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  • 09.12.2015 20:10

"Fahrer-AG Nordschleife" gibt Empfehlungen für 2016 heraus

Die Fahrer-Arbeitsgruppe Nordschleife empfiehlt dem DMSB für VLN und 24-Stunden-Rennen 2016 Regelungen für mehr Sicherheit in der "Grünen Hölle"

(Motorsport-Total.com) - Die vom Deutschen Motorsport Bund (DMSB) ins Leben gerufene Fahrer-Arbeitsgruppe Nordschleife beendet mit den nachfolgend beschlossenen Empfehlungen für die Motorsportsaison 2016 ihre ehrenamtliche Tätigkeit für den DMSB. Nach dem tragischen Unfall zum Saisonauftakt der VLN 2015, bei dem ein Zuschauer ums Leben kam, reagierte der DMSB mit Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Nürburgring-Nordschleife und bildete Arbeitsgruppen, die Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit
erarbeiten sollten.

Titel-Bild zur News: Christian Hohenadel, Kenneth Heyer

Die Sicherheit auf der Nordschleife soll für 2016 verbessert werden Zoom

Seitens des DMSB wurde Dirk Adorf mit der Zusammensetzung und Leitung der Fahrer-AG beauftragt, die für die Verbesserung der Sicherheit aus Fahrersicht Lösungen erarbeiten sollte. Mit Marc Lieb, Arno Klasen, Altfrid Heger und Markus Oestreich gelang es, jahrzehntelange Rennerfahrung im Breiten- sowie Profisport für die Fahrer-AG zu gewinnen, die am 18. Juni 2015 ihre Arbeit aufnahm. Der lobenswerte Entschluss des DMSB, eine Expertenkommission aus Fahrern ins Leben zu rufen und mit der Ausarbeitung von Sicherheitskonzepten zu beauftragen, ist richtungsweisend und zeigt, dass dem DMSB an einer praxisorientierten und sinnvollen Lösung gelegen ist.

Zutreffenderweise können nur die Aktiven aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen und Kenntnisse im Motorsport wirklich einschätzen, was auf der Rennstrecke benötigt wird. Als Hauptthemen der AG-Arbeit kristallisierten sich drei Aspekte heraus:

- Nordschleifen-Führerschein (DPN Permit)
- Code-60-Regelung des DMSB, wie sie auf der Nordschleife bei VLN und 24-Stunden-Rennen zur Anwendung kommt
- Entwicklung eines E-Learning-Tools, um den Teilnehmern die vom DMSB installierten spezifischen Regeln zielsicher näherzubringen

Ferner stellte die Fahrer-AG von Beginn an klar, dass sie gegen einen geplanten Umbau der Nürburgring-Nordschleife und für die schnellstmögliche Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzungen eintritt sowie jegliche finanziellen Interessen bei ihrer Arbeit außer Acht lässt und den Sport in den Vordergrund stellt.

Im Nachfolgenden die verabschiedeten Empfehlungen der Fahrer-AG, die dem DMSB zugestellt wurden, im Detail:

Nordschleifen-Führerschein (DPN Permit)

Die Fahrer-AG empfiehlt dem DMSB eine erhebliche Entbürokratisierung und Vereinfachung zur Erlangung des DPN Permits. Die Grundidee, jeden Fahrer zunächst auf leistungsschwächeren Fahrzeugen die Besonderheiten der VLN- und 24-Stunden-Rennen - aufgrund der spezifischen Regularien des DMSB und der Vielzahl an Teilnehmern und unterschiedlichen Fahrzeug- und Leistungsklassen - näherzubringen, begrüßt die Fahrer-AG. Ferner empfiehlt die Fahrer-AG dem DMSB, die Gültigkeit des DPN Permits an die der Lizenz (fünf Jahre) zu koppeln.

Die Notwendigkeit eines Permits auf der Nürburgring Nordschleife erkennt die Fahrer-AG ausschließlich bei Veranstaltungen der VLN und des 24-Stunden-Rennens. Nur hier kommt der besondere Einsatz von Flaggen und Regeln (Code 60) des DMSB zur Anwendung. Analog der vom DMSB durchgeführten Handhabung bei Rennen des Porsche-Cup, der WTCC und weiteren Rahmenrennen des 24-Stunden-Rennens, sieht die Fahrer-AG keinen Handlungsbedarf für ein Permit bei Rennen der RCN oder der Youngtimer-Serie.

Code-60-Regelung

Die Anwendung einer Code-60-Regelung (Ersatz eines sonst nötigen Safety-Cars) aufgrund der Besonderheiten der Nürburgring-Nordschleife begrüßt die Fahrer-AG. Die Fahrer-AG erarbeitete und verabschiedete in ihren Reihen einen Vorschlag zur Neuregelung Code 60, die den Schutz der Streckensicherung sowie der zu bergenden Fahrer gewährleistet, Unfälle durch Anwendung von Code 60 deutlich reduziert sowie eine erheblich niedrigere Wettbewerbsverzerrung bewirken wird.

