USA: Neue Pläne für einen F1-Einstieg

Parris Mullins will nach dem USF1-Debakel einen weiteren Anlauf in die Königsklasse wagen - Der Amerikaner über seine Pläne und die Zustände beim US-Team

(Motorsport-Total.com) - Die USA rühmt sich als das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", doch nach dem USF1-Desaster zu Beginn dieses Jahres sind die Vereinigten Staaten weiterhin ein weißer Fleck auf der Formel-1-Landkarte. Kein amerikanischer Fahrer, kein amerikanisches Team und das einzige Rennen in Nordamerika findet derzeit in Kanada statt.

Titel-Bild zur News: Fans in Indianapolis

Die US-Fans warten weiterhin auf heimische Aushängeschilder

Parris Mullins ist ein enger Freund von YouTube-Mitbegründer und USF1-Investor Chad Hurley. In den letzten Tagen des Rennstalls, der eigentlich nie ein Rennstall war, hatte Mullins die Aufgabe, das gesamte Projekt zu retten. Schließlich musste er aber eingestehen, dass USF1 nicht zu retten war. Trotzdem arbeitet Mullins weiter daran, Amerika über Investoren in die Formel 1 zu bringen.#w1#

"Ich bin derzeit Teil eines Projektes das in die Formel 1 einsteigen will", sagt Mullins im Interview mit 'Autosport'. Details könne er noch keine verkünden, aber er könne so viel sagen, dass er kein neues Team aufbauen will. "Das wird in der Zukunft noch ein großes Thema sein, denn ich denke persönlich, dass es unter den gegenwärtigen Regeln nicht möglich ist, ein konkurrenzfähiges Team aus dem Nichts aufzubauen."

"In diesem Sport geht es um Fachwissen und die Erfahrungen, die man in den vergangenen Jahren gesammelt hat", meint Mullins. "Das Team muss in einem geschlossenen Umfeld arbeiten. Das beste Beispiel ist die Situation um Honda und Brawn. Ein existierendes Team wurde übernommen, die notwenigen Änderungen durchgeführt und es kam eine Weltmeistermannschaft dabei heraus. Mit Red Bull, Force India und Toro Rosso ist es nicht viel anders."


Fotos: Großer Preis von Monaco


Obwohl Mullins kaum Formel-1-Erfahrung aufweisen kann, interessiert er sich dafür, eine aktive Rolle bei einem Rennstall zu übernehmen. "Mit welchem Weg es auch geht, ich will in den Sport einsteigen und alles was mir zur Verfügung steht beisteuern." In erster Linie hat der Geschäftsmann dabei Investoren im Kopf, die den finanziellen Kraftakt der Königsklasse stemmen sollen.

Als Beispiel führt Mullins Renault an: "Die Mehrheit wurde an Genii Capital verkauft. Wir sehen in Zukunft solche Modelle vielleicht häufiger. Entweder ist es eine Gruppe Formel 1 erfahrener Leute, die das nötige Kapital auftreiben und ein anderes Team übernehmen, oder ein großer Sponsor, oder es kauft eine Gruppe an Investoren ein Team. Ich prüfe derzeit alle Möglichkeiten."

Globale Werbemöglichkeiten

Trotz Weltwirtschaftskrise ist die USA im Marketingbereich immer noch eine ernstzunehmende Größe. Die NASCAR und die IndyCar-Serie bieten Sponsoren hauptsächlich Werbemöglichkeiten in den Vereinigten Staaten. Mit der Formel 1 gäbe es eine weltweite Bühne. Die Königsklasse expandiert weiterhin in neue Märkte, wie beispielsweise die Rennpremiere in Südkorea. Um sich prinzipiell als Weltmeisterschaft zu sehen, gehört eine Verbindung mit den USA in einer Form dazu.

