Vergne vor Schlüsselsaison bei Toro Rosso

Jean-Eric Vergne steht vor seiner dritten Saison bei Toro Rosso, in der er als neuer Teamleader gefordert ist - Mit mehr Erfahrung zu konstanterer Form?

(Motorsport-Total.com) - Zum dritten Mal in seiner Formel-1-Karriere durfte Jean-Eric Vergne heute in Jerez einen Toro Rosso enthüllen, doch 2014 findet sich der Franzose in einer anderen Rolle als in den Vorjahren wieder. Der geringfügig erfahrenere Daniel Ricciardo ist zu Red Bull aufgestiegen, als neuer Teamkollege kommt der russische Rookie Daniil Kwjat ins Team. Vergne fällt somit die Rolle des Teamleaders zu, die er in diesem Jahr ausfüllen will. Der Franzose weiß: Im dritten Jahr muss ihm bei den Jungbullen der Durchbruch gelingen.

Titel-Bild zur News: Jean-Eric Vergne

Jean-Eric Vergne muss im dritten Jahr bei Toro Rosso überzeugen Zoom

"Es wird für mich auf jeden Fall ein Schlüsseljahr, aber auch für Toro Rosso", sagt Vergne. "Das Team und ich möchten das Beste daraus machen." Die Voraussetzungen dafür sieht der 23-jährige als gegeben an. "Wenn ich auf das Team, das am Auto arbeitet und die Leute um mich herum schaue, bin ich sehr zuversichtlich. Ich habe einen neuen Ingenieur." Xevi Pujolar, im Vorjahr noch Chefingenieur von Williams, ist der neue Mann an Vergnes Seite. "Ich glaube, dass wir eine gute Saison haben können, wenn alles zusammenpasst."

Vor allem an seiner Konstanz möchte Vergne in diesem Jahr arbeiten. "Das ist für mich in meinem dritten Jahr sehr wichtig. Jetzt zählt es", so der Franzose. "Ich hoffe, durch die zusätzliche Erfahrung, einwandfreiere Rennwochenende hinzulegen. Der Grand Prix beginnt nicht erst am Sonntag, noch nicht einmal am Freitag. Der Schalter muss das ganze Jahr über umgelegt sein", beschreibt Vergne seine neue Einstellung. "Mit der Zeit versteht man gewisse Dinge besser und weiß, wie sie funktionieren. Das wird mir helfen."

Mehr Drehmoment - weniger Abtrieb

STR9, Nase, Delfin

Für die Delfinnase seines Toro Rosso kann sich Vergne nicht recht erwärmen Zoom

Helfen soll dabei auch der neue STR9, der bei seiner Vorstellung vor allem durch die Delfin-Nase auffiel. "Ich weiß nicht, einige Nasen sehen aus wie ein Staubsauger. Ich habe aber keinen Namen dafür", so Vergne über die gewöhnungsbedürftigen Frontpartien der Formel-1-Autos des Jahrgangs 2014. Gefallen findet der Franzose aber eher an anderen Autos. "Mein Lieblingsauto war das von 2008, als es eine Menge Aerodynamik gab. Da sahen die Autos richtig schön aus." Doch letztendlich zählt für Vergne nur eines: "Ein Auto das gewinnt, sieht immer gut aus. Wenn wir damit also Großes erreichen, ist es eine Schönheit."

Doch nicht nur äußerlich, sondern auch unter der Haube hat sich 2014 in der Formel 1 eine Menge geändert. Die unterschiedliche Charakteristik des Turbomotors im Vergleich zum bisher verwendeten Saugmotor konnte Vergne schon im Simulator ein wenig erfahren. "Auf jeden Fall das Drehmoment", sagt der 23-Jährige befragt nach dem größten Unterschied. Hier ist Vergne allerdings gespannt auf die ersten Eindrücke beim Test. "Wir müssen noch ein wenig fahren, um die Eindrücke aus dem Simulator zu bestätigen, denn das Drehmoment ist im Simulator recht schwierig zu simulieren. Wir müssen abwarten, wie es morgen in Wirklichkeit ist."

