariad-Software-Fiasko

Große Software-Probleme bei Cariad, die den Start wichtiger Porsche- und Audi-EVs verzögern, waren der finale Sargnagel für den Konzern-Lenker

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Die Entscheidung des Volkswagen-Konzerns, Herbert Diess als Vorstandsvorsitzenden von seinen Aufgaben zu entbinden, kam letzte Woche für viele überraschend. Allerdings gab es bereits seit längerem Anzeichen, dass etwas im Busch sein könnte.

Titel-Bild zur News: Herbert Diess am VW ID.4

Herbert Diess am VW ID.4 Zoom

Bereits im Dezember 2021 wurde beschlossen, dass Diess die Leitung der Kernmarke Volkswagen abgeben muss. Seitdem hatte er die Aufsicht über die Software-Division Cariad. Deren schwache Performance, über die erst letzte Woche pikante Details an die Öffentlichkeit kamen, dürfte den Konzernlenker endgültig den Kopf gekostet haben.

Bloomberg berichtet, dass Diess für die schwerwiegenden Entwicklungsverzögerungen verantwortlich gemacht wird, welche die geplanten Marktstarts elementarer Elektroauto-Projekte von Porsche (Macan Elektro), Audi (Project Artemis) und Bentley blockieren.

Cariad-Fiasko nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte

Für den Konzern war das offenbar inakzeptabel, nicht zuletzt, weil Softwareprobleme auch für Verzögerungen beim Start der VW ID.-Modelle gesorgt haben. Zudem müssen Kunden ihre Fahrzeuge für Updates nach wie vor zum Händler bringen. Over-the-Air ist das nicht möglich.

Während das Cariad-Fiasko womöglich der Tropfen war, der das Fass zum überlaufen brachte, wurden Diess immer wieder auch weitere Fehler vorgeworfen. Sein nüchterner, wenig teamorientierter Führungsstil soll ihn im Unternehmen zusehends isoliert haben. Speziell nach wiederholten Streitigkeiten mit Betriebsrat, IG Metall und dem Land Niedersachsen.

Letztlich waren es aber die Fehler rund um die Software-Einheit Cariad, die Diess selbst in den Augen seiner Fürsprecher nicht mehr tragbar machten. Die Familien Porsche und Piëch, welche den Volkswagen-Konzern kontrollieren, konnten ihre schützende Hand unter diesen Umständen nicht mehr über Diess halten und veranlassten sein Aus, während der Chef letzte Woche auf einem US-Trip war.

Überführung ins digitale Zeitalter als Stolperstein

Am 20.Juli entschied der Aufsichtsrat schließlich, dass Diess' Zeit abgelaufen ist. Diess wurde darüber am nächsten Tag informiert und man gab ihm 24 Stunden für eine Antwort. Nach Beratungen mit seinen Anwälten beschloss auch Diess, dass es Zeit ist, zu gehen. Am 22. Juli machte Volkswagen die Entscheidung publik.

Der Fall Herbert Diess zeigt nur zu gut, welchen Herausforderungen sich Lenker von Industrie-Giganten gegenübersehen, wenn sie versuchen, den Betrieb fürs digitale Zeitalter fit zu machen.

Signifikante Veränderungen wie diese verursachen häufig Interessenkonflikte innerhalb des Unternehmens. Man denke da nur an Diess' extreme Fokussierung auf Elektrifizierung. Oder die verpatzte Markteinführung des Golf 8, der in diesem Zusammenhang fast schon stiefmütterlich behandelt wurde.

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Für Diess wird ab dem 1. September Porsche-CEO Oliver Blume übernehmen, der aber weiterhin Chef des Sportwagenbauers bleibt. Blume ist seit 2013 im Porsche- und seit 2018 im VW-Konzern-Vorstand. Er gilt als Teamplayer und schlauer Navigator in den diversen Lagern des Konzerns. Eine seiner ersten und wichtigsten Aufgaben dürfte es sein, den Schlamassel bei Cariad zu beseitigen.

Quelle: Bloomberg

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