"Es gibt jenseits des Atlantik viele Menschen, die in der Königsklasse involviert sein wollen", ist sich Mullins sicher. "Wir sind mit verschiedenen Firmen bereits sehr weit. Offen gesagt denken sie alle global. Also warum sollten sie sich nicht in einem Sport engagieren, der weltweit Millionen Menschen anzieht. Meine Vergangenheit hat sich in der Gegend um Silicon Valley abgespielt. Ich denke jede große Firma im Silicon Valley sollte sich auf irgendeine Art und Weise an der Formel 1 beteiligen. Es ist nicht nur ein Sport, sondern auch eine TV-Show und ein Lebensstil."

"Ich glaube nicht, dass die Pleite, obwohl sie tragisch war, Menschen davon abhält die USA in die Formel 1 zu bringen." Parris Mullins

"Nur weil die Formel 1 bei uns nicht so groß ist, gibt es trotzdem Firmen, die expandieren wollen. Chad hätte ein NASCAR-Team oder einen IndyCar-Rennstall kaufen können, aber er war von der globalen Idee überzeugt", meint Mulllins über seinen Weggefährten. "Ich denke, er hat tolle Ideen und wir haben an großartigen Dingen gearbeitet. Ich werde mich jetzt mit einer Gruppe aus guten Leuten umgeben, und einen weiteren Anlauf auf die Formel 1 nehmen - einen einwandfreien."

Über den Winter waren viele Fans von dem USF1-Aus enttäuscht. Da dieses Projekt kläglich gescheitert ist, wer sollte wieder etwas Ähnliches versuchen wollen? "Ich glaube nicht, dass die Pleite, obwohl sie tragisch war, Menschen davon abhält die USA in die Formel 1 zu bringen", so Mullins. "Es gibt derzeit auch wieder Gespräche über die Austragung eines Grand Prix."

USF1 war eine Diktatur

Aus jeder Pleite kann man auch etwas Positives ziehen. So hat Mullins gute Kontakte zur Formel-1-Elite geknüpft und gemerkt, welche Unterstützung das USA-Projekt erhalten hatte. "Was ich von US F1 mitgenommen habe ist der immense Beistand, der uns zu Teil wurde. Wir erhielten weltweit Fanreaktionen und auch die Teams halfen uns weiter."

Ken Anderson und Peter Windsor

USF1: Ken Anderson und Peter Windsor hatten nur leere Versprechungen gemacht Zoom

"Ferrari-Präsident Luca di Montezemlo hatte bei der Präsentation des F10 gemeint, dass er gerne Chassis an ein amerikanisches Team liefern würde. Die Toyota-Boliden wurden uns zuerst angeboten, bevor Zoran Stefanovich den Zuschlag erhielt. Obwohl die Formel 1 oft einen halsabschneiderischen Ruf hat, interessiert sich jeder dafür, was das Beste für den Sport ist. Es ist kein Club alter Männer. Jeder will den anderen bei den Rennen sehen, und da wurden auch wir mit eingeschlossen."

USF1 ist vor allen anderen neuen Teams mit der Einstiegsankündigung an die Öffentlichkeit gegangen. Sie hatten am längsten Zeit sich für 2010 vorzubereiten und standen schließlich ohne Auto da. Eine skurrile Randnotiz in der Formel-1-Geschichte. "Man kann genug Lektionen aus der Pleite mitnehmen", so Mullins. "Man sollte sich nicht die Schwierigkeit antun, eine brilliante Gruppe an Leuten zusammenzustellen, und sie dann nicht arbeiten lassen."

"Ich denke niemand hat seinen Vertrag unterzeichnet und erwartet, unter einer Diktatur arbeiten zu müssen - aber genau das war es", beschreibt Mullins die Zustände. "Außerdem muss man seine Versprechen einhalten und es wurden viele falsche Worthülsen nicht nur den Angestellten, sondern auch den Fans und dem Sport gegenüber getätigt. Es ist eine Sache Träume und Hoffnungen zu haben, aber es verlangt nach einer klaren Richtung und einer Struktur. Und all das hatten wir nicht."