• 10.07.2011 22:52

Vettel: "Gewinnen ist nie einfach"

Weltmeister Sebastian Vettel wurde nach einem turbulenten Rennen in Silverstone Zweiter - Im Interview schildert der Red-Bull-Pilot seinen Grand Prix

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel überquerte die Ziellinie in Silverstone als Zweiter. Bei zunächst gemischten Streckenbedingungen setzte sich der Red-Bull-Pilot mit einem perfekten Start ab und es sah nach einer weiteren Vettel-Show aus. Bei einem missglückten Boxenstopp verlor der Weltmeister seine Führung und kämpfte sich kontinuierlich wieder auf den zweiten Platz nach vorne. Gegen Fernando Alonso (Ferrari) war an diesem Tag kein Kraut gewachsen. Gegen Rennende musste sich der Deutsche noch gegen seien Teamkollegen Mark Webber wehren. Das hatte Vettel zu seinem turbulenten britischen Grand Prix zu sagen:

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel musste in Silverstone verschiedene Situationen meistern

Frage: "Der Boxenstopp hat dich die Führung gekostet. War Ferrari heute ein starker Gegner?"
Sebastian Vettel: "Es ist schwierig zu sagen wie viel wir verloren haben, aber war hatten die Führung eingebüßt. Ich glaube, wir hatten zu diesem Zeitpunkt einen kleinen Puffer. Es hat auf jeden Fall nicht geholfen. Ich bin hinter Fernando und Lewis zurück auf die Strecke gekommen und hatte zu kämpfen, dass ich vorbeikomme. In manchen Passagen war ich sehr nahe dran, aber es funktionierte nicht. Deshalb bin ich an die Box gefahren und hatte am Ende einen etwas längeren Stint. Im Gesamten gesehen war es ein gutes Rennen."

"Es war bei diesen Bedingungen sehr schwierig. Ich hatte einen super Start und konnte mich gleich zu Beginn mit den Intermediates absetzen. Dann haben wir zu lange gewartet und waren nicht aggressiv genug. Das hat uns etwas Zeit gekostet. Dann gab es beim Boxenstopp kleine Fehler hier und da. Man kann nicht immer alles richtig machen und man muss akzeptieren, dass uns Ferrari heute fair geschlagen hat."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Großbritannien, Sonntag


"Es ging aber jetzt nicht nur um dieses Rennen, denn ich denke, dass es in den vergangenen Rennen einen gewissen Trend gab. Sie waren an den Sonntagen immer sehr stark. Sie haben ihr Auto kontinuierlich verbessert. Das zeigt uns, dass wir weiter hart arbeiten müssen, damit das Ergebnis bald wieder umgekehrt ist."

Frage: "In Copse warst du sehr nahe am Heck von Lewis Hamilton."
Vettel: "Ja. Ich dachte, das wäre der einzige Ort, wo ich etwas probieren könnte. In dieser Runde kam ich sehr gut aus der Kurve heraus und war sehr knapp dran. In diesem Rechtsknick, wo die alten Boxen sind, kann man nichts tun. Ich war zu knapp dran und konnte den Schwung später nicht nutzen. Ich musste lupfen. Wir sehen den Frontflügel aus dem Cockpit nicht, aber ich denke, es war sehr eng. Es hat Spaß gemacht."

Frage: "Was ist genau beim Boxenstopp passiert?"
Vettel: "'Ich glaube, ihr habt das von einem besseren Blickwinkel als ich gesehen. Die Rückspiegel sind nicht sehr groß. Ich glaube, zuerst lief alles nach Plan. Alle drei Reifen wurden gewechselt, mit Ausnahme von links hinten. Der Reifen wurde draufgesteckt, aber er war noch nicht festgeschraubt. Wir haben das Auto abgesenkt. Ich habe im Rückspiegel gesehen, dass sie realisierten, dass der Reifen noch nicht fest war. Also wurde das Auto wieder aufgebockt und wir haben Zeit verloren. Ich habe direkt in der Box einen Platz an Fernando verloren und auf der Strecke einen gegen Lewis."

