• 04.04.2009 15:25

  • von Pete Fink

Beisswanger: Großes Interesse für "Made in Germany"

Der deutsche A1GP-Teamchef Rolf Beisswanger zog vor dem Portugal-Rennen im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' eine erste Zwischenbilanz

(Motorsport-Total.com) - Seit einigen Wochen hat die Automobilnation Deutschland auch wieder ein eigenes A1GP-Team. Teamchef Rolf Beisswanger wird mit seiner Mannschaft am kommenden Wochenende in Portugal zum zweiten Mal antreten, nachdem in Kyalami ein vielversprechender Auftakt gelang.

Titel-Bild zur News: Michael AmmermüllerKyalami, Kyalami Grand Prix Circuit

Teamchef Rolf Beisswanger mit dem deutschen Piloten Michael Ammermüller

Dann soll erstmals André Lotterer im deutsche Auto sitzen. Was zwischen Kyalami und Portugal alles geschah, welche Erwartungen Beisswanger für den Rest der A1GP-Saison und darüber hinaus hat, und wie es um die A1GP-Serie generell bestellt ist, verriet der deutsche Teamchef in einem Exklusivinterview mit 'Motorsport-Total.com'.#w1#

Frage: "Einmal ganz generell gefragt: Was ist zwischen eurem ersten A1GP-Rennen in Südafrika und dem anstehenden Lauf in Portugal alles passiert?"
Rolf Beisswanger: "Als erstes mussten wir einmal unsere gesammelten Erfahrungen im Hinblick auf Portugal und die kommenden Rennen verarbeiten. In Kyalami war alles neu für uns, und wir mussten viele Informationen einfach einordnen. Wir konnten aus Südafrika viel mitnehmen, und dürfen in Anbetracht unserer Erkenntnisse für unser zweites Rennen in Portugal auch vorsichtig optimistisch sein."

"Wir werden in Portugal mit André Lotterer fahren, der dort zum ersten Mal im Auto sitzen wird. André ist von seinem Potenzial her gesehen auf dem gleichen Leistungsniveau wie Michael Ammermüller, weshalb wir nicht mit einem Leistungsabfall rechnen - im Gegenteil."

"Wir konnten aus Südafrika viel mitnehmen." Rolf Beisswanger

"Alles Weitere wird sich zeigen. Natürlich steht das Portugal-Wochenende für uns unter ganz anderen Sternen. Das beginnt schon damit, dass wir an der Algarve auf Meereshöhe fahren und nicht - wie noch in Kyalami - auf knapp 2.000 Metern."

"Damit wird die Performance des Autos natürlich eine ganz andere sein, angefangen von der Motorleistung, der Aerodynamik und vielem anderen mehr. Wir werden also erneut Neuland betreten, aber glücklicherweise sind die anderen Teams in Portugal auch noch nicht gefahren. Insofern haben alle die gleichen Grundvoraussetzungen, und wir hoffen natürlich, dass wir mit unserer Leistung an Südafrika anknüpfen können."

Crew bleibt vorerst bestehen

Frage: "Bleibt denn das sonstige Team in seiner Zusammenstellung gleich?"
Beisswanger: "Die Crew ist die Gleiche wie in Kyalami. Also zum Teil deutsche Techniker aus dem GU-Team und zum Teil Engländer, die bereits viel Erfahrungen mit dem Auto sammeln konnten."

Frage: "Bleibt dieses Konzept für den Rest der Saison?"
Beisswanger: "Das wissen wir noch nicht. Wir mussten zu Beginn die Unbekannten so weit wie möglich ausschalten, denn unsere englischen Kollegen verfügen mit den Abläufen in der A1GP-Serie und mit dem Auto natürlich über weit mehr Erfahrung. Das hilft uns zu Beginn natürlich weiter."

