• 19.07.2012 23:08

  • von Dominik Sharaf

Webber: Entspannt zum Vertrag, relaxed zum Titel?

Warum der Red-Bull-Pilot charakterlich stärker ist denn je, wie der neue Kontrakt zustande kam und wieso er von Vettel als Teamkollege profitiert

(Motorsport-Total.com) - Es wäre wohl übertrieben, Mark Webber einen Phoenix aus der Asche zu nennen. Die starke Form des Australiers überrascht nach der Saison 2011, in der er von Sebastian Vettel bei Red Bull dominiert wurde, dennoch. Belohnt wird Webber dafür nach dem Sieg in Silverstone mit einem neuen Vertrag und dem Lob vom Chef. "Mark fährt dieses Jahr sehr gut und ist konkurrenzfähig. Er ist wieder in Topform - schön, das zu erleben", sagt Christian Horner.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber hat gut Lachen, einen neuen Vertrag und eine erstklassige Form

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das Platz zwei in der WM-Gesamtwertung, dazu ist Webber einer von nur zwei Fahrern, die zwei Grand-Prix-Siege verbuchen konnten. "Er ist mit neuer Energie und neuem Enthusiasmus für die Formel 1 in die Saison gestartet. Der Sieg am Ende des vergangenen Jahres hat ihm wirklich gut getan", verweist Horner auf den Brasilien-Grand-Prix 2011. "Er kam frisch aus dem Winter, hatte viel nachgedacht und hart gearbeitet", so der Teamchef weiter.

Rückschläge weggesteckt

Doch was zeichnet den neuen Webber aus? "Ich denke, dass Mark so entspannt ist wie ich ihn noch nie gesehen habe. Er scheint seinen Job zu genießen. Das findet wird in der Art und Weise, wie er fährt, seinen Ausdruck. Er ist in einer stärkeren Position als 2010", analysiert Horner. Damals hatte Webber den WM-Titel in eine koreanische Betonmauer geschmissen. Ein Schlag ins Kontor, den selbst ein Routinier nicht so leicht wegsteckt.

Der Teamchef erinnert sich: "2010 war hart für ihn. Er war im Sommer auf dem Weg zum Titel und musste dann mitansehen, wie sein Teamkollege die Weltmeisterschaft gewinnt und das folgende Jahr dominiert. Das ist heftig", meint Horner, der dem neuen Webber "großes Selbstvertrauen" attestiert. Der Brite, nach eigener Aussage "mit beiden Fahrern sehr glücklich", kennt die besondere Drucksituation, die den 35-Jährigen als Stallgefährte von Vettel belastet.

Vettels Schatten ist groß

"Der Teamkollege, des jüngsten Doppelweltmeisters aller Zeiten und eines Fahrers, der so viele bemerkenswerte Dinge in so kurzer Zeit erreicht hat, zu sein, ist ein hartes Brot", weiß Horner. "Ein hartes Brot für jeden Fahrer im Paddock. Sebastian ist der Weltmeister, er ist die Messlatte. Aber Mark hat die Charakterstärke, damit umgehen zu können. Andere Fahrer hätten da aufgesteckt", erklärt er mit Vorfreude auf ein siebtes Jahr an der Seite Webber.

Routiniert in allen Belangen

Denn angesichts so vieler Argumente war für den Teamchef schnell klar, dass Red Bull auf diesen Mann nicht verzichtet. Die Vertragsverlängerung war in der Pipeline. "Ich denke, es war ziemlich klar - auch für Mark. Es war eine schnelle Diskussionen und wir sind begeistert, ihn für ein weiteres Jahr verpflichtet zu haben", meint Horner. Dennoch überraschte der Zeitpunkt der Verkündung, schließlich hatte Webber selbst die Angelegenheit noch kurz vor Silverstone auf die lange Bank geschoben.

Gut gelaunt nennt er den Journalisten die Gründe. "Nun, es liegt einfach daran, dass ich euch Burschen sicher nicht sagen werde, dass es in zwei Tagen so weit ist, oder nicht? Wir sind bereit dazu, Dinge anzukündigen, wenn wir bereit dazu sind. Es kommt der Tag, an dem wir sagen: 'Okay, lasst es uns verkünden.' Dann tun wir es. Fertig." Routine zahlt sich aus, meint Webber: "Für mich ging die Taktik, die Sache ruhig zu halten, prima auf. Es war eigentlich ziemlich einfach: bei Red Bull bleiben, weitermachen."

Schnelle Einigung im Vertragspoker

Horner bringt mehr Licht ins Dunkel: "Wir stimmten prinzipiell schon vor Silverstone überein", räumt er ein. "Natürlich haben wir im Nachhinein weitere Gespräche geführt, aber es war sehr einfach, zu einem Konsens zu kommen, es voranzutreiben und das Störfeuer durch die ganzen Gerüchte auszublenden." Allen voran mit Ferrari war Webber immer wieder in Verbindung gebracht worden.

"Titel sind für Mark am ehesten bei Red Bull möglich." Christian Horner

Horner, der von Gesprächen mit Konkurrenten nichts wissen will, ist sich darüber im Klaren, welche Ansprüche der Pilot hat: "Die Möglichkeit, an der Spitze mitzufahren und Titel zu gewinnen. Er hatte das Gefühl, dass das am ehesten möglich ist, wenn er bei Red Bull bleibt. Unabhängig vom Interesse der anderen." Eingekauft haben will er sich einen Webber, der stärker ist als 2010 - und in dieser Form Weltmeister werden kann?

Red Bull will Neutralität im Titelkampf wahren

Damals war der Eindruck aufgekommen, dass Red Bull Vettel stärker unterstütze als Webber. "Wir versuchen, beiden die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Als Team ist das unsere Philosophie", versichert Horner. "Schlussendlich kommt es aber darauf an, was sie auf der Strecke machen." Und in dieser Beziehung kann Webber nicht klagen. "In diesem Jahr läuft es recht gut. Es gibt gute Gründe, auch deshalb die Konzentration zu wahren. Die Kontinuität ist im Hinblick auf 2013 aber natürlich ebenfalls eine Hilfe."

Mark Webber

In Silverstone raste Webber zum besten Argument für den Vertrag Zoom

Und dabei könnte ausgerechnet Vettel für Webber der Schlüssel zum WM-Titel sein. "Das Positive ist: Beide fahren das Auto auf ähnliche Art und Weise. Ihre Rückmeldung ist also austauschbar", berichtet Horner von der Arbeit in der Red-Bull-Box, um dabei auf die WM-Bremse zu treten. "Gerade in einem Jahr wie diesem - mit komplexen Elementen und wichtigen Regeländerungen - ist dieses Feedback so wichtig. Aber wir sind noch weit vom Saisonende entfernt und haben nach dem Rennen gerade die Saisonhalbzeit erreicht."