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  • 01.09.2011 20:16

Panoz: "Der DeltaWing ist eine große Chance"

Don Panoz im Interview über das revolutionäre DeltaWing-Projekt und den Einsatz eines neuartigen Materials mit dem Namen REAMS

(Motorsport-Total.com) - Wenn es um die internationale Sportwagenszene geht, ist Don Panoz kein Mann, der den Status quo akzeptiert. Durch die Gründung der American-Le-Mans-Serie (ALMS) machte er vor Jahren den Prototypensport auch in den USA wieder salonfähig. Zu Beginn des Jahrtausends waren die Panoz-Fahrzeuge die einzigen, die es auf internationalem Parkett mit den übermächtigen Audi aufnehmen konnten.

Titel-Bild zur News:

Der DeltaWing sorgt bereits vor seiner Rennpremiere für reichlich Furore

Das jüngste Vorhaben Panoz' sieht den geschäftstüchtigen US-Amerikaner gemeinsam mit Highcroft Racing und der US-Rennlegende Dan Gurney in das bereits jetzt viel Aufsehen erregende DeltaWing-Projekt involviert.

Vor wenigen Tagen wurde das "DeltaWing Projekt 56" in der US-Hauptstadt Washington, D.C. der Öffentlichkeit vorgestellt. Die 56 im Namen bezieht sich dabei auf die 56. Box am Circuit de la Sarthe in Le Mans, die traditionell für Teams reserviert ist, welche innovative Technologien erstmals auf der Rennstrecke einsetzen.

Der revolutionäre Bolide, der im Vergleich zu einem traditionellen Prototypen nur etwa die Hälfte an Luftwiderstand, Leistung und Gewicht aufweist, wird am dritten Juni-Wochenende 2012 die 24 Stunden von Le Mans unter die Räder nehmen.

Ein Teil der enormen Gewichtsreduzierung im Vergleich zum bisher Gekannten ist auf die Verwendung eines neuartigen Materials für die Verkleidung zurückzuführen. Das auf die Bezeichnung REAMS getaufte Material wird am Panoz-Hauptsitz in Braselton im US-Bundesstaat Georgia in Zusammenarbeit mit Elan Motorsport Technologies (EMT) gefertigt.

Im Interview spricht Panoz über das revolutionäre Material, die Herstellungsprozesse, die Vorteile im Vergleich zum herkömmlichen Kohlefaser-Material sowie die Auswirkungen auf die Sicherheit auf den Rennstrecken.

Frage: "Don, was ist REAMS und auf welche Art und Weise wird es im Motorsport verwendet?"
Don Panoz: "REAMS steht für ein wiederverwertbares, energieabsorbierendes Matrixsystem (Recyclable, Energy Absorbing, Matrix, System) und ist eine Kombination des bekannten Verbundwerkstoffs Tegris und einigen anderen Materialien, welche wir bei EMT einsetzen. Die Verbindung der genannten Werkstoffe hat ein sehr stabiles Material zur Folge, das sich einfacher als Kohlefaser herstellen lässt und zudem leichter ist."

"Weitere Vorteile des Materials sind, dass es beim Aufprall anders als Kohlefaser nicht zerbricht und zudem wiederverwertbar ist. Darüber hinaus wird für die Produktion weniger Energie benötigt, weshalb die Umwelt weniger stark belastet wird. Es ist kein bauliches Material in dem Sinne, aber dennoch widerstandsfähig gegen Einschläge."

"Bei einem starken Einschlag zerbricht Kohlefaser. Andere Materialien weisen im Anschluss starke Dellen oder Rillen auf. Mit REAMS hingegen lassen sich die Beschädigungen mit Hilfe einer Heißluftpistole oder sogar eines Föns reparieren. Für den Einsatz als Verkleidung eines Rennwagens wie dem DeltaWing ist das Material perfekt geeignet."

Frage: "Wie aufwändig ist die Herstellung?"
Panoz: "Genau wie Kohlefaser wird es in einem Autoklaven gebacken. Die benötigte Energie, um das Produkt fertigzustellen, ist allerdings deutlich geringer. Zudem ist der Zeitaufwand wesentlich niedriger als bei der Herstellung von Kohlefaser."

Frage: "Wie kam Panoz zu diesem Material?"
Panoz: "Wir waren an der Entwicklung des Materials zum Zweck diverser Projekte für die US-Regierung und das Militär beteiligt. In diesen Fällen ging es darum, Projektile aufzuhalten. Unsere Ingenieure bei Elan fanden heraus, dass sich durch das Aufbringen zusätzlicher Materialschichten nicht nur das Kohlefaser-Gewebe - das im lackierten Zustand immer noch unter der Farbe durchscheint - verdecken ließ, sondern dass sich dadurch in der Tat Projektile aufhalten ließen und wir das Endprodukt in Bezug auf das Gewicht wesentlich leichter gestalten konnten. Die Methode, Tegris in Kombination mit anderen mehrschichtigen Elementen zu verwenden, ist seitens EMT patentiert worden."

Frage: "Vor dem Hintergrund, dass der DeltaWing nur die Hälfte des Gewichts anderer Sportwagen aufweist, muss REAMS doch das ideale Material für die Verkleidung sein?"
Panoz: "Absolut. Im Vergleich zu herkömmlichen Materialien kann es bis zu 50 Prozent leichter sein. Normalerweise produzieren wir in der Größenordnung von 75 Prozent des üblichen Gewichts. In einigen Tests für den Einsatz auf der Rennstrecke haben wir aber beispielsweise einen Kotflügel produziert, der 50 Prozent leichter war. Auf diesem konnte man auf- und abspringen, ohne ihn zu beschädigen."

Frage: "Wie aufwändig ist es, die Abdruckform herzustellen, die für den Bau der Karosserie des DeltaWing verwendet wird?"
Panoz: "Im Vergleich zu Kohlefaser ist die Herstellung eines Abdrucks für REAMS deutlich einfacher. Das Material kann beim Backvorgang im Autoklaven einer deutlich geringeren Intensität an Hitze und Druck ausgesetzt werden, was zur Folge hat, dass die Produktion der Abdruckform wesentlich schneller und billiger vonstatten geht."

Frage: "Inwiefern lässt sich deine Begeisterung für die Beteiligung am DeltaWing-Projekt in Worte fassen?"
Panoz: "Der DeltaWing ist meiner Ansicht nach eine großartige Chance. Aus unserer gemeinsamen Vergangenheit bei den IndyCars wissen wir, dass Ben Bowlby (DeltaWing-Technikchef; Anm. d. Red.) ein außergewöhnlicher Ingenieur ist. Das Aufregende ist, dass Ben das Fahrzeug ursprünglich nach traditionellen Herstellungsmethoden aufbauen wollte. Durch den Einsatz von REAMS haben wir nun wesentlich mehr Spielraum und können den Schwerpunkt des Fahrzeugs genau dort platzieren, wo es am meisten Sinn macht."

"Ich bin überzeugt, dass dieses Projekt für den gesamten Sportwagenbereich einen großen Schritt nach vorn bedeutet. Wenn du ein Auto bauen kannst, das wesentlich leichter ist und zudem mit weniger Leistung auskommt, dann ist der "grüne" Faktor in Bezug auf die Umwelt klar erkennbar. Der Einsatz von REAMS ist speziell für die Sicherheit auf den Strecken ein weiterer Vorteil. Eines der größten Probleme bei heutigen Unfällen sind Karbonsplitter auf der Fahrbahn, die dazu führen können, dass Reifen aufgeschlitzt werden. Mit REAMS gehören diese Probleme der Vergangenheit an."