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"Le Mans 66 - Gegen jede Chance": Kritik & Hintergründe zum Film

Was erwartet dich, wenn du in den Le-Mans-Film mit Matt Damon & Christian Bale anschaust? Wir haben Schauspieler und Macher gesprochen und liefern Antworten!

(Motorsport-Total.com) - Für die mainstreamigere Kino-Community sind vielleicht Matt Damon und Christian Bale die Superstars des neuen Hollywood-Films "Le Mans 66 - Gegen jede Chance". Für die Motorsportfans ist es eher der legendäre Ford GT40 - und der kommt, das ist die große Enttäuschung des Films, der an diesem Sonntag (15.08.2021) zum ersten Mal im Free-TV gezeigt wird (20:05 Uhr SRF2, 20:15 Uhr ProSieben und ORF1), gar nicht vor!

Titel-Bild zur News: Christian Bale und Matt Damon aus dem Film "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"

Exklusives Interview: Christian Bale & Matt Damon plaudern über "Le Mans 66" Zoom

Zumindest nicht im Original. Denn: "Die kosten ein verdammtes Vermögen. Nur wenn Matt Avatar gemacht hätte, hätten wir uns das leisten können!", scherzt Hauptdarsteller Christian Bale, der in "Le Mans 66" die Schlüsselfigur Ken Miles darstellt.

Dazu muss man wissen: Matt Damon (spielt Fords legendären Konstrukteur Carroll Shelby) hatte vor gut zehn Jahren ein Angebot des Produzenten James Cameron, für zehn Prozent der Einnahmen die Hauptrolle in "Avatar - Aufbruch nach Pandora" zu spielen. Was er ablehnte.

Doch der Film wurde zum (bis vor kurzem) kommerziell erfolgreichsten in der Kinogeschichte, mit einem Einspielergebnis von 2,8 Milliarden (!) US-Dollar. Der 49-Jährige hätte mit einem einzigen Film schlappe 280 Millionen verdient. Da wäre es dann auch kein Problem gewesen, einen echten GT40 für die "Le-Mans-66"-Dreharbeiten zu kaufen ...

"Driven": Motorsportfans erinnern sich mit Schaudern!

Dieser Makel ist aber nur ein sehr kleiner im Gesamtkontext eines ansonsten gelungenen Films. Motorsportfans erinnern sich schaudernd an Racing-Movies aus der Vergangenheit, etwa "Driven" (2001) von Sylvester Stallone (und mit Til Schweiger). Rennszenen und Handlung in "Driven" hatten mit der Realität in etwa so viel zu tun wie Walter Röhrl mit Elektroautos.

Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Kult-Klassiker wie "Grand Prix" von John Frankenheimer oder "Le Mans" von und mit Steve McQueen. "Ach, nun gut", lacht "Le-Mans-66"-Regisseur James Mangold mit einer abfälligen Handbewegung, im Interview mit 'Motorsport-Total.com' (siehe Video) auf die Kritik vieler Motorsportfans an Blockbustern wie "Driven" angesprochen.


Exklusiv: Interview Matt Damon & Christian Bale

Matt Damon und Christian Bale erzählen, warum sie keinen echten GT40 fahren durften und was "Le Mans 66" als Spielfilm so besonders macht

"Bei 'Le Mans' und 'Grand Prix'", sagt er, "waren die Actionszenen großartig. Aber die Handlung war schrecklich. (...) Sie haben damals Kameras an der Strecke in Monte Carlo und Le Mans aufgestellt. Diesen Vorteil hatten wir nicht."

"Wir haben den Film gemacht, als die Strecken sich längst komplett verändert hatten. Also mussten wir sie neu aufbauen. Wir mussten nicht nur die Autos draufstellen, sondern wir mussten auch einen Weg finden, das Le Mans jener Ära neu zu erschaffen."

Auf einem Flughafen in Südkalifornien hat das "Le-Mans-66"-Team das Le Mans der 1960er-Jahre möglichst originalgetreu nachgebaut. "Le Mans", sagt Mangold, "ist wunderschön. Aber es heute ist eine sehr moderne Sportstätte, mit viel Glas, einfach sehr modern."

Regisseur schwärmt von der "Unschuld" von Le Mans

"Der Charme damals war das Unschuldige des Rennens. Es war eine kleine Veranstaltung in einem kleinen Dorf. Die ganze Stadt rückte aus und machte Picknick neben der Strecke. Die Leute haben mit ihren Regenschirmen gewinkt, wenn es geregnet hat, und nebenbei fuhren die Autos mit 320 Sachen vorbei."

In Le Mans wurden lediglich die Szenen abseits des Renngeschehens gedreht. Die Rennszenen selbst sind Mangold, ganz ähnlich wie Ron Howard in "Rush", gut gelungen. Aus dramaturgischen Gründen kommt auch in "Le Mans 66" die wohl unvermeidbare Szene vor, in der zwei Autos gefühlt minutenlang nebeneinander fahren und sich die Piloten gegenseitig in die Augen schauen, was es so in der Realität natürlich nicht gibt. Aber wer darüber hinwegsehen kann, der wird von "Le Mans 66" nicht enttäuscht sein.


