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Kruse: "Es war der Horror"
Das deutsche Kruse-Schiller-Team erlebte in Le Mans eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Crash im Qualifying, Neuaufbau des Autos, Ausfall in der Nacht
(Motorsport-Total.com) - "Eigentlich war unser Rennen bereits am Mittwoch vorbei", bilanzierte KSM-Teamchef Kai Kruse am Tag nach dem Le-Mans-Wochenende. Das einzige deutsche LMP2-Team beim Langstreckenklassiker an der Sarthe erlebte viele hoch emotionale Momente. Bei den Vortests fing alles an: Neben den Stammpiloten Jean de Pourtales und Hideki Noda sollte Jean-François Yvon die KSM-Mannschaft in Le Mans unterstützen, doch der Franzose war zu langsam und brachte die LMP2-Maschine nicht recht unter Kontrolle. Kurzerhand wurde stattdessen der erfahrene Allan Simonsen an Bord geholt - ein Glücksgriff, wie man anhand der Rundenzeiten später feststellen sollte.

© KSM
Der Lola-Mazda wird von KSM auch in der LMS-Saison eingesetzt
Nach der technischen Abnahme zu Beginn der vergangenen Woche, wollte man sich im anschließenden Qualifying nicht nur eine gute Startposition sichern, sondern wichtige Setup-Arbeit erledigen, doch daraus wurde nichts. Am ersten Trainingstag verlor Noda den Lola-Mazda beim Anbremsen aus der Kontrolle, kam quer über einen Kerb, bekam Unterluft und legte anschließend acht Überschläge hin. Der Japaner entkam unverletzt aus dem Wrack, doch das Auto schien irreparabel beschädigt, da das Monocoque Risse bekommen hatte.#w1#
Achtfacher Überschlag im Qualifying
"Es war der Horror", beschrieb Teamchef Kai Kruse den Schreckmoment vom Mittwoch. Chassishersteller Lola entsandte sofort eine "schnelle Eingreiftruppe" und vollbrachte gemeinsam mit weiteren Kohlefaser-Spezialisten ein wahres Wunder. Bis zum Warmup am Samstagmorgen arbeitete man ohne Unterbrechung durch und reparierte das defekte Monocoque ambulant in der KSM-Box. "Das war der Wahnsinn, was die da geleistet haben", so Kruse im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Und weiter: "Die werden jetzt total kaputt sein nach dieser Aktion. Noch viel mehr als wir."

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Das Wrack des KSM-Lola-Mazda nach dem Unfall von Hideki Noda Zoom
"Als wir die Bilder vom Unfall sahen, dachten wir eigentlich, dass es vorbei wäre", so Kruse, der den Fahrfehler von Noda abhakte und dem Japaner keine bösen Worte sagte. Man machte sich sofort an die aussichtslos erscheinende Aufbauarbeit. "Aber wir haben es geschafft. Als wir am Samstagmorgen zum Warmup aus der Box fuhren, applaudierte uns die ganze Haupttribüne. Das war der Hammer", beschrieb der Teamchef aus Siegburg den emotionalen Höhepunkt zu Beginn des Rennwochenendes. Im Verlaufe des Samstags folgen dann aber leider erneute Rückschläge.
Zunächst freute man sich, dass beim Start des Langstreckenklassikers alles nach Plan lief. Das Auto war komplett neu aufgebaut und lief, die Rundenzeiten waren ansprechend. "Wir kamen von Startplatz 34 und haben uns dann immerhin schon auf den Gesamtrang 28 vorgearbeitet. In unserer Klasse waren wir Siebter und das war richtig gut." Aber dann: Das Rennen war gut fünf Stunden alt, als man den fünften Gang verlor. "Wenn so etwas kurz vor dem Ende passiert wäre, dann hätte man durchfahren können, aber so haben wir uns entschieden, es sofort zu reparieren." Die motorsportliche Leidenschaft im Team schien grenzenlos, man wollte unbedingt ins Ziel. Leider sollte die gute Arbeit nicht belohnt werden.
Getriebeschaden schon früh im Rennen
Nach einem längeren Boxenhalt ging es zurück auf die 13,6 Kilometer lange Bahn. Der Lola-Mazda setzte von Platz 47 erneut zur Aufholjagd an, wurde aber immer wieder von kleinen Schwierigkeiten eingebremst. Dann kam nachts um 2:30 Uhr die leider negative Entscheidung. "Jean war im Auto, als er plötzlich in Mulsanne einfach stehen blieb. Da war der Antriebsstrang kaputt, im Übergang vom Motor zum Getriebe. Jean ist ausgestiegen und hat versucht zu helfen, ich bin auch schnell dorthin und wir haben versucht, das Problem am Streckenrand zu beheben, aber es ging nicht. Wären wir mit dem Auto in der Box gewesen, dann hätten wir es reparieren können. Aber so war es dann vorbei", sagte Kruse über das traurige Ende der emotionalen und sportlichen Achterbahnfahrt.

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Die KSM-Mannschaft mit den Piloten Noda, Pourtales und Simonsen Zoom
Die private Mannschaft aus Siegburg lässt sich dennoch nicht unterkriegen. In zwei Monaten geht es mit dem LMS-Rennen am Nürburgring weiter. "Eventuell gehen wir diese Saison auch noch nach Amerika und fahren das Petit-Le-Mans. Und wenn der ACO uns noch einmal einlädt, kommen wir selbstverständlich auch im kommenden Jahr nach Le Mans zurück", so der Teamchef, der zwischenzeitlich auch immer wieder mit einem Auge auf das Duell zwischen Audi und Peugeot im Kampf um den Gesamtsieg schielte. "Mich freut es sehr, dass Audi es noch einmal geschafft hat. Ich mag dieses Auto sehr gern."
Für das kommende Jahr hat der Le-Mans-Veranstalter ACO tief greifende Regeländerungen angekündigt. Die Diesel-Renner sollen eingebremst werden, damit es einen offeneren Kampf um die Spitze geben kann. Außerdem sollen die Rundenzeiten wieder auf ein vertretbares Niveau gebracht werden, um auch die Sicherheitsaspekte in den Griff zu bekommen. Die großen LMP1-Autos sollen etwa bei Rundenzeiten von 3:30 min liegen (schnellste Runde 2008: 3:19.348 Minuten von Stéphane Sarrazin), die LMP2 etwa zehn Sekunden darüber. "Das wäre vielleicht ein Anreiz für Porsche, mit dem RS Spyder in die LMP1 zuwechseln. Da gehören die eigentlich sowieso hin", beschrieb Kruse seine Hoffnungen für das Jahr 2009.

