• 06.06.2013 23:57

Vettel: "Es muss eine Form von Bestrafung geben"

Sebastian Vettel fordert nach den Testfahrten von Mercedes eine Bestrafung für das Team und erklärt, was den Kanada-Grand-Prix für ihn so besonders macht

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Schneckenrennen von Monaco hofft Red Bull, in Montreal besser mit den Mercedes-Boliden umgehen zu können. Doch ausgerechnet in Kanada (sogar in ganz Nordamerika) hat Red Bull bisher noch nie gewinnen können. Woran das liegt, wird Sebastian Vettel nun lüften. Außerdem spricht der Heppenheimer im Interview noch einmal über den Reifentest von Mercedes sowie die Pirelli-Ankündigung, die neuen Reifen nun doch erst in Silverstone bringen zu wollen.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel möchte in Montreal einen weißen Fleck auf seiner Siegesliste tilgen Zoom

Frage: "Sebastian, erklär doch mal, warum das Rennen in Montreal immer so spektakulär ist."
Sebastian Vettel: "Die Strecke bietet einfach Möglichkeiten zum Überholen. Nach den langen Geraden geht es immer sehr stark in die Eisen. Die Strecke hat einfach die Veranlassung, ein bisschen Show zu bieten. Es ist relativ hart für das Auto. Man hat auch in den vergangenen Jahren gesehen, dass oftmals das eine oder andere Auto streikt. Das Wetter ist in den letzten Jahren immer ein bisschen turbulent gewesen - 2011 war mit Sicherheit etwas ganz Besonderes mit dem vielen Regen und der langen Pause. Ich sag mal, es ist so auf halbem Weg zum Rennen in Brasilien."

Frage: "Aber was ist das Besondere? Ist es die Wall of Champions?"
Vettel: "Ich war auch schon mal in der Wall of Champions. Das habe ich weg und muss es nicht noch einmal tun. Im Großen und Ganzen ist es ein toller Kurs. Ich komme gerne hierher, es ist ein großartiger Grand Prix. Die Atmosphäre ist fantastisch - eine der besten des gesamten Jahres. Hoffentlich wird das Wetter ein bisschen besser, sonst ist es für die Leute an der Strecke ein bisschen ungemütlich. Für uns spielt das keine große Rolle. Wenn es regnet, dann regnet es, und wenn es nicht regnet, ist es trocken. Aber im Auto werden wir sowieso nicht nass. Ich freue mich auf das Rennen, das Auto sollte gut laufen. Es ist schwierig vorherzusagen, was passieren wird - besonders in diesem Jahr - oder eher besonders am Sonntag (lacht; Anm. d. Red.)."

Frage: "Interessanterweise hast du hier noch nie gewonnen. Warum?"
Vettel: "(überlegt; Anm. d. Red.) Joa. Ich glaube, wenn man jetzt jedes einzelne Rennen durchgeht, findet man vielleicht eine Erklärung, aber ich finde das jetzt keine Schande. Ich mag die Strecke und freue mich auf das Rennen hier. Es ist immer was ganz Besonderes, am Kurvenausgang fast an die Mauer zu fahren, die Schikanen richtig zu erwischen und über die Randsteine zu räubern. Ich finde, die Strecke macht sehr viel Spaß."


Fotos: Sebastian Vettel testet für Infiniti


"Warum es nicht geklappt hat? Ich glaube, da müsste man jedes Jahr einzeln durchgehen. Letztes Jahr, kann ich mich erinnern, hat unsere Strategie nicht so wirklich geklappt. Zum Ende mussten wir es einsehen und noch einmal ganz spät einen Boxenstopp einführen. Das Jahr davor hatten wir, glaube ich, ein sehr gutes Rennen. Wir haben als einzige nur einen Fehler gemacht - aber leider hat der eine Fehler dann den Sieg gekostet. Der war in der letzten Runde, und da habe ich dann die Führung verschenkt und kam als Zweiter ins Ziel."

Mercedes-Test "nicht fair"

Frage: "Wie stehst du zu dem Test von Mercedes?"
Vettel: "Ich denke, generell steht in den Regeln ganz eindeutig drin, dass man das nicht darf. Wenn das dann ein Team macht, dann ist das meiner Auffassung nach nicht fair. Ich glaube, das Ganze geht jetzt vor Gericht, und wird dann von den sogenannten Experten entschieden."

Frage: "Was bedeutet es, 1.000 Kilometer während der Saison zu testen?"
Vettel: "Ich weiß nicht wirklich, wir hatten nie die Chance so etwas zu tun. Ich kann die Frage nicht wirklich beantworten, aber sicherlich wäre es ein großer Vorteil gegenüber allen anderen, wenn man der einzige ist. Wenn jeder das tun würde, wäre es für alle gleich. Aber das war natürlich nicht der Fall."

