• 27.02.2009 11:01

  • von Roman Wittemeier

Pescarolo: "Wir haben alle Freiheiten"

Henri Pescarolo im exklusiven Interview über den sensationellen Peugeot-Deal und die Aussichten für das Rennen in Le Mans: Das Privatteam darf sogar gewinnen

(Motorsport-Total.com) - Die Bekanntgabe der Starterliste des diesjährigen 24-Stunden-Rennens in Le Mans brachte am Donnerstag eine faustdicke Überraschung. Peugeot gibt eine der schnellen Dieselmaschinen 908 HDi FAP in die Hände eines Privatteams. Henri Pescarolo soll mit dem privat eingesetzten Peugeot wichtige Unterstützung auf dem Weg zum ersehnten Gesamtsieg leisten. Im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärte Pescarolo, wie es zu dem Deal kam und ob er sogar gewinnen dürfte.

Titel-Bild zur News: Henri Pescarolo

Große Ehre: Henri Pescarolo darf einen Peugeot 908 HDi FAP einsetzen

Frage: "Henri, wie ist dieser Deal mit Peugeot überhaupt zustande gekommen?"
Henri Pescarolo: "Das ist alles sehr kurzfristig entstanden, ganz knapp vor dem Ende der Einschreibefrist beim ACO. Ich wollte eigentlich meine beiden Autos mit Judd-Motor melden. Das sind zwei ganz neue Autos, mit brandneuer Aerodynamik - wirklich schöne Autos. Dann bekam ich einen Anruf von Olivier Quesnel, dem neuen Rennleiter von Peugeot. Er fragte mich dann, ob ich Interesse hätte, einen Peugeot für Le Mans zu melden. Das kam für mich sehr überraschend."#w1#

"Ich wusste zu Anfang nicht, ob das eine gute Idee sein würde. Wir haben so hart an unseren neuen Autos gearbeitet. Aber wie könnte ich ein solches Angebot eines großen Herstellers wie Peugeot ablehnen? Eines der besten Autos überhaupt in meinem Team zu haben, wird für Promotion, Werbung und Aufmerksam nur gut für uns sein. Dass ein Hersteller wie Peugeot überhaupt auf uns kommt, um ein Auto zu platzieren, ist für uns eine unglaublich große Ehre. Dann habe ich eben zugestimmt und das Auto am 20. Januar beim ACO gemeldet."

Viel Unterstützung aus dem Werk

"Mir war sofort klar, dass das natürlich eine riesige Auszeichnung für uns ist." Henri Pescarolo

Frage: "Wie lange haben sie überlegt?"
Pescarolo: "Das ging alles ganz schnell. Der Anruf kam ja erst am 18. Januar, also blieb mir nicht viel Zeit. Mir war sofort klar, dass das natürlich eine riesige Auszeichnung für uns ist. Ich habe dann mit meinem Technikchef Claude Galopin gesprochen und eigentlich waren wir anfangs der Meinung, dass so etwas nicht unbedingt klug ist, wenn man selber eigene Autos baut. Aber auf der anderen Seite war die Aussicht, als Privatteam einen Peugeot einsetzen zu dürfen, einfach zu gut."

Frage: "Bekommen sie das gleiche Auto wie die Werksmannschaft?"
Pescarolo: "Nicht ganz. Es ist ein Modell von 2008, allerdings mit neuer Aerodynamik, weil sich die Regeln geändert haben. Wir müssen natürlich auch die neue Klimaanlage im Auto haben. Wir bekommen einen Motor, der nicht ganz der neuesten Ausbaustufe entspricht. Der dürfte etwas weniger Leistung haben als der im Werkswagen."

Frage: "Gibt es vom Peugeot-Werksteam technische Unterstützung?"
Pescarolo: "Ja. Das muss auch so sein, weil der Motor allein schon sehr kompliziert ist. Wir werden einen Ingenieur zur Seite gestellt bekommen, der sich um den Motor kümmert. Einige meiner Mechaniker werden im Werk bei Peugeot lernen, wie das Auto funktioniert, wie es aufgebaut wird und sie lernen dort einfach alle Teile und Eigenheiten kennen. Beim Rennen werden wir wohl einen Ingenieur von Peugeot als Ansprechpartner fest bei uns im Team haben."

Fahrerbekannbtgabe in wenigen Tagen

"Es werden drei gute Fahrer im Pescarolo-Judd sein und drei gute Fahrer im Peugeot." Henri Pescarolo

Frage: "Stehen die Fahrer bereits fest?"
Pescarolo: "Noch nicht. Wir werden das aber in den kommenden Tagen klären. Die Situation ist für uns auch noch neu. Ich musste erst sichergehen, dass unser Auto auch vom ACO eingeladen wird. Ich weiß das nun erst seit gestern Vormittag. Ich will das bald entscheiden. Wir brauchen insgesamt sechs richtig gute Piloten. Drei müssen in mein Fahrzeug. Ich glaube, dass mein Auto sehr konkurrenzfähig sein wird. Es werden also ganz sicher drei gute Fahrer im Pescarolo-Judd sein und drei gute Fahrer im Peugeot. Aber entschieden ist da noch nichts."

