• 18.03.2024 12:04

  • von Stefan Leichsenring

Mercedes EQXX braucht nur 7,4 kWh/100 km in der Wüste

Mercedes nutzt seinen Versuchsträger weiter zur Prüfung von einzelnen Technologien - Nun ging es offenbar um hohe Temperaturen

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Ein ideales Elektroauto für die Langstrecke hat eine hohe Reichweite, einen niedrigen Stromverbrauch und kurze Ladezeiten. Beim Mercedes Vision EQXX kann man zumindest die ersten beiden Punkte abhaken, denn der Wagen schafft locker 1.000 km mit einer Ladung und verbraucht extrem wenig. Auf einer neuen Testfahrt zeigte das Versuchsfahrzeug, dass beides auch bei hochsommerlichen Temperaturen möglich ist.

Titel-Bild zur News:

Mercedes Vision EQXX von Riad nach Dubai Zoom

Die dritte Verbrauchsfahrt der Studie führte von Riad in Saudi-Arabien nach Dubai. Gefahren wurden 1.010 km, von der Mercedes-Vertretung in Riad über Harad zur Niederlassung in Dubai. Laut Google Maps geht es auf den ersten 530 km quer durch die Wüste, danach an der Küste des Persischen Golfs entlang.

Dabei erreichte der Wagen einen Stromverbrauch von 7,4 kWh/100 km. Der Wert versteht sich allerdings ohne Ladeverluste - die zum Beispiel beim WLTP-Verbrauch mit berücksichtigt werden. Allgemein können die Verluste beim Laden mit 11 kW Wechselstrom fünf bis 10 Prozent betragen, wie der ADAC einmal ermittelte.

Bei den bisherigen Verbrauchsfahrten benötigte der Wagen einmal 8,7 kWh/100 km (von Sindelfingen nach Cassis) und einmal 8,4 kWh/100 km (von Untertürkheim nach Goodwood). Mit dem neuen Verbrauchswert von 7,4 kWh verbesserte sich der EQXX also nochmal deutlich - und das bei Außentemperaturen von bis zu 34 Grad.

Mercedes Vision EQXX

Der EQXX ist fast fünf Meter lang und extrem aerodynamisch Zoom

Bei einem Verbrauch von 7,4 kWh und 1.010 km Strecke wurden dem Akku wohl insgesamt knapp 75 kWh entnommen. Demnach war die Batterie wohl noch lange nicht leer, denn die Gesamtkapazität gibt Mercedes "<100 kWh" oder "rund 100 kWh" an. Und in der Tat betrug die Restreichweite bei der Ankunft noch satte 309 km. Demnach hätte das Auto auch über 1.300 km ohne Nachladen geschafft. Die Durchschnittsgeschwindigkeit ohne Pausen lag bei verbrauchsfreundlichen 79 km/h, es wurde aber auch mal mit 120 km/h gefahren.

In der Hitze der Wüste erhielt das Thermomanagement des Wagens seinen Ritterschlag. Es hielt den Antriebsstrang und den Innenraum kühl. Die Klimaanlage war in Betrieb, doch das hatte laut Mercedes "nur minimal negative Auswirkungen auf die Effizienz".

Mercedes Vision EQXX

Mercedes Vision EQXX Zoom

Ein Grund dafür sei die "Multi-Source-Wärmepumpe" des EQXX. Welche Kältequellen dabei genutzt werden, verrät Mercedes nicht. Ein ähnliches System soll jedoch beim Concept CLA Class zum Einsatz kommen. Zur Wärmepumpe dieser Studie schrieb Mercedes: "Sie entzieht dem Antriebsstrang und der Außenluft Wärme - selbst bei Minusgraden -, um den Innenraum des Concept CLA Class zu heizen." Analog wird es wohl beim Kühlen sein; dann muss die Wärmepumpe halt andersherum laufen.

Auch das Solardach wurde in der Wüstensonne geprüft. Die 117 Solarzellen versorgen diverse Nebenverbraucher mit Strom, was den Energiebedarf senkt. Auf der mit Pausen 14h42 langen Fahrt wurden 1,8 kWh Solarstrom erzeugt, was die Reichweite um immerhin 24 Kilometer erhöhte.

Mercedes Vision EQXX

Mercedes Vision EQXX Zoom

Zu den wichtigsten Einflüssen auf den Verbrauch gehört jedoch auch der Mensch am Steuer. Die Aufgabe wurde hier von einem erfahrenes Expertenteam übernommen. Unterstützt wurden die Fahrerinnen und Fahrer durch den "intelligenten Effizienz-Assistenten". Er sammelt unter anderem Daten zur Richtung und Intensität von Sonne und Wind. Bei Seitenwind entlang der Küste half das System, das Tempo anzupassen. Und bei Stopps wurde das Auto mit Hilfe des Assistenten so ausgerichtet, dass möglichst viel Solarstrom erzeugt wurde.

In den zwei Jahren seit der Vorstellung des Vision EQXX legte der Versuchsträger über 23.000 Kilometer zurück. Der Wagen hat einen cW-Wert von 0,17 bei einer Stirnfläche von 2,12 m2. Angetrieben wird das fast fünf Meter lange, aber nur 1,35 Meter hohe und nur 1,8 Tonnen schwere Auto von einem einzigen 180-kW-Motor - offenbar stieg die Leistung, denn im Januar 2022 war noch von 150 kW die Rede. Verwendet wird eine modifizierte Version des Antriebsstrangs eATS 2.0 mit zwei Gängen. Strom wird auch durch die Siliciumcarbid-Technik des Inverters gespart.


Fotostrecke: Mercedes Vision EQXX

Das System arbeitet mit einer Spannung von über 900 Volt, doch die maximale Ladeleistung liegt bei vergleichsweise enttäuschenden 100 kW, und mit Wechselstrom kann man gar nicht laden. Zur Begründung hieß es bei Mercedes, Laden mit wenig DC-Leistung sei am effizientesten. Die geringsten Verluste hätte man mit 11 kW Gleichstrom - in dieser Hinsicht ist der EQXX also ziemlich realitätsfern.

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Unter dem Strich

Mercedes nutzt seinen Versuchsträger EQXX weiter intensiv zur Verbesserung von Technologien wie der Wärmepumpe, dem Solardach und dem Effizienzassistenten. Die Technik wird dann wohl bei den Autos auf Basis der Mercedes Modular Architecture (MMA) genutzt, wie dem Mercedes CLA oder der elektrischen C-Klasse.

Quelle: Mercedes (EQXX), Mercedes (Concept CLA Class)

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