• 30.07.2010 15:41

Ajo: "Marc ist eines der größten Talente überhaupt"

Aki Ajo über seinen Stammfahrer Marc Márquez, der aktuell die Konkurrenz in der 125er-Kategorie dominiert und zuletzt fünf Siege in Folge feierte

(Motorsport-Total.com) - Teamchef Aki Ajo hat derzeit viel Freude an seinem Fahrer: Marc Márquez ist der Mann der Stunde in der 125er-WM. Der 17-jährige Spanier siegte zuletzt fünfmal in Folge und belegt souverän den ersten Tabellenplatz in der Nachwuchsklasse. Zur Saisonhälfte ist Márquez also auf Titelkurs, doch davon will Ajo noch nichts wissen - obwohl er seinem Schützling den Titelgewinn durchaus zutraut. Im Teaminterview spricht der finnische Teameigner über die Entwicklung von Márquez in seinem Team.

Titel-Bild zur News: Aki Ajo mit den Gewinnern

Aki Ajo und sein Team bringen 2010 den Spanier Marc Márquez an den WM-Start

Frage: "Aki, weshalb hast du Marc Márquez unter Vertrag genommen? Was hast du in ihm erkannt?"
Aki Ajo: "Das war keine schwierige Wahl. Ich habe seine Karriere schon seit vielen Jahren verfolgt und halte ihn für eines der größten Talente überhaupt. Das hat er meiner Meinung nach in dieser Saison durch seine Resultate unter Beweis gestellt."#w1#

Frage: "Wann ist er dir erstmals aufgefallen?"
Ajo: "Zum ersten Mal habe ich ihn in der Saison 2007 gesehen, als er in der spanischen CEV-Serie unterwegs war. Rückblickend muss ich sagen: Ich dachte damals, dass ich es weit bringen könnte mit diesem jungen Fahrer. Unterm Strich ist es schon seit Jahren ein Anliegen, neue Talente an den Sport heranzuführen, bis sie ihr volles Potenzial entfalten können."

Frage: "Du hast schon mit Piloten wie Mika Kallio und Mike di Meglio zusammen gearbeitet. Haben all diese Fahrer etwas gemeinsam?"
Ajo: "Diese Fahrer zählen aktuell zur Elite des Zweiradsports, sind aber natürlich vollkommen unterschiedliche Charaktere. Jeder hat seine eigenen Qualitäten. Logischerweise gibt es auch viele Gemeinsamkeiten. Sie alle können sich prima konzentrieren und gemein ist ihnen darüber hinaus auch der unbedingte Wunsch zum Sieg."

"Beeindruckend. Das war mein erster Gedanke." Aki Ajo

Frage: "Was dachtest du am ersten gemeinsamen Arbeitstag mit Marc? Welche seiner Qualitäten würdest du hervorheben?"
Ajo: "Beeindruckend. Das war mein erster Gedanke. Mir fiel auf, dass die Qualitäten, die ich bereits von Außen erkannt hatte, seine wahren Stärken sind."

"Darüber hinaus ist Marc sehr, sehr professionell und ruhig. Er hat die Fähigkeit, sich unheimlich gut konzentrieren zu können. Marc ist ein Teamplayer durch und durch. Er strebt regelrecht nach dem Sieg. Abgesehen davon lernt er jeden Tag neue Dinge dazu."

Frage: "In welchen Bereichen musstest du ihn verbessern oder in seine Schranken verweisen?"
Ajo: "Marc ist wahrhaftig professionell. Das muss man einfach herausstellen. Und das, obwohl er nur 17 Jahre alt ist. Natürlich gibt es da noch gewisse Punkte, die man entwickeln muss. Indem er so eng mit dem Team zusammen arbeitet, können wir uns Tag für Tag entwickeln und Fortschritte machen."

"Wir lernen aus unserem Tun und versuchen, uns künftig zu steigern. Manchmal ist ein junger Fahrer etwas zu enthusiastisch. Unser Job ist es dann, die Situation anzusprechen. Gemeinsam lernt man dann aus der Leistung - für die Zukunft."

"Marc kann seinen Gefühlen sehr präzise Ausdruck verleihen." Aki Ajo

Frage: "Wie würdest du sein Gespür beschreiben, wenn er seine Gefühlen in Bezug auf das Bike und das Setup an das Team weitergibt?"
Ajo: "Wenn man sein Alter und seine Erfahrung in Betracht zieht, hat er sich dabei als sehr gut erwiesen. Marc kann seinen Gefühlen sehr präzise Ausdruck verleihen - auch in den Trainings. Das macht uns die Analyse der Daten deutlich einfacher. Wir können das Feedback des Fahrers somit in die Arbeit für das richtige Setup einfließen lassen."

Frage: "War es einfach, ein Verständnis im Team aufzubauen?"
Ajo: "Das war wirklich nicht schwierig. Marc verhält sich sehr kooperativ. Er ist ein junger Fahrer, den es nach Siegen dürstet. Ein Grund dafür könnte sein, dass seine Mentalität der Ruhe und dem analytischen Arbeiten entspricht, wie man es in Nordeuropa antrifft. Genau daran ist unsere Crew gewöhnt."