"Wir sind auf einem relativ hohen Niveau eingestiegen." Rolf Beisswanger

Frage: "Mit anderen Worten: Nach Portugal kommen noch A1GP-Wochenenden in England, Mexiko und vielleicht auch Brasilien. Team Germany wird dort mit einem der beiden Piloten und der aktuellen Crew antreten?"
Beisswanger: "Es kann natürlich immer zu kurzfristigen Verschiebungen kommen, aber grundsätzlich habe ich immer gesagt, dass wir die Erkenntnisse aus dieser Saison für das nächste Jahr nutzen. Wir sind auf einem relativ hohen Niveau eingestiegen und insofern macht es keinen Sinn, auf unsere eigenen Erfahrungswerte zu verzichten."

Frage: "Wie sicher sind denn die beiden Rennen in Brasilien und Mexiko?"
Beisswanger: "Zu Brasilien kann ich gar nichts sagen, weil ich es nicht weiß. Mexiko ist mittlerweile von der FIA abgesegnet, wenn gewisse Umbauarbeiten an der Strecke noch vorgenommen werden. Das findet momentan statt. Aber wenn es nach Süd- und Mittelamerika geht, dann sind wir natürlich mit von der Partie."


Fotos: A1 Team.GER, A1GP in Kyalami


Frage: "In Portugal soll ein neues A1GP-Hauptquartier entstehen. Mit Vodafone hat man gerade einen sehr prominenten Titelsponsor gefunden. Wie sieht Team Germany die weitere Zukunft der A1GP-Serie?"
Beisswanger: "Sehr optimistisch. Die Serie hat jetzt in Portugal bewiesen, dass sie gute Sponsoren akquirieren kann. Auch die dortigen Planungen schlagen einen guten strategischen Weg ein, und ich gehe fest davon aus, dass wir, gemeinsam mit dem Partner Ferrari, in den kommenden Jahren die Serie noch weiter etablieren können."

Michael Ammermüller, Kyalami Grand Prix Circuit

"Made in Germany": Vielleicht gibt es bald weitere Sponsoren auf dem Auto Zoom

Frage: "Ich nehme an, dass Team Germany derzeit auch in Deutschland viel unterwegs ist, um in der Sponsorenlandschaft aktiv zu sein. Wie sind denn da die Reaktionen der Firmen? Gibt es ein deutsches Interesse an der A1GP-Serie?"
Beisswanger: "Eine sehr gute Frage. Ohne Namen nennen zu wollen, hatten wir erst gestern ein interessantes Gespräch mit einem möglichen Partner. Wir haben uns auch bereits darauf verständigt, dass wir für die neue Saison gerne zusammenarbeiten möchten, und in diesen Gesprächen kam auch immer der Begriff 'Made in Germany' auf den Tisch."

"Wenn man so will also ein gesunder, sportlicher Patriotismus. Das heißt, dass es durchaus Firmen gibt, die sich über ein Motorsportthema präsentieren möchten, und damit natürlich auch Deutschland vertreten möchten. Sei es in Bezug auf Technologie, Qualität oder Produkte eben über 'Made in Germany'."

"Es gibt durchaus Firmen, die sich über ein Motorsportthema präsentieren möchten, und damit natürlich auch Deutschland vertreten möchten." Rolf Beisswanger

"Dieses von uns erarbeitete Konzept scheint also bei einigen Firmen gut anzukommen, die auch bewusste Exportinteressen in den jeweiligen A1GP-Ländern haben. Es gibt sehr viele Unternehmen aus dem DAX- oder M-Dax-Bereich, aber auch ein bis zwei Stufen darunter, die sich mit ihrem Business als Mittelständler im asiatischen oder südamerikanischen Raum aufhalten. Da können wir natürlich sehr gut eine Markenbotschaft oder ein Produkt transportieren."

"Darüber hinaus gibt es bei A1GP hervorragende B2B-Opportunitäten, sei es im direkten Business mit der Serie, oder auch durch unsere sehr guten Beziehungen zu den unterschiedlichen Regierungen oder Partner der gastgebenden Länder. Kurz, ein tatsächlicher World-Cup-of-Motorsport eben, bei dem die Nationen in den Vordergrund rücken und nicht vereinzelte Privatiers."

