Batteriemarkt: Dramatischer Preisverfall durch Zell-Überangebot
Die Preise für Lithium-Ionen-Zellen sind in den letzten Jahren dramatisch gefallen - Man darf sich freuen, doch die Zellen kommen aus Asien
(Motorsport-Total.com/Motor1) - Von rund 500 auf nur noch 60 Dollar pro Kilowattstunde: Die Batteriepreise sind in den letzten zehn Jahren dramatisch gefallen. Als die Lithium-Ionen-Zellen im Jahr 1991 auf den Markt kamen, kostete die Kilowattstunde zwischen 3.000 und 8.000 Dollar. Wegen ihrer hohen Energiedichte wurden sie auch gekauft und zunächst in professionellen Camcordern eingesetzt, erzählt Professor Dirk-Uwe Sauer, Batterieexperte von der RWTH Aachen im obigen Video des Batteriepodcasts Geladen.
© InsideEVs Deutschland
Batterie-Tsunami (KI-generiertes Symbolbild) Zoom
NMC-Zellen für Elektroautos kosten demnach heute nur noch etwa 80 bis 100 Euro je kWh, bei LFP sind es sogar 60 Euro. Batteriepakete sind rund 20 bis 30 Prozent teurer. Auch hier ist der Preisverfall deutlich gewesen; so gibt es Cell-to-Pack-Konzepte, bei denen man sich die Module spart, erklärt Sauer in dem Interview.
Ein Grund für die gesunkenen Zellpreise ist, dass das Zell-Angebot seit Mitte 2023 die Nachfrage übersteigt - weil die Fabriken schneller ausgebaut wurden als die Elektroauto-Produktionszahlen stiegen. Seitdem können sich die Autohersteller die Zellen aussuchen. Dazu kamen laut Sauer die gefallenen Rohstoffpreise. Beispielrechnungen des Akku-Fachmanns zeigen, dass die Materialkosten für NMC811-Kathoden, die im Frühjahr 2022 noch bei 78 Dollar je kWh lagen, zwei Jahre später nur mehr 29 Dollar betrugen.
Lithium um den Faktor sieben günstiger
So wurde zum Beispiel an der maßgeblichen Börse in China der Rohstoff Lithium um den Faktor sieben günstiger, erzählt Sauer. CATL findet deshalb Natriumionen-Zellen derzeit wirtschaftlich uninteressant, weil sie eine geringere Energiedichte haben als Lithiumeisenphosphat (LFP), aber nicht günstiger sind als die gut etablierten, sehr robusten LFP-Zellen.
Batteriepreise auf Rekordtief
Auch die Preise für Nickel und Cobalt gaben nach. Das kommt unter anderem daher, dass in China verstärkt LFP eingesetzt wird: Laut Sauer hatten letztes Jahr 70 Prozent der chinesischen Elektroautos LFP-Batterien. Und die kommen ohne Nickel und Cobalt aus, was den Nachfragedruck für diese Metalle senkt. Bei uns sind LFP-Akkus immer noch eine Seltenheit.
Die niedrigen Zellpreise kämen nicht durch Subventionen des Staates zustande, sondern durch die Rohstoffpreise, die an der Börse entstehen, und die Herstellungskosten. Die "Goldgräberzeit" für die Zellhersteller sei nun größtenteils vorbei, die Margen würden nun unter dem harten Wettbewerb leiden. Für die 60 Euro je kWh könnten chinesische Hersteller noch Geld verdienen.
Erfahrungsvorsprung in China
Wie hoch die Kosten in Europa wären, konnte Sauer nicht genau sagen. Dafür entscheidend sei außer den Rohstoffkosten auch die Ausschussrate, und die wäre bei den chinesischen Herstellern niedriger als bei den noch unerfahrenen Produzenten in Europa. Die Aussichten für europäische Produzenten wie VW in Salzgitter oder ACC in Frankreich seien deswegen düster zu beurteilen, meint der Batterie-Professor.
Bei einem so großen Preisdruck noch in den Markt hineinzukommen sei schwer. Und viel Geld sei auch nicht mehr zu verdienen. Der Grund für diese Fabriken sei aber nicht, günstiger zu produzieren, sondern die Versorgungssicherheit. Er hoffe, dass nun wenigstens zwei Gigafactories europäischer Hersteller entstünden, damit man die Technik notfalls schnell hochskalieren könnte - zum Beispiel bei einem Handelskrieg.
Die europäischen Autohersteller wären zu spät dran mit ihren Batterie-Plänen. Ein Fehler sei gewesen, dass sie immer nach den Batterien mit den höchsten Energiedichten gesucht hätten. Stattdessen rede man nun über Natrium-Ionen-Zellen und LFP. Denn wegen der starken Elektromotoren würde es für die Kundschaft kaum eine Rolle spielen, wie schwer der Akku sei. Das Ziel müssten daher günstigere Batterien sein.
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Unter dem Strich
Batteriezellen zu bauen geht nicht so einfach wie das sprichwörtliche Brezelbacken. Hier muss man jahrelang Erfahrung sammeln, bevor die Ausschussraten im einstelligen Bereich angekommen sind. So sind die Aussichten für den Einstieg europäischer Firmen in den Zellmarkt alles andere als rosig. Dennoch muss das gelingen, wenn man nicht einen Großteil der Wertschöpfung nach Asien abgeben will. Nach dem Aus von Northvolt sind nun Volkswagen und ACC die wichtigsten Hoffnungsträger.
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