• 25.09.2008 12:48

  • von Stefan Ziegler

Tarquini: "SEAT hat mir viel Vertrauen geschenkt"

SEAT-Pilot Gabriele Tarquini im exklusiven Interview über die Endphase des Titelkampfes, neue Hersteller in der WTCC und das Jahr 2009

(Motorsport-Total.com) - Nur vier Punkte hat Gabriele Tarquini aus den vergangenen beiden Rennwochenenden in Oschersleben und Imola mitnehmen können - doch bei nur noch sechs verbleibenden WM-Läufen wird die Luft an der Tabellenspitze langsam dünn. Alles deutet derzeit auf ein SEAT-internes Duell zwischen Tarquini und Yvan Muller hin, wobei der Italiener schon zwölf Punkte Rückstand auf den Franzosen aufweist. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' sprach Tarquini über die kommenden Wochen in der WTCC.

Titel-Bild zur News: Gabriele Tarquini

SEAT-Pilot Gabriele Tarquini möchte sich am Saisonende über den Titel freuen

Frage: "Gabriele, was erwartest du dir von den restlichen Rennen?"
Gabriele Tarquini: "Um den Titel zu kämpfen natürlich. Unser Hauptaugenmerk liegt allerdings auf der Konstrukteursmeisterschaft. Das ist das große Ziel von SEAT. Wir sind aber logischerweise auch darauf aus, um den Fahrertitel zu fahren. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass nur Yvan und ich darum kämpfen werden. Mindestens vier Fahrer werden sich am Ende wohl darum streiten und das Ganze wird sicherlich erst wieder im letzten Rennen entschieden - wie gewöhnlich. Ein Blick in die Geschichte dieser Meisterschaft zeigt uns, dass es so in der Regel abläuft. Es wird sehr schwierig sein, den Titel schon vorzeitig unter Dach und Fach zu bringen."#w1#

Stimmung im SEAT-Team passt

Frage: "Erwartest du Spannungen zwischen dir und Yvan gegen Saisonende? Sowohl auf als abseits der Rennstrecke?"
Tarquini: "Nein, überhaupt nicht. Die Atmosphäre bei uns im Team ist ganz hervorragend. Wir kämpfen gegeneinander, treiben uns gegenseitig an. Meiner Meinung nach hat SEAT die besten Fahrer im Paddock, was mich natürlich einschließt (lacht; Anm. d. Red.). Sie haben aber nur einen pro Land ausgewählt und meiner Ansicht nach, jeweils den Besten."

"Yvan ist unglaublich schnell, Tiago (Tiago Monteiro; Anm. d. Red.) ist ein starker Pilot, ich bin recht flott unterwegs - alt, aber schnell - Rickard (Rickard Rydell; Anm. d. Red.) und Jordi (Jordi Gené; Anm. d. Red.). Wir sind eine schnelle Mannschaft und die Stimmung passt. Wir haben keinerlei Probleme, müssen aber Rücksicht aufeinander nehmen - nicht, dass wir uns noch gegenseitig rausknüppeln. Man könnte also sagen, wir nehmen auf die Teamkollegen besonders viel Rücksicht."

Frage: "Du bist schon in vielen Rennserien unterwegs gewesen. Wie würdest du die WTCC unter all diesen einordnen?"
Tarquini: "Für mich ist das eine fantastische Rennserie! Das Niveau der Fahrer ist unglaublich hoch, das Wettbewerbsniveau ebenfalls. Wir brauchen künftig sicherlich weitere Hersteller, um weiter zu wachsen. Es ist einfach an der Zeit, wieder jemand neu hinzu kommen zu lassen, einen guten Konstrukteur. Das ist gewiss das Ziel der KSO. Sie wollen weitere Hersteller in dieser Serie dabei haben, denn drei sind einfach nicht genug. Das ist das Ziel."

