AT-Klasse voll wie nie: eFuels und Co. bei 24h Nürburgring im Fokus
Alternative Kraftstoffe erobern die Nürburgring-Nordschleife: Elf Fahrzeuge treten mit klimafreundlichen Experimental-Treibstoffen bei den 24h Nürburgring 2025 an
(Motorsport-Total.com) - Bei den 24 Stunden vom Nürburgring hält die Zukunft weiter Einzug. Immer mehr Teams, die sich mit alternativen Antrieben und Kraftstoffen beschäftigen, wollen sich auf der Nordschleife mit den anderen Teilnehmern messen. Bei der Ausgabe vom 19. bis 22. Juni 2025 sind elf Fahrzeuge in den AT-Klassen eingeschrieben - ein Teilnehmer-Boom, der zeigt, dass das wichtige Zukunftsthema auch beim Langstreckenklassiker angekommen ist.

© Patrick Funk
eFuels machen auf der Nürburgring-Nordschleife mittlerweile Schule - nicht nur optisch Zoom
"Diese AT-Projekte sehen wir grundsätzlich sehr positiv, weil sie einen Schritt in die richtige Richtung darstellen", sagt 24h-Rennleiter Walter Hornung. "Unter anderem eFuels sind richtungweisend und technologisch eine gute Möglichkeit, den CO2-Fußabdruck im Motorsport weiter zu verringern."
Um ihnen allen eine Startmöglichkeit zu geben, werden die Fahrzeuge individuell eingestuft. Hornung: "Wir haben inzwischen drei AT-Klassen ausgeschrieben, bei denen sich die Einstufung nach der Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs richtet."
Walter Hornung ist für die 24h 2025 sehr optimistisch: "Die AT-Betankung erfolgt an einem Tankplatz zu Beginn der Boxengasse, der die Maximalzahl der Teilnehmer in dieser Kategorie allerdings beschränkt." Die in diesem Jahr startenden Fahrzeuge markieren damit eine Kapazitätsgrenze. Vorläufig jedenfalls. Denn der breite Einsatz dieser Treibstoffe "ist unser mittelfristiger Wunsch", sagt der Rennleiter. Alles in allem ist es also eine Frage der Zeit, bis der Motorsport in der legendären Grünen Hölle auch in Sachen Treibstoffe grün wird.
eFuels oder Biokraftstoff?
Bei den Kraftstoffen gibt es zwei Herangehensweisen: Einige Teams setzen auf eFuels, andere auf Biokraftstoffe. Diese beiden Varianten werden in unterschiedlichen Verfahren hergestellt. Biokraftstoffe setzen auf Biomasse (Mais, Zuckerrohr, Raps). Um eine Nahrungsmittelkonkurrenz zu vermeiden, wird versucht, auf organische "Abfälle" zurückzugreifen. eFuels hingegen werden chemisch aus Wasser und CO2 und unter Einsatz von Strom (deswegen das "e") hergestellt.
Max Kruse Racing geht mit drei Fahrzeugen in der AT3 und einem Auto in der AT2 an den Start. Das Team, hinter dem nicht nur der namensgebende Fußballprofi steht, sondern auch VW-Markenbotschafter und Entwicklungsfahrer Benny Leuchter, setzt den "E20 Blue Gasoline"-Kraftstoff ein. Dieser besteht zu 20 Prozent aus Bioethanol und zusätzlichen 40 Prozent aus erneuerbaren Komponenten, wie Rest- und Abfallstoffe. Das sorgt für eine CO2-Reduktion von bis zu 40 Prozent im Vergleich zu herkömmlichem Benzin. Der Kraftstoff wurde im Shell Technology Center in Hamburg entwickelt.
Auch das Team Fancy by Teamwork Motorsport setzt auf einen E20-Kraftstoff. Fancy ist ein chinesisches Kundenteam von Teamwork Motorsport, einem renommierten Rennstall mit Sitz in Hongkong, der seit 1999 in verschiedenen Tourenwagen-Serien wie etwa der Tourenwagen-WM aktiv ist.

