• 08.11.2010 01:55

Vettel: "Wir sind hier, um zu kämpfen"

Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel hat souverän den Grand Prix von Brasilien gewonnen - Im Interview spricht der Heppenheimer über sein Rennen

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hat mit dem Start-Ziel-Sieg in Brasilien seine WM-Chancen am Leben erhalten. Beim Start schnappte sich der Deutsche seinen Landsmann Nico Hülkenberg. Von da weg kontrollierte Vettel das Rennen und seinen Teamkollegen Mark Webber. Vor dem Finale in Abu Dhabi liegt der 23-Jährige hinter Fernando Alonso und Mark Webber auf Rang drei in der WM und hat 15 Punkte Rückstand. In der Pressekonferenz freute sich Vettel sehr über den Gewinn der Konstrukteursmeisterschaft und analysiert sein Rennen und seine Chancen auf den Titel.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel feierte seinen souveränen Sieg in Brasilien

Frage: "Du hast die Konstrukteursweltmeisterschaft gewonnen und eine Chance auf den Fahrertitel in Abu Dhabi. Was sagst du dazu?"
Sebastian Vettel: "Ein unglaublicher Tag. Der Start war nicht einfach. Wir standen auf der schmutzigen Seite, aber ich glaube, mir ist ein guter Start gelungen. Ich habe gesehen, dass Nico etwas zu stark durchdrehende Reifen hatte. Ich habe meinen Schwung genau dafür benutzt, um innen hinein zustechen. Er hat mir nicht viel Platz gelassen, gerade noch genug."

"Dann war für mich der Schlüssel, in der Ferne zu verschwinden und den Vorsprung zu kontrollieren. Das Auto hat sich fantastisch angefühlt. Über die gesamte Renndistanz konnte ich den geplanten Abstand halten. Ich konnte das Rennen also kontrollieren. Bei der Safety-Car-Periode war es wichtig, nicht zu weit wegzuziehen, damit noch etwas von den Reifen übrig bleibt. Dann habe ich mich auf die ersten Runden konzentriert, wieder einen Vorsprung herausgefahren und das Auto ins Ziel gebracht."

"Es ist ziemlich unglaublich. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Eine unglaubliche Leistung vom Team. Es ist keine leichte Saison, wenn man bedenkt was in Südkorea passiert ist. Ich glaube, das war die richtige Antwort darauf, hierher zu kommen, sich nicht um die Ereignisse in Südkorea zu kümmern und fokussiert zu bleiben. Das ganze Team zieht am gleichen Strang und hat uns hierher gebracht. Ein Doppelsieg und der Gewinn der Konstrukteursweltmeisterschaft ein Rennen vor Saisonende ist fantastisch."

"Wir kämpfen immer noch um den Fahrertitel. Ich möchte ihn loswerden (Alonso; Anm. d. Red.), aber es ist schon eine unglaubliche Errungenschaft. Ich bin sehr stolz und bedanke mich bei allen im Team in der Fabrik in Milton Keynes, aber auch in Österreich. Sie haben dieses Programm gestartet, als ich noch gar nicht in der Formel 1 war. Es ist sehr schön ein Teil davon zu sein. Ich bin sehr stolz. Stolz auf das Team und auf mich. Das ist ein fantastischer Tag."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Brasilien, Sonntag


Frage: "Es sah so aus, als wären die Überrundeten deine einzigen Probleme im Rennen gewesen.?"
Vettel: "Ja, mit den Überrundungsmanövern war es ein intensives Rennen. Es ist eine relativ kurze Strecke, sagen wir, man verbringt nicht viel Zeit in einer Runde. In der Rennmitte gehen die Runden wie verrückt vorbei. Das ist gut, denn es gibt ja 71 Umläufe. Mit so vielen Autos ist es immer etwas riskant, weshalb man sehr fokussiert bleiben muss."

"Man will nicht viel Zeit verlieren, aber auf der anderen Seite muss man genug Platz lassen. Man weiß es nie, denn manche sind besser als andere. Man weiß nie, ob er dir Platz macht oder ihm nur ein Fehler unterlaufen ist. Bei manchen Leuten ist es nicht immer offensichtlich, aber im Großen und Ganzen haben sich alle Fahrer benommen und ich bin gut durchgekommen. Es war schön hinter dem Safety-Car zwei Überrundete hinter mir zu haben. Deshalb konnte ich gleich von Beginn weg angreifen."

