Senna happy: "Ich kann wieder gewinnen"

Bruno Senna gibt zu, dass er bei Aston Martin das "schwächste Glied" ist, sieht für Le Mans aber durchaus Siegchancen - Indy 500 "würde ich meiner Familie nicht antun"

(Motorsport-Total.com) - 46 Mal ging Bruno Senna zwischen 2010 und 2012 in der Formel 1 an den Start, zunächst für HRT, dann für Renault und zuletzt 2012 für Williams. Vor Beginn seiner Grand-Prix-Karriere, 2009, war er schon einmal in Le Mans am Start - und diese alte Liebe hat der Brasilianer nun wiederentdeckt. Als Teamkollege von Bob Bell und Fred Makowiecki zählt er im Aston Martin Vantage V8 mit der Startnummer 99 zum erweiterten Favoritenkreis in der GTE-Pro-Klasse.

Titel-Bild zur News: Bruno Senna

Bruno Senna hat auf der Langstrecke das Lächeln wieder gelernt Zoom

Senna fühlt sich wohl in Le Mans und in der WEC-Szene, und das nicht nur, weil er als Aston-Martin-Werksfahrer gutes Material unter seinem Hintern hat. Le Mans ist einfach anders als die Formel 1 - "einfach erstaunlich", wie der Brasilianer im Interview mit 'Motorsport-Total.com' sagt: "Es ist ein Spektakel, vergleichbar höchstens noch mit einem Grand Prix oder dem Indy 500. Viele andere Events wie dieses gibt es auf der ganzen Welt nicht. Es ist ein super Rennen - und jeder will es gewinnen. Ich auch."

In Le Mans war Senna 2009 schon für das Oreca-Team am Start - damals schied er aus. Beim Grand Prix von Monaco verzeichnete er 2010 auf HRT einen Ausfall und 2012 auf Williams einen zehnten Platz. Fehlen noch die 500 Meilen von Indianapolis. Doch dort an den Start zu gehen, kommt für den 29-Jährigen nicht in Frage - auch wegen der tragischen familiären Vorgeschichte.

Indy 500 für Senna ein No-Go

"Ich war noch nie beim 500, aber ich habe es vor - als Fan, nicht als Rennfahrer in einem offenen Einsitzer im Oval", sagt er und bezieht sich auf den Tod seines Onkels Ayrton in einem Formel-1-Auto: "Das würde ich meiner Familie nicht antun, denn wir hatten schon einen schrecklichen Verlust durch den Motorsport. Und offene Einsitzer im Oval sind mit das Gefährlichste, was du fahren kannst."

Im ersten Qualifying fuhr Senna mit seinen Teamkollegen Bell und Makowiecki Bestzeit, gefolgt von einem Ferrari und einem weiteren Aston Martin (Dumbreck/Mücke/Turner). "Wir wissen, dass das Auto konkurrenzfähig ist, und wir haben eines der besten Fahrerteams", sagt er und gibt offen zu: "Momentan bin ich bei uns das schwächste Glied. Ich muss mehr Erfahrung sammeln, was zum Beispiel die Strecke angeht, aber ich lerne schnell."

Bruno Senna, Frederic Makowiecki, Rob Bell

Bruno Senna rechnet sich in Le Mans Chancen auf den GT-Sieg aus Zoom

Zum Beispiel, dass in einem 24-Stunden-Rennen nicht immer der schwerste Gasfuß ganz vorne landet: "Le Mans ist ein Rennen, das nicht der Schnellste, sondern der Beste gewinnt. Mein erstes GT-Le-Mans zu gewinnen, wäre fantastisch, aber auch ein Podium wäre für uns und besonders für mich ein großer Erfolg. Aber ich werde alles geben, um auf dem Podium ganz oben zu stehen."

Endlich wieder eine Chance auf Siege

"Ich kann wieder Rennen gewinnen", freut er sich. "Ich habe gleich das erste Rennen mit Peter gewonnen und war gemeinsam mit Fred und Rob Zweiter in Spa. Wir haben ein Auto, mit dem wir um Siege kämpfen können - und dann gehst du ganz anders an ein Rennwochenende heran. In der Formel 1 saß ich manchmal im Auto und dachte, das Beste, was ich erreichen kann, ist ein zehnter oder elfter Platz."