Exklusiv: Interview mit James Mangold

"Le-Mans-66"-Regisseur James Mangold macht sich über Sylvester Stallone lustig und erzählt, wie er Le Mans in Kalifornien nachgebaut hat

"Wenn jemand die wahre Geschichte kennen möchte, kann er ein Buch lesen oder eine Doku schauen", räumt Mangold ein. "Aber wir hatten die Gelegenheit, das Gefühl zu erschaffen, mittendrin zu sein im Cockpit, am Steuer mit Ken Miles in Le Mans 66. Das ist für mich das Alleinstellungsmerkmal eines Spielfilms (...)."

Und dass Motorsport im Kino anders beim Zuschauer ankommt als echter Motorsport im Fernsehen, ist keineswegs nur negativ. Der Motorsportfan sieht bei Live-Übertragungen nie, "was in den Autos los ist, welche Dramen sich da abspielen (...). Das wissen wir alles nicht", stellt Mangold fest.

"Wir sehen nur, wie sie an die Box kommen, und hören, wie die Kommentatoren vor sich hin spekulieren. Was ich anbieten wollte, war dieses Gefühl, mit dem Fahrer mittendrin zu sein am 'Ground Zero'!"

Eigens für den Film: 30 Replika-Autos gebaut

Und das ist gut gelungen. Auch dank eines immensen Aufwands beim Nachempfinden der Le-Mans-Rennstrecke und jener 30 Replika-Rennautos, die extra für "Le Mans 66" gebaut wurden - inklusive eines 30-köpfigen Mechanikerteams, das sich in einer eigenen Werkstatt um die Autos gekümmert hat.


"Le Mans 66 - Gegen jede Chance": Trailer #1 (deutsch)

Es sei ein "Adrenalinrausch" gewesen, diese Replikas zu fahren, schwärmt Christian Bale, weltweit bekannt durch seine Paraderollen als "American Psycho", "Batman" oder "Vice - Der zweite Mann" Dick Cheney.

Aber im Mittelpunkt von "Le Mans 66" steht, anders als in "Grand Prix" oder "Le Mans", nicht das Rennfahren an sich. Sondern die Männerfreundschaft zwischen dem schrulligen Rennfahrer Ken Miles und dem legendären Rennwagenbauer Carroll Shelby, der Ford mit dem GT40 zum ersehnten Erfolg gegen Ferrari in Le Mans geführt hat.

"Es ist ein Film über die Freundschaft zwischen diesen zwei Männern, und es ist eine unglaubliche Außenseitergeschichte (...). Es ist unglaublich, was diese Jungs geschafft haben", sagt Matt Damon ("Good Will Hunting", "Der Soldat James Ryan", "Jason Bourne") im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

"Hoffentlich haben wir einen Film mit einigen aufregenden Rennszenen gemacht. Aber der Schlüssel ist wirklich die Freundschaft zwischen diesen beiden Männern", findet Damon. Bale ergänzt: "Es ist diese Freundschaft und es sind die Charaktere, die das Rennfahren bedeutsam machen."

"Le Mans 66": Ein Muss für jeden Motorsportfan!

Schon die Trailer machen klar, was einen bei "Le Mans 66" erwartet: Ein durchaus emotionales, in einem gesunden Maß pathetisches Drama über amerikanische Underdogs, die den großen Enzo Ferrari beim wichtigsten Autorennen der Welt das Fürchten lehren. Es sind dabei die Menschen, ihre nuancenreichen Persönlichkeiten, Konflikte und Dramen, die im Vordergrund stehen.


"Le Mans 66 - Gegen jede Chance": Trailer #2 (deutsch)

Mangold überzeichnet manchmal die Realität, etwa bei der Darstellung des 1966er-Zieleinlaufs, oder auch beim Tod von Ken Miles am Ende des Films. Aber das Schöne an "Le Mans 66 - Gegen jede Chance ist": Wer sich den Film anschaut, der kann durchaus auch seine Freunde mitbringen, die mit Motorsport sonst nicht viel am Hut haben - und weder die einen noch die anderen werden enttäuscht sein.

Für die Freaks unter den Zuschauern geht nach dem Film der Spaß erst so richtig los, nämlich bei der (Wikipedia-)Recherche, wie das damals wirklich war, als Henry Ford Ferrari kaufen wollte (so ziemlich wie im Film), ob Ken Miles wirklich der Sieg in Le Mans 1966 gestohlen wurde (wurde er) oder wie Miles dann gestorben ist (verraten wir nicht). "Ford v Ferrari" (englischer Originaltitel" ist eine der bemerkenswertesten Geschichten der Motorsport-Historie (die wir bereits im Jahr 2016 aufgearbeitet haben), und es ist eine, die ohne "Le Mans 66" zunehmend in Vergessenheit geraten wäre.

Enttäuscht waren wir nur, als wir im Interview von Matt Damon und Christian Bale wissen wollten, welche Sportwagen sie denn so in ihren Garagen stehen haben. "Ich habe einen Tesla. Der ist ziemlich schnell", antwortet Damon augenzwinkernd. Und Bale grinst: "Einen Pick-up-Truck!"

Das war bei Steve McQueen und seinem "Le-Mans"-Film aus dem Jahr 1970 anders. Die Hollywood-Legende wurde 1970 Gesamtzweiter in Sebring.

Im echten Sebring, versteht sich ...

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