"Jede Form von Extratest ist sehr, sehr wertvoll." Sebastian Vettel

Frage: "Muss man das schnell lösen? Man hört, es könnte bis zu 45 Tage dauern..."
Vettel: "Manchmal im Leben hätte man gerne sofort Antworten, aber wenn gewisse Dinge den offiziellen Weg gehen, dauert es manchmal ein bisschen länger. Manchmal sollte es klar sein, was falsch und was richtig ist. Aber manchmal haben wir Regeln, bei denen es nicht ganz klar ist."

Frage: "Denkst du, dass es unmöglich ist, keinen Vorteil nach dem Test zu haben?"
Vettel: "Es ist immer schwierig für Außenstehende so etwas zu beurteilen. Wir sind gewissermaßen Außenstehende. Aber sicher: Jede Runde zählt heutzutage. Testen ist streng limitiert. Wir haben freitags zweimal 90 Minuten, an denen man auch nicht allzu viel machen kann. Man muss in den Rhythmus für das Wochenende kommen. Jede Form von Extratests ist sehr, sehr wertvoll."

Kritik am Reifen-Hickhack

"Es ist sehr unwahrscheinlich, dass alle anderen Teams plötzlich die Erlaubnis bekommen." Sebastian Vettel über Extratests

Frage: "Was ist für dich die angemessene Bestrafung? Wenn es nur eine Geldstrafe wäre, könnte man sich ja Testfahrten erkaufen..."
Vettel: "Ja, das ist wahr. Ich weiß nicht, was herauskommt. Es nimmt nun den offiziellen Weg vor das Internationale Tribunal, und dann sehen wir, was passiert. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass alle anderen Teams plötzlich die Erlaubnis bekommen. Gleichzeitig muss es aber eine Form von Bestrafung geben, weil es einfach nicht erlaubt ist. Aber wie die Strafe aussehen wird: Keine Ahnung. Es liegt an den Experten, eine Lösung zu finden."

Frage: "Das andere Thema sind die Reifen. Da hast du ganz deutlich gesagt: 'Kasperletheater'. Warum?"
Vettel: "Einfach das Hin und Her. Ich glaube, wir haben öfters in diesem Jahr ausgedrückt, dass die Reifen sehr kritisch sind. Es geht nicht darum, unsere Leistungen zu entschuldigen - sondern vielmehr darum, was die Sicherheit angeht: Die offensichtlichen Probleme sind, dass sich die Lauffläche löst und dann praktisch runterfliegt - und das Ganze nicht wirklich erklärbar ist. In offiziellen Statements heißt es dann, dass der Fahrer hier und da über irgendwas drübergefahren sein soll. Aber das war definitiv nicht der Fall. Es ist nach wie vor noch unerklärlich."

Sebastian Vettel, Jenson Button

2011 vergab Vettel seine bisher beste Chance kurz vor Schluss an Jenson Button Zoom

"Daraufhin hieß es, dass die Reifen sich für das Rennen hier ändern. Drei Tage später gab es dann wieder eine andere Meldung, dass das nicht der Fall sein wird, sondern wahrscheinlich erst für Silverstone. Ob's in Silverstone dann dazu kommt, steht genauso noch in den Sternen. Wir haben diesen Reifen, der eigentlich hätte kommen sollen, auch hier - aber nur fürs Freitagstraining. Es ist einfach ein bisschen Hin und Her. Ich verstehe einfach nicht, warum man nicht einmal sagt, was Sache ist, und wenn es ein Problem mit der Sicherheit gibt, dass man das dann erklärt und versucht zu lösen."

Frage: "Pirelli hat keine neuen Reifen hierhergebracht - aber die Supersofts! Würdest du sagen, dass das für eine Strecke wie Montreal zu riskant ist?"
Vettel: "Schwer zu sagen. Wie der Reifen am Wochenende arbeiten wird, kann man jetzt noch nicht wirklich vorhersagen - dazu, glaube ich, waren die Rennen einfach zu unterschiedlich und abhängig von vielen Faktoren. Es ist nicht so warm wie die letzten Jahre, was mit Sicherheit kein Vorteil ist, was die Lebensdauer angeht. Der Belag hier ist relativ fein - im Prinzip sehr glatt - was wiederum ein Vorteil sein könnte, dass der Reifen ein bisschen länger hält. Aber es kommt immer auf die Umstände drauf an. Wie gesagt, dass vorherzusagen ist in diesem Jahr sehr, sehr schwer."