Finanzierbar in Zeiten der Krise

Frage: "Nun leben wir ja aktuell in Krisenzeiten. Sind denn die Firmen schon wieder so weit, dass sie auch im Hinblick auf zukünftige Marketingbudgets zumindest keine weiteren Tiefschläge mehr erwarten? Gibt es erste Anzeichen, dass die Krise sich abebbt?"
Beisswanger: "Definitiv nicht. Man bekommt natürlich noch häufig vorgefertigte Antworten präsentiert. Aber man kann auf sachlicher Ebene mit den Verantwortlichen durchaus ernsthaft darüber diskutieren, dass es da ein Motorsportthema gibt, das finanzierbar ist."

"Und zum anderen kann die A1GP-Serie natürlich eine Produktpräsentation bieten, die in anderen Serien nicht möglich ist. Wir sprechen hier im Vergleich etwa zur Formel 1 nur von Bruchteilen an Summen, die dort aufgerufen werden."

"Wir sprechen hier im Vergleich etwa zur Formel 1 nur von Bruchteilen an Summen." Rolf Beisswanger

Frage: "Wie ist denn die Resonanz der A1GP-Serie auf Team Germany? Erfahrt ihr von dieser Seite aus Unterstützung?"
Beisswanger: "Absolut. Wenn wir nicht von höchster Stelle aus Support gehabt hätten, wäre unser Erscheinen zur Saisonmitte gar nicht möglich gewesen. Deutschland als Europas größte Volkswirtschaft sollte schon ein berechtigter Partner der A1GP-Serie sein, und kann umgekehrt natürlich auch ein wirtschaftlich interessanter Partner für die Serie werden. Einmal ganz abgesehen davon, dass wir durch unsere Motorsporthistorie natürlich auch ein Wörtchen mitreden wollen."

Gespräche mit vielen TV-Anstalten

Frage: "Stichwort Europas größte Volkswirtschaft. Ist es da nicht ein Armutszeugnis, dass die A1GP-Serie aus der Medienlandschaft komplett verschwunden ist? Gibt es da Tendenzen, dass der Motorsport-Fan die A1GP-Serie bald wieder sehen kann?"
Beisswanger: "Wir reden natürlich mit vielen TV-Anstalten in der Hoffnung, für die neue Saison wieder mehr sichtbar zu werden. Das ist sicherlich auch davon abhängig, wie es mit anderen Motorsportserien in Deutschland weitergehen wird. Aber es ist schon richtig, es wäre durchaus wünschenswert, wenn die Serie etwas mehr mediale Unterstützung bekäme. Vielleicht ändert sich dies ja, wenn wir einen deutschen GP haben."

"Die A1GP-Serie plant jedenfalls für die kommende Saison, einige Rennen wurden ja bereits angekündigt. Wir sind natürlich auch daran interessiert, wieder ein deutsches Rennen zu haben. Unser Ziel ist es, die A1GP-Serie in Deutschland soweit zu etablieren, dass wir die Serie sowohl medial als auch kommerziell erfolgreich gestalten können."

"Wir sind natürlich auch daran interessiert, wieder ein deutsches Rennen zu haben." Rolf Beisswanger

Frage: "Generell gefragt: Wohin wird der Weg der A1GP-Serie in Zukunft gehen?"
Beisswanger: "Es gilt, mit limitierten finanziellen Mitteln bestmöglichen Motorsport zu bieten. Zurück zu den Basics, enge Rennen, Überholmanöver, Identifizierung mit dem Sport bzw. der Nation und das alles auch noch kostenoptimiert. Nicht alleine das Geld sollte siegen. Auch die nichttraditionellen Motorsportnationen sollen ihre Chance bekommen. Die Motorsportfamilie soll weiterwachsen. A1GP ist eine globale Serie, die Herkunft der Teams spielt dabei keine Rolle."