Der konkrete Vorschlag der Fahrer-AG: Einfach Gelb wie bisher (Gefahr), doppelt Gelb geschwenkte Flaggen mit einer maximalen Geschwindigkeit von 120 km/h. Sollte die Situation dann einen Safety-Car-Einsatz beziehungsweise Code 60 erfordern, wird vorgeschlagen: gelbe Flagge mit zusätzlicher Code-60-Flagge und einer maximal erlaubten Geschwindigkeit von 60 km/h.

Die Umsetzung der Code-60-Flagge nach internationalen Richtlinien (60 km/h ab der Code-60-Flagge) wird von der Fahrer-AG dringend empfohlen. Mit diesem Vorschlag wird insbesondere gewährleistet, dass die Streckensicherung durch das Schwenken von doppelt gelben Flaggen zunächst ausreichend Zeit erhält, die Situation korrekt einzuschätzen und zugleich eine deutliche Verlangsamung des Teilnehmerfeldes zu
erreichen.


Fotostrecke: Alle Sieger der 24 Stunden Nürburgring

Bislang liegt es im Ermessen eines jeden Strecken-Marschalls, die Entscheidung eines Renndirektors zu übernehmen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen muss die Streckensicherung entscheiden, ob ein Safety-Car-Einsatz beziehungsweise Code 60 notwendig ist oder nicht. Den Marshalls der Streckensicherung eine solche Entscheidung aufzubürden, hält die Fahrer-AG für nicht zumutbar.

Außerdem erfolgt auf diese Weise eine stufenweise Verlangsamung der Teilnehmer, weil keine abrupten Bremsmanöver teilweise aus Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h mehr eingeleitet werden müssen, was bislang nachweislich zu vielen, teilweise heftigen Folgeunfällen führte. Darüber hinaus werden eine Vielzahl von derzeitig nicht notwendigen Code-60- beziehungsweise Safety-Car-Phasen vermieden.

Die Auslösung einer Code-60-Phase darf aus Sicht der Fahrer-AG nicht wie bisher durch das simple Schwenken von zwei gelben Flaggen erfolgen. Das Schwenken von doppelt gelben Flaggen bedeutet in allen anderen Rennserien - in denen übrigens das gleiche Personal der Streckensicherung tätig ist - nämlich weder den Einsatz eines Safety-Cars noch Code 60. Zudem stellt die zurzeit angewendete und vom DMSB installierte Code-60-Regelung eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung in Training und Rennen dar, was durch die dringende Empfehlung der Fahrer-AG künftig deutlich vermindert wird.

Im Rahmen der Fahrerbesprechung zum VLN 6-Stunden-Rennen am 4. September 2015 hat die Fahrer-AG allen Fahrern den Vorschlag zur Neuregelung des Code 60 vorgestellt und darüber abstimmen lassen. Ohne Gegenstimme wurde der von der Fahrer-AG erarbeitete Vorschlag in vollem Umfang angenommen und begrüßt.

E-Learning-Tool

Bedingt durch die Besonderheiten der Nürburgring-Nordschleife in Kombination mit den speziellen Regelungen für Vorwarnung Code 60 und doppelt gelber Flagge, erarbeitete die Fahrer-AG ein E-Learning-Tool für Fahrer und Streckensicherung, welches sie dem DMSB in einer eigens entwickelten Testversion zur Verfügung stellte.

Dieses E-Learning-Tool sieht vor, dass sich jeder Fahrer zunächst von zuhause aus online mit den Regularien und Besonderheiten vertraut machen kann und im Rahmen der Dokumentenabnahme vor dem ersten Rennen oder auch schon bei den Test- und Einstellfahrten einen Abschlusstest persönlich und vor Ort absolvieren muss.

So ist gewährleistet, dass sich jeder Fahrer mit den Besonderheiten der Strecke in Verbindung mit der durch den DMSB installierten Regelungen auseinandersetzen muss. Ferner wird sichergestellt, dass es künftig zu keinen weiteren Missverständnissen bezüglich der speziellen und nur auf der Nürburgring-Nordschleife geltenden Regelungen für VLN und 24-Stunden-Rennen kommt.

Die vom DMSB als Expertenkommission einberufene Fahrer-AG Nordschleife dankt dem DMSB im Namen aller Aktiven für das entgegengebrachtes Vertrauen und den Auftrag zur Ausarbeitung von konstruktiven und praxisorientierten Empfehlungen aus Fahrersicht. Die Fahrer-AG hat sich der ihr zugetragenen verantwortungsvollen Aufgabe gerne angenommen, konstruktive Sicherheitskonzepte erarbeitet und dem DMSB vorstehende dringend gebotene Empfehlungen vorgelegt.

Die Fahrer-AG geht davon aus, dass ihre Empfehlungen erwartungsgemäß in unveränderter und nicht abgewandelter Form in das Regelwerk des DMSB übernommen und umgesetzt werden.