© VLN
Nachhaltigkeits-Dauerbrenner: Four Motors startet schon seit 2003 in der AT-Klasse Zoom
Einen ähnlichen Weg geht Four Motors. Das Team nutzt alternativen E20-Kraftstoff von CropEnergies. Das ist Ottokraftstoff mit 20 Prozent Bioethanol-Anteil aus nachhaltiger Produktion. Das Team versucht zusätzlich, auch die eingesetzten Öle und Schmierstoffe aus nachhaltiger Produktion zu gewinnen.
Andere Teams setzen auf eFuels: Manthey Racing Team by eFuel Griesemann treten seit diesem Jahr mit dem von Manthey entwickelten Porsche 718 Cayman GT4 RS CS M an. Georg Griesemann betont: "Die Daten der letzten beiden Jahre sprechen eine klare Sprache: eFuels haben keine Nachteile. Mit Manthey haben wir einen Partner gefunden, der diese Überzeugung teilt. Gemeinsam wollen wir beim 24h-Rennen zeigen, dass ein Fahrzeug mit klimafreundlichen Kraftstoffen absolut konkurrenzfähig ist."
Getankt wird ein eFuel von DeCarTrans - einem Projekt der TU Bergakademie Freiberg. Das Projekt will ein Verfahren zur Herstellung von synthetischem Benzin aus Methanol, das aus erneuerbaren Quellen stammt, weiterentwickeln.
Auch der eingesetzte Kraftstoff bei Hofor racing by Bonk Motorsport kommt von DeCarTrans. Das Besondere an diesem Kraftstoff ist, dass er ohne Umbauten am Motor oder Fahrzeug getankt werden kann. Auch WS Racing by Kuepperracing mit dem BMW M4 GT4 und das "Girls Only - Ready to rock the Green Hell"-Team nutzen eFuels.
Ihr Partner ist Nordoel, die ein eFuel der ersten Generation produzieren, basierend auf dem "Methanol-to-Gasoline"-Prinzip (MTG). Dabei dient Biomethanol als regenerative Quelle. Die vom Reglement gewollte Vielfalt spiegelt sich also auch bei der Nutzung nachhaltigerer Kraftstoff wider.
Der Motorsport bleibt damit, was er schon immer war: Ein Testfeld, um neue Technologien unter Maximalbedingungen zu erproben. Die bisherigen Erfahrungen zeigen dabei, dass Nachhaltigkeit im Motorsport möglich ist und es bereits mehrere Alternativen zu fossilen Treibstoffen gibt. Die Vielfalt ist für die Veranstalter der 24h Nürburgring aber auch eine Herausforderung - besonders im Bereich der Logistik und Kraftstoffbereitstellung.
Nachhaltigkeit über den Kraftstoff hinaus
Die Teams in den AT-Klassen legen nicht nur auf den Treibstoff ein Augenmerk, sondern immer mehr auch auf den Einsatz weiterer nachhaltiger Komponenten. Hofor racing by Bonk Motorsport und Four Motors Bioconcept-Car setzen beispielsweise Bioverbundwerkstoffe in der Fahrzeugkarosserie ein. Teile wie Türen, Heckflügel und Fronthauben werden aus Naturfaserverbundwerkstoffen gefertigt, die leichter als Glasfasern und kostengünstiger als Carbonfasern sind.
Hofor racing arbeitet zudem mit Goodyear zusammen, die umweltzertifizierte Rennreifen entwickeln, die einen höheren Anteil an nachhaltigen Materialien enthalten und eine längere Haltbarkeit aufweisen.
Manthey Racing Team by eFuel Griesemann hat in Zusammenarbeit mit Porsche Motorsport Prototypteile aus recyceltem carbonfaserverstärktem Kunststoff (CfK) entwickelt und verbaut. "Es gab vor kurzem eine große Diskussion um Carbon, das in der Produktion sehr energieaufwendig ist", schreibt Björn Griesemann. "Dieser Werkstoff ist ein Schritt hin zur Kreislaufwirtschaft - ein Thema, das uns in den kommenden Jahrzehnten zunehmend beschäftigen wird." Diese Maßnahme trägt vor allem zur Ressourcenschonung bei.


Neueste Kommentare
Erstellen Sie jetzt den ersten Kommentar