Frage: "Bist du überrascht von Marcs Leistungen seit Mugello?"
Ajo: "Um der Wahrheit die Ehre zu geben: nein. Schon bei den Wintertests war klar, dass wir gemeinsam sehr stark sein würden. Um ehrlich zu sein: Niemand von uns hätte allerdings erwartet, fünf Mal in Folge zu siegen. Das hat uns also möglicherweise etwas überrascht."

Frage: "Wie intensiv habt ihr über den gebrochenen Auspuff von Jerez nachgedacht?"
Ajo: "Oje, bitte fang' davon gar nicht erst an. Ja, darüber haben wir uns viele Gedanken gemacht. Damals war das ständig präsent. Ich denke, wir müssen solche Vorkommnisse zu unseren Gunsten nutzen und glauben daher, dass sie uns nur stärker machen."

"Glück gehört freilich auch dazu." Aki Ajo

Frage: "Was braucht es in der 125er-WM, um den Titel zu gewinnen?"
Ajo: "Zunächst einmal brauchst du einen Fahrer. Dieser wiederum braucht das richtige Team, die richtigen Leute um sich herum und auch die passenden Partner. Glück gehört freilich auch dazu. Zum Schluss fehlt noch ein gutes Gefühl für das Bike. Um ein so wichtiges Ziel zu erreichen, musst du einen positiven Schwung haben. Ich darf mit Freude feststellen: Sowohl der Fahrer als auch das Team haben sämtliche dieser Zutaten beisammen, wie ich meine."

Frage: "Was geht dir durch den Kopf, wenn du Marc im Training immer wieder neue Bestmarken aufstellen siehst?"
Ajo: "Ich komme aus Skandinavien, also mache ich mir immer Sorgen! Natürlich bin ich einfach nur aufgeregt und gespannt."

Frage: "Ist Marc bereit, um einen Titel zu gewinnen?"
Ajo: "Noch ist es meiner Meinung nach zu früh, um darüber zu sprechen. Natürlich besteht eine Chance. Gemeinsam mit dem Team werden wir alles daran setzen, um mit Marc in den kommenden Rennen sehr gut abzuschneiden."

"Er ist mental sehr stark. Unterm Strich gibt es aber nur eine ehrliche Antwort - und diese lautet: Wir müssen abwarten, was passiert, und unser Bestes geben. Sprechen wir doch im November noch einmal über dieses Thema."

Frage: "Mit dem Fahrer Marc Márquez sind wir vertraut, aber was ist für dich die beste Eigenschaft seiner Persönlichkeit?"
Ajo: "Ich bewundere an ihm, dass er noch immer ein normaler Jungs in einer normalen Familie sein kann. Das ist wahrscheinlich die wichtigste Qualität, die ihn aktuell derart stark macht. Darüber hinaus macht es mir sehr viel Freude, wenn wir in unserer eingeschränkten Freizeit etwas gemeinsam unternehmen. Wir sind gute Freunde, wie ich sagen darf."

"Wie ich schon sagte: Marc ist eines der größten Talente weltweit." Aki Ajo

Frage: "Wo siehst du Marc in fünf Jahren?"
Ajo: "Wie ich schon sagte: Marc ist eines der größten Talente weltweit. Der Motorsport ist aber gefährlich und du brauchst nicht zuletzt etwas Glück. Ich denke, er hat eine große Zukunft vor sich - vor allem, wenn er die richtigen Leute um sich schart."

Frage: "Wie werdet ihr die zweite Saisonhälfte angehen?"
Ajo: "Darüber haben wir uns mit Marc bereits des Öfteren unterhalten. Wichtig ist, dass wir mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben. Wir müssen hart arbeiten und konzentriert bleiben - also genau wie bisher."

Frage: "Wie bereitet ihr euch auf ein Rennen vor?"
Ajo: "Zunächst einmal ist es wichtig, dass das gesamte Team möglichst gut vorbereitet ist. Schon während der Vorsaison beginnen wir damit, einige Vorbereitungen zu treffen. Natürlich läuft diesbezüglich sehr viel am Wochenende vor dem jeweiligen Rennen ab, wenn wir aus unseren Erfahrungen lernen. Wir sammeln aber auch neue Eindrücke, die in der Zukunft zur Anwendung gelangen könnten."

"Emilio spielt in der Karriere von Marc eine überaus wichtige Rolle." Aki Ajo

Frage: "Welche Rolle spielt Emilio Alzamora deiner Meinung nach für Marc?"
Ajo: "Emilio spielt in der Karriere von Marc eine überaus wichtige Rolle. Vor Jahren haben die beiden gemeinsam begonnen und Emilios Einsatz war einfach unersetzbar für Marcs Karriere. Genau so, wie sich Marc als Fahrer entwickelt hat, so hat sich aber auch die Rolle von Emilio entwickelt."

"Einige der technischen Verantwortlichkeiten sind nun dem Team zugefallen. Ich denke, mit der aktuellen Situation und mit der Rollenverteilung können wir zufrieden sein. Das ist ein Schlüssel zum Erfolg, wie ich finde. Alle Leute rund um Marc sind genau am richtigen Platz. Der Wettbewerb ist letztendlich eine Teamleistung."