"Die Traktion wird wesentlich schwieriger, vor allem, weil wir mehr Drehmoment haben." Jean-Eric Vergne

Auch den geringeren Abtrieb konnte Toro Rosso nur bedingt simulieren. "Auch das wissen wir nicht, die Genauigkeit ist nicht bei 100 Prozent. Auf jeden Fall gibt es weniger Abtrieb als im Vorjahr, die Auspuffgase fallen weg. Die Traktion wird wesentlich schwieriger, vor allem, weil wir mehr Drehmoment haben. Es gibt eine Menge Veränderung." Dazu gehört auch die Sitzposition. "Ein bisschen tiefer. Da der Benzintank viel kleiner ist, haben wir ein wenig mehr Platz", so Vergne. "Aber im Endeffekt verwenden wir fast den gleichen Sitz wie im Vorjahr."

Keine Angst vor Arbeitsüberlastung

Sorge, dass er und seine Kollegen vor lauter Benzinmanagement (im Rennen dürfen in diesem Jahr maximal 100 Kilogramm, das entspricht etwa 135 Liter verbraucht werden) und der Bedienung des wesentlich komplexeren Energierückgewinnungssystems die Übersicht verlieren, hat Vergne nicht. "Ich glaube nicht, dass der Fahrer im Rennen viel mehr zu tun hat. Vielleicht ein paar Sachen, aber die werden alle recht früh in der Saison kennenlernen. Der Fahrer kann bei der Vorbereitung des Rennen den Unterschied ausmachen, bei der Auswahl all dieser fantastischen Motoreinstellungen."


Präsentation des Toro Rosso STR9

Zum Sound der neuen Antriebseinheiten kann Vergne "nicht viel sagen. Ich bin kein guter Sänger und kann daher den Sound nicht vorsingen (lacht, Anm. d. Red.). Es ist auf jeden Fall anders, aber mir fehlen die Worte, um es zu beschreiben. Aber es wird gut sein." Auf jeden Fall rechnet Vergne zu Saisonbeginn mit einigen Defekten der neuen Aggregate. "Die Zuverlässigkeit wird beim ersten Grand Prix auf jeden Fall ein Schlüssel sein", meint er.

"Die Zuverlässigkeit wird beim ersten Grand Prix auf jeden Fall ein Schlüssel sein." Jean-Eric Vergne

"Viele Leute glauben, dass wir eine Menge roter Flaggen sehen werden. Nach dem ersten Test werden einige Leute Angst davor haben, das erste Rennen nicht zu beenden, während sich andere darum sorgen, es gar nicht erst zu starten", erwartet Vergne. "Es wird für die Teams und die Motorenhersteller auf jeden Fall schwierig." Der Franzose hofft, daraus Kapital zu schlagen. "Wenn wir in einer ähnlichen Position wie im Vorjahr sein sollten, wäre das einen gute Möglichkeit, gute Punkte zu erzielen. Hoffentlich sind wir eines der Teams, die an der Spitze mitspielen."

Offene Zusammenarbeit mit Teamkollege Kwjat

Über seinen neuen Teamkollegen Kwjat weiß Vergne bisher nur Gutes zu berichten. "Er ist ein guter Fahrer und wird diese Formel-1-Welt schnell kennenlernen. Wir möchten zwar in erster Linie für uns selbst das bestmögliche Resultat erzielen, arbeiten aber auch für ein Team", sagt er über die Zusammenarbeit mit dem jungen Russen. "Wir werden also nichts voreinander verbergen. Wenn ich etwas herausfinde, bekommt er es auch und umgekehrt, um das Auto schneller zu machen."

Doch können aus Teamkollegen auch Freunde werden? Durchaus, meint Vergne. "Man kann gut miteinander auskommen. Ich kam mit meinem ehemaligen Teamkollegen Daniel Ricciardo sehr gut zurecht." Grundvoraussetzung sei dies jedoch nicht. "Wir fahren in erster Linie für uns selbst. Wenn wir Freunde werden, ist das gut, falls nicht, wird es mein Leben nicht verändern." Zu guter letzt bleibt Vergne noch eine Antwort schuldig: Die nach seiner Startnummer 25: "Das ist für mich eine gute Nummer. Jeder Fahrer ist ein wenig abergläubisch, daher werde ich das für mich behalten."