Frage: "Du hattest auf deinem Helm Fotos von deinen Mechanikern. Jetzt haben ausgerechnet sie den Fehler gemacht."
Vettel: "So etwas kann passieren. Jeder versucht das Beste aus sich herauszuholen. So wie ich versuche das Auto auf der Strecke immer am Limit zu bewegen und auch mal hier und da ein Fehler passieren kann, so kann das auch der Mannschaft passieren. Natürlich wird der Mechaniker hinten links heute nicht gut schlafen. Es ist aber ganz wichtig, dass man die Aufmerksamkeit für Details nicht verliert. Eine Unaufmerksamkeit und ein anderes Team ist parat. Gewinnen war noch nie einfach. Wir können mit dem zweiten Platz zufrieden sein."

Starke Anfangsphase

Frage: "Abgesehen von diesem Boxenstopp - was sagst du zu deinem Rennen?"
Vettel; "Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ein gutes Rennen. Ich hatte einen exzellenten Start und einen exzellenten ersten Stint. Bei diesen kniffligen Bedingungen konnte ich mir einen großen Vorsprung herausfahren, der uns für das restliche Rennen geholfen hat. Es ist schwierig zu sagen, aber ich glaube, es wäre ein enges Rennen geworden, denn Ferrari fuhr ein gutes Tempo. Wir müssen das respektieren."

"Wir sind nicht nur aufgrund von Fehlern und Pech Zweiter geworden. Ferrari, speziell Fernando, war heute sehr konkurrenzfähig. Es wäre ein mühsamer Weg bis zur Zielflagge gewesen. Es war ein aufregendes Rennen, weil eine Hälfte nass war. Ich hatte sogar Aquaplaning. Die zweite Rennhälfte war trocken und die Sonne schien. Und das auf der gleichen Strecke. Es war etwas komisch. Ich schätze, das passiert nur hier."

Lewis Hamilton, Sebastian Vettel

An Lewis Hamilton kam Sebastian Vettel auf der Strecke nicht vorbei Zoom

"Das macht es aber besonders, und für uns sind diese Bedingungen sehr knifflig. Es war ein aufregendes Rennen. Dann habe ich hinter Lewis den Anschluss an Fernando verloren. Ich kam nicht sofort vorbei, weshalb es schwierig wurde. Der rechte Vorderreifen hatte abgebaut, weil ich direkt hinter ihm fuhr. Es war nicht einfach zu attackieren. Dann haben wir ihn beim Boxenstopp überholt, aber ich musste einen längeren Stint fahren."

"Mark hat mich in den letzten drei, vier Runden eingeholt. Er war schneller, aber ich konnte vor ihm bleiben. Es war ein langes Rennen, viele Dinge können passieren und es können einem viele Fehler unterlaufen. Uns sind nicht viele passiert und für das Team ist es toll, dass Mark Dritter geworden ist."

"Ein Podium ist hier immer sehr speziell. Es sind so viele Fans hier. Es ist eine der schönsten Auslaufrunden, weil man richtig spüren kann, wie viel Leidenschaft die Fans für den Motorsport haben. Jenson und Lewis haben den meisten Applaus bekommen, aber selbst ohne der britischen Fahne auf deinem Auto, lieben sie den Rennsport. Es war toll auf dem Podium zu stehen und so viele Leute zu sehen."

Die Situation mit Webber

Frage: "Was hast du dir gedacht als dich Mark angegriffen hat?"
Vettel: "Ich wollte vorne bleiben. Wir haben gegeneinander gekämpft. Ich glaube nicht, dass daran etwas falsch ist. Okay, aus Teamsicht gab es keinen Grund, dass wir gegeneinander kämpfen, denn wir waren ziemlich isoliert - das erste Auto war weit weg und das vierte Fahrzeug weit zurück. Die Punkte sind für das Team gleich. Der Unterschied zwischen Platz zwei und drei ist nicht massiv. Natürlich wollen wir gegeneinander kämpfen. Was soll ich sagen? Ich habe versucht meine Position zu verteidigen. Ich hatte zu kämpfen und Mark war schneller. Dann kam die karierte Flagge."