Weitere Testfahrten für den Titel

Frage: "Volvo wird in Monza noch einmal schnuppern und könnte 2009 werksseitig einsteigen. Wie siehst du das?"
Tarquini: "Es wäre großartig, wenn Volvo für eine komplette Saison bei uns einsteigt. Ein weiteres Werksteam wäre einfach klasse. Für ein Privatteam hängen die Trauben in dieser Meisterschaft ziemlich hoch. Privatteams mögen vielleicht in der Lage sein, um die Independent's Trophy zu fahren, aber für den WTCC-Titel braucht es viele Testfahrten, einige gute Fahrer und mehrere Wagen. Mit zwei Wagen um den Herstellertitel zu fahren ist keine leichte Aufgabe - BMW und SEAT haben jeweils fünf Autos am Start, Chevrolet drei. Ich weiß nicht wirklich, was Volvo vor hat. Ich hoffe aber, dass sie zu uns kommen. Sie sind herzlich willkommen!"

Frage: "Wie wirst du dich auf die restlichen Rennen vorbereiten? Gibt es weitere Testfahrten?"
Tarquini: "Wir haben einige Testfahrten geplant. Vor Okayama hat das Team vor, mindestens zwei Termine zu absolvieren, um den Wagen weiterzuentwickeln. Unser Motor ist einfach noch jung. Die Entwicklung daran ist zwar eingefroren, aber man kann natürlich noch immer daran arbeiten: Man kann die Einstellungen verfeinern oder das Setup verbessern."

"Das beschränkt sich natürlich nicht nur auf den Motor, sondern beinhaltet logischerweise das Gesamtpaket. Der große Schwachpunkt dieses Wagens ist in meinen Augen im Moment das Chassis. Da sind wir einfach nicht so gut wie die Benziner. Ich weiß nicht, ob wir diesen Level erreichen können, denn das hängt mit dem Gesamtgewicht und der Lastenverteilung zusammen."

Tarquini auch 2009 wieder am Start?

Frage: "Du hast vorhin die Kontrollinstanzen der Serie erwähnt. Denkst du, da wird zu viel gemacht? Fühlst du dich eingeschränkt?"
Tarquini: "Ich weiß nicht. Um ehrlich zu sein, gab es im Laufe dieser Saison viele Änderungen. Für die Leute ist es ziemlich schwierig, all diese Änderungen nachzuvollziehen. Ich verstehe einige Änderungen und Entscheidungen nicht wirklich. Es sollte doch so überschaubar sein, dass man es den Zuschauern auch vermitteln kann. Vielleicht ist der eingeschlagene Weg also nicht unbedingt der beste."

Frage: "Sehen wir dich 2009 wieder an der Rennstrecke?"
Tarquini: "Keine Ahnung. Mein Vertrag läuft in diesem Jahr aus. SEAT hat mir viel Vertrauen geschenkt, denn ich habe damals einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Ich war zu dieser Zeit schon nicht mehr der Jüngste, habe aber ein gutes Verhältnis zu ihnen. Unsere Beziehung passt, ich mag die spanischen Leute, die liegen von der Mentalität her nahe bei den Italienern. Die Atmosphäre im Team ist großartig, die Truppe ist eine der besten, mit der ich jemals zusammengearbeitet habe. Für mich kam das sehr überraschend, denn ich war noch niemals zuvor bei einem spanischen Team. Die Atmosphäre ist eines, aber man muss auch gemeinsam an einem Strang ziehen können."

"Die Professionalität stimmt, wir sind auf unsere Ziele fokussiert. Das hat mich wirklich überrascht - und ich bin schon bei vielen Teams gefahren. Ob das jetzt deutsche, italienische, japanische oder britische waren - aber die Spanier haben mich echt überrascht. Sie sind noch recht frisch im Motorsport, wollen aber unbedingt gewinnen. Ich hoffe also, dass wir in diesem Jahr etwas gewinnen. Der Titel bei den Konstrukteuren wäre eine große Sache für uns. Auch wenn ich den Fahrertitel verpassen sollte, würde ich mich natürlich sehr über den Teamtitel freuen."