"Der Start war gut. Alles hat nach Plan funktioniert. Ich sah, dass Nico nicht perfekt von der Linie weggekommen ist und ich habe das Gaspedal bis zum Boden durchgedrückt und den Schwung genutzt. Auf der schmutzigeren Seite gab es weniger Grip, aber ich scheine nicht so schlecht zu sein. Dann war es ein enger Kampf. Ich glaube, er ist gut gestartet. Meiner war nur etwas besser und dann hat er versucht mich innen wegzudrücken."

"Es war kaum noch Platz vorhanden. Ich habe gebetet, dass dort keine Teile liegen, denn ich war nicht auf der normalen Rennlinie. Es war natürlich der Schlüssel in die erste Kurve als Erster einzubiegen. Und dann einen Vorsprung im ersten Abschnitt herauszufahren. Mark war hinter mir, also war ich relativ sicher. Ich wollte immer einen Abstand von zweieinhalb Sekunden aufrechterhalten. Das hat auch funktioniert. Von da an habe ich das Rennen kontrolliert."

Sebastian Vettel, Mark Webber

Red Bull feierte den Doppelsieg und den Konstrukteurstitel ausgelassen Zoom

"Wir sind immer weiter vom Ferrari weggezogen. Es ist alles gut gelaufen. Es war ein aufregendes, nettes Rennen und ein unglaubliches Resultat für das Team. Der Gewinn der Konstrukteursmeisterschaft war eine Mission. Red Bull ist in die Formel 1 gekommen als ich ein kleiner Junge war. Ich kann mich an meine erste Reise erinnern. Ich habe gerade meinen Führerschein bekommen und bin nach England gefahren, nach Milton Keynes. Das war 2005. Wenn ich den Ort von damals mit heute vergleiche, dann ist es ein massiver Fortschritt. Ich war ein kleiner Junge. Jemand hat mich herumgeführt und ich war fasziniert. Ich hatte Feuer in meinen Augen."

"Jetzt Teil der Fahrerpaarung zu sein, die den ersten Konstrukteurstitel geholt hat, ist unglaublich. Ich weiß gar nicht, wie ich das mit Worten beschreiben kann. Danke an alle Leute in Milton Keynes, hier auf der Strecke und in Österreich. Es geht nicht immer um das investierte Geld, sondern um die Zeit, die Geduld und viel Leidenschaft. Ich glaube, wir haben alle Ingredienzien beisammen, um so ein Auto zu bauen. Selbst in einer Saison mit viel auf und ab konnten wir den Titel gewinnen."

Frage: "Du musst Fernando in Abu Dhabi 16 Punkte abnehmen. Ist das möglich?"
Vettel: "Ich denke schon. Wären es 26, dann wäre es unmöglich, aber 16 sind möglich. Ich wünsche ihm nichts schlechtes, aber es würde mich nicht stören, wenn wir Rauch aus dem Heck des Ferrari sehen würden. Scherz beiseite, wir fahren alle Rennen und wir sind alle am Limit. Ich muss mich auf mich konzentrieren, so wie ich es hier getan habe. Ich muss versuchen das Beste herauszuholen, wie es mir gestern und heute gelungen ist. Wir werden versuchen das zu wiederholen und das Rennen dort zu gewinnen. Dann sehen wir, wo er ins Ziel kommt oder vielleicht auch nicht. In einer Woche werden wir es wissen."

Ausweichende Antwort auf die Frage Stallorder

Frage: "Wenn du in Abu Dhabi die letzte Runde als Führender beginnst und Mark hinter dir Zweiter und Fernando Dritter ist. Würdest du Mark vorbeilassen?"
Vettel: "Es ist recht geradlinig. In weniger als einer Woche werden die Autos ausgepackt und für Abu Dhabi vorbereitet. Zuerst muss man mal vorbereitet sein. Wir wissen, dass wir dort im vergangenen Jahr stark waren. Wir werden sehen, ob wir wieder konkurrenzfähig sind, aber ich bin sehr zuversichtlich. Mit so einem starken Auto werden wir sehen, wo wir stehen."

