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Konvergenz LMH vs. LMDh erreicht: WEC-Hypercars ab 2023 auch in IMSA

FIA, ACO und IMSA haben eine Einigung erzielt: LMH und LMDh werden über vier Stellschrauben aneinander angeglichen - LMH-Boliden auch in der IMSA erlaubt

(Motorsport-Total.com) - Die gemeinsame Top-Klasse von ACO und IMSA ist endgültig auf den Weg gebracht. Nachdem Le-Mans-Hypercars (LMH) und Le-Mans-Daytona-Hybriden (LMDh) theoretisch schon ab 2022 die gemeinsame Topklasse "Hypercar" in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) formen, dürfen nun die LMH offiziell auch umgekehrt in der IMSA SportsCar Championship ab 2023 starten.

Titel-Bild zur News: LMP1 von Alpine und Hypercars von Toyota in der LMH der WEC 2021

Die Hypercars der WEC treffen ab 2023 auf die LMDh-Klasse in der IMSA Zoom

In Zusammenarbeit mit dem Automobil-Weltverband FIA verkündeten die beiden Parteien außerdem vier Stellschrauben, über die die Konvergenz und Performance-Angleichung zwischen LMH- und LMDh-Klasse laufen wird.

"Was wir als Arbeitsgruppe erreicht haben, hat das Potenzial, den Prototypensport weltweit zu revolutionieren. Die Bühne ist bereitet für eine hart umkämpfte Top-Kategorie, in der viele der größten Automobilhersteller der Welt vertreten sein werden, die relevante Technologie in den prestigeträchtigsten Langstreckenrennen der Welt präsentieren", freut sich IMSA-Präsident John Doonan.

ACO-Präsident Pierre Fillon ergänzt: "Das sind wunderbare Nachrichten sowohl für die Fans als auch die Teams. Sie bereiten den Weg für eine strahlende Zukunft des Langstreckensports. Die Hersteller haben lange davon geträumt, mit ein und demselben Fahrzeug an den größten Langstreckenrennen der Welt mit teilzunehmen. Das wird nun Realität."

Doch wie wird sichergestellt, dass kein Fahrzeugkonzept einen Vorteil hat, wie es von einigen befürchtet wird? Chancengleichheit soll über vier Kernpunkte erreicht werden.

Stellschraube Reifen

Als erste dieser Stellschrauben wird der Punkt "Reifen" genannt. Allerdings ändert sich hier im Vergleich zu den bestehenden LMH-Regularien nichts. Allradgetriebene Prototypen werden an Vorder- und Hinterachse weiterhin die 310 Millimeter breiten Schlappen fahren, die sie jetzt schon benutzen.

Ein wenig anders sieht es bei den Rennautos mit Hinterradantrieb (im Volksmund: Heckantrieb) aus. Aufgrund des Fahrzeug-Konzepts dürfen sie jetzt bereits mit breiteren Hinterreifen starten. Der Glickenhaus 007 LMH startet beispielsweise mit 340 Millimeter breiten Reifen, die Vorderreifen sind dafür nur 290 Millimeter breit.


Teaser: 6 Stunden von Monza 2021

Die LMDh werden in dieses Schema eingefügt. Das sind gute Nachrichten für alle, die schon einen LMH-Boliden gebaut haben, denn so müssen die Fahrzeuge nicht umgebaut werden.

Stellschraube Hybrid-Boost

Auch das "Beschleunigungsprofil" fließt in den Angleichungsprozess mit ein. Schon in der LMH-Klasse gilt, dass Allradfahrzeuge erst ab 120 km/h den Elektroantrieb zünden dürfen (140 km/h im Regen) "boosten" dürfen. Dieser Wert wird womöglich neu definiert werden, wenn die LMDh eingeführt wird. Die FIA betont, dass erfahrungsgemäß ein Wert zwischen 120 und 160 km/h als Schwelle am sinnvollsten ist.

Bei den LMDh-Fahrzeugen, die im Vergleich zu den Hypercars nur über ein "Mini"-Einheitshybridsystem verfügen, sieht das ein wenig anders aus. Hier gibt es keine Beschränkungen bis auf die Traktion der Hinterreifen. Es wird eine Kontroll-Software eingebaut, die die Powerabgabe so weit begrenzt, wie es die Traktionskontrolle verträgt. Das war bereits in den Hybridregularien von 2012 und 2013 so der Fall.

Bei den Hypercars ist es bereits jetzt üblich, dass ein "Powerband" genau definiert ist. Die Leistung ist also als Teil der Balance of Performance (BoP) in jedem Drehzahlbereich festgelegt. So wird verhindert, dass Hybridfahrzeuge gegenüber Nichthybriden ihren Drehmomentvorteil ausspielen.

Der Elektromotor in der LMH-Klasse leistet bis zu 200 Kilowatt (272 PS). Die MGU der LMDh-Boliden generiert maximal 50 Kilowatt beim Boost (68 PS). Es muss also mehr Leistung vom Verbrennungsmotor erzeugt werden, wenn auch nicht so viel wie beispielsweise beim Glickenhaus 007, der auf ein Hybridsystem komplett verzichtet.

LMDh, Porsche

Die kostengünstige LMDh wird die LMH ab 2023 ergänzen Zoom

Stellschraube Bremskraft

Da Fahrzeuge mit Allradantrieb ein Schleppmoment an allen vier Rädern aufbauen können, zweiradgetriebene Boliden aber nur an zweien, gibt es einen Unterschied in der Leistungsfähigkeit beim Verzögern.

Hier wird das Schleppmoment begrenzt, um den Vorteil auszuradieren. Es wird dazu ein maximales Moment definiert, das nicht überschritten werden darf. Allradfahrzeuge werden über ein im Schubbetrieb nicht sperrendes Differenzial an der Vorderachse verfügen.

Stellschraube Aerodynamik

Zu guter Letzt erfolgt eine Konvergenz auch über die Aerodynamik. LMH-Fahrzeuge werden grundsätzlich weiterhin im Windkanal bei Sauber homologiert, LMDh-Fahrzeuge in jenem von Windshear.

Nimmt aber ein Fahrzeug an der jeweils anderen Serie teil, so erfolgt die Windkanal-Charakterisierung im Windkanal der jeweils anderen Serie. So ist sichergestellt, dass alles Fahrzeuge unter denselben Voraussetzungen für die jeweilige Rennserie homologiert werden und es kein Mismatch gibt.

Wie sich das alles in der Praxis umsetzen lässt, werden wir wohl erst 2023 erfahren. Das erste Rennen des neuen Zeitalters mit Doppelphilosophie werden die 24 Stunden von Daytona im Januar 2023 sein.