"Da kannst du schon mal die Motivation ein bisschen verlieren", gesteht Senna und erklärt, dass Le Mans nach schwierigen Formel-1-Jahren wie ein Jungbrunnen für ihn ist: "In der Formel 1 ist der Paddock abgeschlossener und dadurch auch familiärer, weil du bei jedem Rennen die gleichen Leute triffst. Hier ist der Paddock offen und es sind viele Leute da. Du hast viel mehr Kontakt zu den Fans, was großartig ist."

"Und noch ein wichtiger Unterschied: Du versuchst nicht, deinen Teamkollegen zu killen, sondern du arbeitest mit ihm zusammen", grinst er angesichts der Tatsache, dass sich in Le Mans drei Fahrer ein Auto teilen. "Was das Business angeht", fährt er fort, "ist die Formel 1 wie ein Konzern, in dem du dich an viele Richtlinien halten musst. Die Presse in der Formel 1 ist auch viel aggressiver. Das Umfeld hier ist viel entspannter und freundlicher."


Fotos: 24 Stunden von Le Mans


Lieber im offenen als im geschlossenen Cockpit

Kein Fan ist Senna von geschlossenen Cockpits: "Mir ist das offene Cockpit lieber, weil die Sicht besser ist. Die Windschutzscheibe schränkt deine Perspektive ein, und wenn im offenen Cockpit dein Visier mal verschmutzt ist, reißt du halt eine Schutzfolie ab. Das war für mich viel einfacher. Ich bin ja auch fast meine ganze Karriere in offenen Cockpits gefahren. Besonders bei Regen ist es im geschlossenen Cockpit schwierig."

Besonders wichtig ist die Sicht für einen GT-Fahrer, wenn die LMP1-Raketen von hinten herandonnern - eine kritische Situation, die in der Vergangenheit schon oft zu schweren Unfällen geführt hat. Aber auf von hinten kommende Autos zu achten, die wesentlich schneller sind, hat Senna in seinem HRT-Jahr in der Formel 1 ausgiebig gelernt...

Bruno Senna

Bei HRT in der Formel 1 drohte Bruno Senna die Motivation zu verlieren Zoom

"Es geht darum, nicht die gesamte Gehirnkapazität für das Fahren aufzuwenden, sondern noch Reserven übrig zu haben, um alles aufzunehmen, was um dich herum passiert. In dieser Hinsicht hat mir die Formel 1 sehr geholfen", sagt er. Wichtig aber auch das Haushalten mit dem eigenen Körper in der Nacht: "Es geht mehr darum, entspannt zu sein als zu trainieren, schlafen zu können. Als ich 2009 mit Oreca hier war, konnte ich nicht schlafen."

Richtiges Nacht-Management ein wichtiges Thema

"Ich war so aufgekratzt und mit dem Kopf immer schon viel zu weit vorne, aber damals war ich auch um vier Jahre jünger als jetzt. Ich habe jetzt viel mehr Erfahrung", so Senna. "Ich werde anders ans Rennen herangehen, fühle mich jetzt schon viel entspannter als damals. Wenn du aus dem Auto aussteigst und vergisst, dass da ein Rennen stattfindet, dich 20 Minuten oder eine halbe Stunde aufs Ohr legst, dann passt das."

Gut vorstellen kann sich der Le-Mans-GT-Rookie, eine Karriere auf der Langstrecke einzuschlagen und dem Formelsport für immer auf Wiedersehen zu sagen - auch wenn Le Mans in seiner Heimat kein großes Thema ist: "In Brasilien ist der Langstrecken-Sport nicht besonders populär. Oder besser gesagt nicht bekannt. Es geht weniger um die Popularität, sondern die Menschen kennen das halt nicht."

Bruno Senna und Tiago Monteiro

2009 auf Oreca sah Bruno Senna die Zielflagge in Le Mans nicht Zoom

Das möchte Senna mit seinen Landsleuten ändern: "Mit di Grassi und Pizzonia sind wir gerade ein bisschen dabei, dieses Thema in Brasilien bekannt zu machen. Hoffentlich holen wir noch viel mehr brasilianische Träumer in die Formel 1! Ich hoffe daher, dass wir dieses Rennen gewinnen können, damit viele Menschen in Brasilien davon zu träumen beginnen, auch eines Tages hier zu gewinnen", lächelt er hoffnungsvoll.

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