"Wir müssen abwarten, wo wir uns qualifizieren. Wir müssen einfach versuchen, das Beste aus dem Auto zu holen. Wenn man diese Autos am Limit bewegt, dann kann man sich nie sicher sein, was alles passieren kann. Der beste Beweis ist Südkorea vor zwei Wochen. Zehn Runden vor dem Ziel war uns das Rennen sicher, aber dann ist der Motor hochgegangen. Die Dinge können nicht in deinen Händen liegen. Wir fahren also dorthin, versuchen uns soweit vorne wie möglich zu qualifizieren und greifen im Rennen an. Dann werden wir weitersehen."

"In meinem Fall ist das sehr geradlinig. Ich kann nur mein Resultat optimieren und muss alles aus mir herausholen. Idealerweise wiederholen wir das Resultat von heute. Dann hängt es davon ab, wo die anderen beiden Jungs sind. Wir hatten einige Momente, die nicht sehr repräsentativ sind und auf die wir nicht stolz sind. Wir wollen das nicht wiederholen."

Frage: "Du hast die Frage aber nicht beantwortet. Wenn du gewinnst, dann muss Fernando nur Vierter werden, um Weltmeister zu sein. Wenn Mark gewinnt, dann muss Fernando Zweiter sein. Wenn du also in der letzten Runde führst und Mark ist Zweiter mit Fernando auf Rang drei oder vier - wirst du Mark vorbeilassen?"
Vettel: "Ich glaube, du wirst es dann sehen. Ich bin in die Schule gegangen, also weiß ich was ich beantworten kann. Es wurde vor diesem Rennen viel gesprochen. So wie sich das Rennen entwickelt hat, war das alles unnötig. Für mich ist alles geradlinig. Ich fahre nach Abu Dhabi und gebe mein Bestes. Wir haben ein starkes Auto. Ich kann mich darauf verlassen und dann werden wir weitersehen. Was willst du von mir hören? In dem Szenario, das du beschrieben hast, kann ich dir nur das sagen, was du selbst denkst. Ich glaube, das ist klar."

Frage: "War das ein Ja?"
Vettel: "Es ist erst in einer Woche. Als Kind konnte ich es nie leiden, wenn mir meine Eltern etwas schmackhaft gemacht haben und mir dann meine Frage nicht beantwortet haben. Nun bin ich in einer guten Position, um dich zu ärgern. Wir werden es sehen."

Taktik im Finale: Vollgas

Frage: "Mit welcher Taktik gehst du in das Saisonfinale?"
Vettel: "Ich wurde oft danach gefragt, aber die Taktik ändert sich nicht. Taktisch war es über das ganze Jahr gesehen gleich. Wir haben ein starkes Auto, von daher gehe ich zuversichtlich in das Rennen. Es ist schwierig, denn mit der Zeitumstellung und mit der kurzen Zeit muss man alles rasch vorbereiten. Die Herangehensweise hat sich nicht geändert. Sie lautet Vollgas."

Frage: "Wie ist die Beziehung zu deinem Teamkollegen?"
Vettel: "Es ging ein bisschen drunter und drüber. Es wurde viel gesagt, vor allem von ihm. Der heutige Tag gehört dem Team und man sollte es dabei auch belassen."

Frage: "Wie werdet ihr den Konstrukteurstiteln feiern? Welchen Stellenwert hat er?"
Vettel: " Wie gesagt, es war eine schwierige Saison für uns. Viele Leute haben uns zu gewissen Zeitpunkten schlecht geredet. Manchmal lagen sie richtig, dann wieder nicht. Es ist gut, beim vorletzten Rennen zu zeigen, woraus wir gemacht sind. Wir sind hier, um zu kämpfen. Es ist noch nicht so lange her als Red Bull in die Formel 1 eingestiegen ist. Wenn man uns generell mit Ferrari und McLaren vergleicht, dann sind wir am kämpfen."

"Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass man ein besseres Auto hat und man den besten Job über eine Saison gesehen gemacht hat. Es steht immer noch ein Rennen aus, aber wir sind sehr stolz. Sie können stolz auf sich selbst sein, zumindest auf das Rennteam. Ich mache mir keine Sorgen um die Leute in England, denn die wissen genau was sie tun. Für das Rennteam sind wir im richtigen Land, um am Abend zumindest einen guten Caipirinha und einige Drinks zu genießen."

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