Frage: "Du bist Weltmeister und du solltest doch der beste Fahrer der Welt sein. Red Bull bettelt am Funk und will deinen Teamkollegen einbremsen, damit er dich nicht überholt. Das legt nahe, dass die Resultate nicht wirklich so sind, wie wir sie bislang gesehen haben. Wie sollen wir wissen, ob du ein wahrer Champion bist?"
Vettel: "Ich bin Zweiter geworden. Wie bereits gesagt: Mark hat versucht mich zu überholen und ich konnte vorne bleiben. Natürlich konnte man sehen, dass er zu diesem Zeitpunkt schneller ist. Wäre ich kein Rennen gefahren, dann hätte ich ihn vorbei gewunken. Das Letzte was man will ist etwas Schlechtes für das Team zu machen. Wäre es anders herum gewesen, dann hätte ich auch versucht Mark zu überholen, aber es gab keinen Grund etwas Dummes zu tun. Ich weiß nicht, warum da soviel Drama gemacht wird."

Frage: "Aber das ist der Motorsport. Es geht darum, dass man seinen Gegner auf der Strecke besiegt und nicht darum, dass das Team über den Sieg entscheidet."
Vettel: "Wir sind ein Rennen gefahren. Es gab keine Absprache, dass ich nach links ziehe, du nach rechts, ich links, du rechts, ich bremse hier und du dort. Wie Mark bereits gesagt hat, versuchte er mich zu überholen und ist nicht vorbeigekommen."

Schwierige Bedingungen

Frage: "Du hattest am Ende mit den Reifen zu kämpfen. War das, weil du zwei Runden mehr als Mark auf den Reifen hattest, oder liegt das in der Abstimmung begründet? Oder war es etwas Allgemeines so wie in Kanada wo dich Jenson einholte?"
Vettel: "Es hängt davon ab, wann du genau stoppst. Ich weiß nicht, wann die anderen in der Box waren. Es ist also schwierig zu sagen, ob ich schlechter oder besser als die anderen war. Gegen Rennende bin ich gegen Mark gefahren. Er war in einer ähnlichen Situation mit seinen Reifen. Es war nicht so als hätte nur ich zu kämpfen gehabt."

Sebastian Vettel

Sebastian Vettel führt nach neun Rennen mit 80 Punkten Vorsprung die WM an Zoom

"Zu Beginn war es bei den nassen und auftrocknenden Bedingungen schwierig. Dann gab es nach dem Wechsel auf Slicks noch einige nasse Stellen. Erst mit dem dritten Stint war es dann komplett trocken, aber da bin ich hinter Lewis festgesteckt. Das Auto ist unter diesen Umständen sehr schwierig zu beurteilen. Beim Boxenstopp kann man den Frontflügel verstellen. Das kann hier ganz nützlich sein, weil es viele schnelle Kurven gibt."

"Ich konnte die Situation nicht richtig beurteilen, weil ich hinter einem andern Auto feststeckte. Ich hätte wahrscheinlich für den letzten Stint etwas anderes gewählt, aber ich hatte nicht die Chance, das Auto vorher zu beurteilen. Am Ende wollte ich das Auto nur über die Ziellinie tragen, weil ich in 15 Runden keine 15 Sekunden aufholen konnte. Ich war recht isoliert. Dann habe ich in den letzten beiden Umläufen noch viel Zeit verloren, verglichen mit Mark."

Frage: "Wie stark hat das Zwischengas-Verbot die Performance des Autos beeinflusst?"
Vettel: "Das ist für uns schwierig zu messen. Zum einen bei den Daten, auf der anderen Seite vom Gefühl, weil es eine andere Strecke ist, verglichen mit den bisherigen Kursen. Um es wirklich herauszufinden, muss man einen Vergleichstest fahren. Es hat aber keinen großen Unterschied beim Fahren ausgemacht. Ich musste meinen Fahrstil überhaupt nicht ändern, also war der Einfluss nicht groß. Natürlich sieht man ein paar Verluste hier und dort, aber beim Fahren hat sich nichts geändert."

Frage: "Das nächste Rennen ist dein Heim-Grand-Prix. Was erwartest du für den Nürburgring?"
Vettel: "Der Punktevorsprung interessiert im Moment wenig. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns. Ich freue mich auf das Rennen am Nürburgring. Ich genieße die Strecke vor allem mit einem Fomel-1-Auto. Wenn es nicht langsam ist, dann umso mehr. Also freue ich mich darauf und hoffe, dass alle deutschen Fahrer toll unterstützt werden, damit uns das noch ein Extrazehntel bringt."