Kostenkontrolle in der LMP1: Tokensystem bleibt im Gespräch
Um die Kosten in der LMP1-Klasse nicht weiter ausufern zu lassen, freunden sich die Hersteller mit einem Tokensystem an: Zwei Lager beim Thema Mindestgewicht
(Motorsport-Total.com) - In der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) und bei den 24 Stunden von Le Mans liefern sich die LMP1-Herstellerteams von Audi, Porsche und Toyota intensive und spannende Kämpfe um Siege. Gleichzeitig stellen die drei Marken ihre Kompetenzen im Bereich Hybridtechnologie dar. Die aktuellen Prototypen werden von rund 500 PS starken Verbrennermotoren sowie noch einmal ebenso leistungsfähigen E-Maschinen angetrieben, deren Energie bei der Fahrt per Rekuperation gewonnen wird.

© xpbimages.com
Drei LMP1-Hersteller sind aktuell in der Szene: Kosten halten Interessenten fern Zoom
Die fortgeschrittene Technologie ermöglicht die aktuellen LMP1-PS-Monster, die trotz neuer Einschränkungen zur Saison 2016 immer schneller werden. Die Hybridtechnik hat einen Haken: sie ist teuer und sorgt für Rennbudgets im dreistelligen Millionenbereich. Die hohen Kosten halten potenzielle Neueinsteiger - unter anderem Peugeot - derzeit von einem Le-Mans-Comeback in der höchsten Klasse ab. Daher sucht man seit Jahren nach Sparmöglichkeiten.
Auf dem Weg zu einer Kostenkontrolle wurden unter anderem die Anzahl der Testtage oder der Aerodynamikpakete begrenzt. Man sucht nach weiteren Ansatzpunkten. Unter anderem waren die Kosten auch in der vergangenen Woche bei einer Sitzung der Technischen Arbeitsgruppe in Paris ein Thema, bei der man über Details des 2018er-LMP1-Regelwerkes diskutierte. "In Paris sind Vorschläge gemacht worden. Über diese denken wir nun nach. Auch am Samstag gab es in Le Mans noch einmal ein Meeting der Technical Working Group", berichtet TMG-Geschäftsführer Rob Leupen im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.
Token-ähnliches System findet mehr Anklang
"Ich bin der Meinung, dass wir noch ein paar Schritte machen können. Da kann ein Token-ähnliches System etwas dazu beitragen", so der Niederländer, der mit Toyota im Vergleich zur Konkurrenz von Audi und Porsche über das kleinste LMP1-Budget verfügt. Das Thema Tokensystem lag auch am gestrigen Montag wieder auf dem Tisch. Bei einem Treffen der sogenannten "Cost Saving Working Group" ging es um eine mögliche Ausgestaltung eines solchen Plans.
In der Formel 1 war das Tokensystem eingeführt worden, um die teure Entwicklung der Hybridantriebe in finanziell erträglichen Bahnen zu halten. Doch der Begriff war schnell negativ behaftet, weil die begrenzte Anzahl von Token dazu führte, dass Mercedes seinen Vorsprung halten und beispielsweise Honda die Aufholjagd nur in kleinen Schritten umsetzen konnte. Das Tokensystem wird in der Formel 1 daher zur Saison 2017 wieder verworfen.
Ein ähnliches System soll in der LMP1-Klasse aber die gewünschte Wirkung zeigen. Neu wäre ein solcher Ansatz ohnehin nicht. Schon jetzt sind die Möglichkeiten bei der Aerodynamikentwicklung eingeschränkt. 2016 dürfen die Hersteller nur drei Varianten homologieren, 2017 sollen es nur noch zwei sein. Audi, Porsche und Toyota dürfen den Fahrplan zu diesen Homologierungen frei bestimmen. Es ist also ein Tokensystem, ohne den aufgrund des negativen Formel-1-Beigeschmacks fast tabuisierten Begriff hierfür zu verwenden.
Das Konzept soll nun auf andere Entwicklungsbereiche übertragen werden. Nach Informationen von 'Motorsport-Total.com' haben sich bei dem Meeting zur Kostenkontrolle am Montag in Le Mans alle Hersteller dafür ausgesprochen, einen entsprechenden Plan zu verfolgen. Ob dieser letztlich umgesetzt wird, steht freilich auf einem anderen Blatt. Im Rahmen der 24 Stunden von Le Mans 2016 und den folgenden WEC-Rennen wird man sich erneut treffen.
ACO und FIA bleiben beim Thema Gewicht stur
Während das Tokensystem eine realistische Chance auf Einführung zu haben scheint, gehen bei einem anderen Ansatz zur Reduzierung der Kosten die Meinungen zu weit auseinander. Die Hersteller begegnen einer Erhöhung des LMP1-Mindestgewichts zur Saison 2018 mit großer Offenheit. Dies würde die teure Suche im Bereich Leichtbau einschränken. Die Hybridsysteme sind vergleichsweise schwer und verlangen an anderen Stellen des Fahrzeuges demnach nach teils extrem teuren Einsparungen beim Gewicht.
Bei diesem Thema spielen allerdings ACO und FIA nicht mit. Die Verbände wollen keine Erhöhung des Mindestgewichts der Fahrzeuge. Eine weitere Reduzierung der Testtage gilt als äußerst unwahrscheinlich, weil die Hersteller im Wettbewerb funktionierende LMP1-Autos zeigen möchten - und das geht nur bei ausreichender Erprobung abseits der Rennwochenenden. "Wir haben in den vergangenen zwei Jahren einige Schritte zu Kostenreduzierungen gemacht. Viel gibt es nicht mehr, aber es gibt noch etwas", sagt Rob Leupen.
Teaser: 24 Stunden von Le Mans 2016
Anheizer für die 84. Auflage der 24 Stunden von Le Mans am 18./19. Juni dieses Jahres
"Auf der einen Seite steht die Kostenkontrolle, auf der anderen Seite steht der Wunsch, die Hybridsysteme noch weiter zu entwickeln. Wir wollen in Le Mans und in der WEC darstellen, was in Bezug auf diese Technologie geht. Man muss da eine passende Balance finden", erklärt der TMG-Boss. Die Hersteller streben nach höheren Hybridklassen, 2018 soll es bis mindestens zehn Megajoule gehen, um weitere Entwicklungen darstellen zu können. Das Problem: Mit jedem dieser Schritte hängt man potenzielle Neueinsteiger weiter ab. Die Hürde für Peugeot und Co. wird immer höher.
"Ich würde mich freuen, wenn die PSA-Gruppe mit der Marke Peugeot zurückkehren würde. Das würde das Geschäft beleben und den Sport noch interessanter machen", sagt Leupen. "Zudem gibt so etwas der Serie mehr Stabilität für die Zukunft. Man muss immer damit rechnen, dass sich einer der Hersteller mal umorientiert. Das Reglement 2018, an dem wir immer noch arbeiten, wäre für Peugeot ein guter Einstiegspunkt." Die Franzosen wollen laut PSA-Boss Carlos Tavares zurück nach Le Mans - aber nicht um jeden Preis.