Frage: "Sie werden also einen Benziner und einen Diesel ins Rennen schicken. Ist das nicht eine kuriose Situation?"
Pescarolo: "Für mich ist das eine sehr seltsame Situation. Ich kämpfe seit Jahren für Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Es war in den vergangenen Jahren total unfair. Jetzt hat man den Dieselautos zwar einige Leistung weggenommen, aber trotzdem werde ich auch weiter um möglichst gleiche Chancen für alle kämpfen. Man muss bedenken, dass ich da natürlich auch im eigenen Interesse handele, denn mein eigenes Auto ist ein Benziner. Aber ich will auch ehrlich sein: Wenn die Dieselmaschinen immer noch einen Vorteil haben sollten, dann bin ich natürlich froh, wenn ich einen Diesel in meinem Team habe."

Frage: "Wie steht es um die Siegchancen. Stellen wir uns vor, sie liegen im Rennen mit dem Pescarolo-Peugeot vor einem Werks-Peugeot. Was passiert dann?"
Pescarolo: "Das wird kein Problem sein, denn ich habe bei dem Einsatz alle Freiheiten. Natürlich muss man realistisch sein: Sollte ein Werkswagen hinter uns liegen, dann kann das wohl nur daran liegen, dass sie ein Problem hatten. Ich trete aber an, um so schnell wie möglich zu sein. Das Hauptziel ist ein Sieg gegen Audi. Es kümmert niemanden, ob das nun ein Werks-Peugeot oder das andere Auto schafft. Für das Werk ist einfach nur wichtig, dass man vor Audi liegt."

Frage: "Wenn sie einen Wunsch frei hätten, würden sie sich dann einen Sieg ihres Benziners oder ihres Dieselautos wünschen?"
Pescarolo: "Ich fürchte, dass die Benziner auch in diesem Jahr in Le Mans gegen drei neue Audis und drei Werks-Peugeot keine Siegchance haben werden. Ich bin sicher, dass wir näher dran sein können. Im vergangenen Jahr haben wir pro Runde zehn Sekunden verloren. In diesem Jahr wird das deutlich weniger sein, aber ich bezweifle, dass wir mit dem Benziner auf dem Niveau des Diesels sein können. Aber wir werden näher dran sein. Das bedeutet natürlich gleichzeitig, dass eigentlich alles passieren kann..."

In der LMS nur mit dem Benziner

Peugeot 908 hdi fap

Der Peugeot 908 HDi FAP wurde über den Winter strikt weiterentwickelt Zoom

Frage: "Werden sie den Peugeot auch in der Le-Mans-Series (LMS) einsetzen?"
Pescarolo: "Nein. Wir werden den Wagen nur in Le Mans einsetzen. Eventuell werden wir die Chance nutzen, und das Auto am Ende der Saison in der asiatischen Le-Mans-Serie einsetzen. Aber das ist noch nicht sicher. Die Möglichkeit besteht, aber Peugeot hat noch nicht eintschieden, was nach Le Mans passieren soll."

Frage: "Gehört ihnen der Peugeot eigentlich, oder ist das Leasing- oder Mietfahrzeug?"
Pescarolo: "Es ist eine Art Mietwagen. Quesnel hatte die Genehmigung vom Vorstand, ein viertes Fahrzeug zu platzieren. Bedingung allerdings war, dass es Peugeot möglichst wenig kostet. Wir müssen also dafür bezahlen. Aber es ist nicht allzu viel. Das können wir kompensieren."

Frage: "In der LMS werden sie also ihre eigenen Prototypen einsetzen?"
Pescarolo: "Ja. Wir fahren die komplette Saison mit den beiden Pescarolo-Judd."

Frage: "War der gestrige Tag eigentlich ein besonderer Tag für sie?"
Pescarolo: "Ja, absolut. In der Renngeschichte von Peugeot hat es das noch nie gegeben, dass sie ein Fahrzeug an ein privates Team geben. Dies ist das erste Mal, also ist das für uns eine große Ehre. Für mich und mein Team ist das extrem wichtig. Einem Hersteller plötzlich so nahe zu stehen, ist für ein Team wie Pescarolo ganz fantastisch."

Frage: "Wird der Leih-Peugeot in den kommenden Wochen getestet?"
Pescarolo: "Nein, nicht in den kommenden Wochen. Die Werksmannschaft bereitet sich gerade auf Sebring vor. Erst danach werden einige meiner Mechaniker das Auto im Peugeot-Werk richtig kennenlernen. Wir werden das Auto ermutlich erst sehr spät bewegen können, voraussichtlich nicht vor Mai. Eigentlich fahren wir also erst kurz vor dem Le-Mans-Rennen zum ersten Mal."

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