• 07.12.2008 12:14

  • von Roman Wittemeier

Theissen-Interview: "Es geht uns nicht um Macht"

BMW Motorsport Direktor Mario Theissen spricht über die Harmonie innerhalb der FOTA, die Verhandlungen mit Fernando Alonso und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Der sofortige Formel-1-Ausstieg von Honda kam auch für BMW Motorsport Direktor Mario Theissen überraschend. Auswirkungen auf das Engagement von BMW hat diese Entwicklung jedoch nicht. 'Motorsport-Total.com' traf den Deutschen am Rande des Formel BMW Weltfinales in Mexiko City zum Interview. Dabei sprach Theissen unter anderem über den Honda-Ausstieg und die Auswirkungen auf die Formel 1, aber auch über einige andere Themen.

Titel-Bild zur News: Mario Theissen

Mario Theissen gibt zu, dass mit Fernando Alonso Gespräche stattgefunden haben

Frage: "Herr Theissen, wie haben Sie die Ausstiegsankündigung von Honda aufgenommen?"
Mario Theissen: "Das war sicherlich eine Überraschung für uns alle. Ich glaube, das kam auch für die Mitarbeiter im Honda-Team überraschend. Wir bedauern diesen Schritt, den Honda da gemacht hat. Wir haben bei Honda keine Vorzeichen in diese Richtung erkennen können. Es wird allerdings keine Auswirkungen auf das Programm von BMW haben."#w1#

Kein Kommentar zu Richards-Gerüchten

Frage: "Nur kurz nach der Ankündigung kamen bereits erste Übernahmegerüchte auf. Zum Beispiel wird Prodrive-Chef David Richards ein mögliches Interesse nachgesagt. Halten sie das für realistisch?"
Theissen: "Keine Ahnung. Im Spekulieren bin ich ganz schlecht. Von diesen Gerüchten habe ich hier beim Formel BMW Weltfinale in Mexiko noch gar nichts gehört. Ich möchte das daher nicht kommentieren."

Frage: "Droht in der Formel 1 ein Verfall?"
Theissen: "Nein. Ich erwarte keinen Verfall. Ich erwarte eine schwierige Phase. Das hat die Formel 1 mit der Weltwirtschaft gemeinsam. Man kann sich da nicht ausklinken. Diese schwierige wirtschaftliche Phase betrifft sowohl die Teams als auch die Sponsoren. Da müssen wir durch. Wir haben da ganz klare Maßnahmen, die wir angehen, um die Kosten herunterzuholen. Das läuft gerade zwischen den Teams sehr intensiv, also innerhalb der FOTA und auch im Abgleich mit der FIA."

"Ich erwarte Entscheidungen, die die Kosten schon im kommenden Jahr deutlich reduzieren werden." Mario Theissen

"Ich erwarte noch vor Jahresende Entscheidungen, die die Kosten schon im kommenden Jahr und in den Folgejahren deutlich reduzieren werden. Auf diese Weise wird - da bin ich sicher - die Formel 1 die wirtschaftliche Schwächeperiode überstehen und abschließend vielleicht in besserer Verfassung sein als heute."

Frage: "Bei allen Schwierigkeiten: Kommt es für private Teams wie Williams vielleicht gerade passend, damit alles wieder auf ein Normalmaß gesundgeschrumpft wird?"
Theissen: "Das sagen Sie ganz richtig: gesundschrumpfen. Es wird auch in Zukunft so sein, dass die Formel 1 die Topkategorie im Motorsport ist. Es hat in der Tat in den vergangen Jahren richtige Auswüchse gegeben, wo der betriebene Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum erzielten Effekt gestanden hat. Insofern begrüßen und unterstützen wir diese Maßnahmen zur Kostensenkung."

Frage: "Wie ist zurzeit die Stimmung innerhalb der FOTA?"
Theissen: "Sie ist bemerkenswert. Bemerkenswert deswegen, weil erstmals soweit ich zurückdenken kann alle Teams mit einer Stimme sprechen. Wir haben schon eine Menge diskutiert und bei vielen Themen entschieden. Da waren auch teilweise kontroverse Themen dabei - und dennoch stand am Ende immer ein einstimmiger Vorschlag der FOTA."

Frage: "Wie schwierig ist es, diese FOTA-Entscheidungen gegenüber Max Mosley und der FIA zu vertreten?"
Theissen: "Es ist sicher leichter, als wenn jedes Team mit einer eigenen Idee kommt."

Einigkeit der Teams als Kriterium

Frage: "Ist die FOTA so mächtig, dass Mosley einige Dinge nur abnicken kann?"
Theissen: "Es geht uns gar nicht um Macht oder um die Konfrontation mit der FIA. Es geht uns einfach darum, einen vernünftigen Vorschlag zu erarbeiten, hinter dem vom größten bis zum kleinsten Team alle stehen können. Wenn alle Teams dazu stehen, dann sehe ich auch gute Chancen dafür, dass die FIA sagt: Ja, das macht Sinn."

"Wir haben mit Fernando gesprochen, wie wir auch mit vielen anderen Fahrern sprechen." Mario Theissen

Frage: "Im Verlauf der vergangenen Saison ist viel über den stringenten Aufstieg des BMW Sauber F1 Teams gesprochen worden, aber auch die Piloten waren im Zentrum einiger Gespräche. Lange Zeit war nicht klar, wie es mit Nick Heidfeld weitergeht. In dem Zusammenhang tauchte der Name Fernando Alonso immer wieder auf. Wie nah waren sie wirklich an Alonso dran?"
Theissen: "Wir haben mit Fernando gesprochen, wie wir auch mit vielen anderen Fahrern sprechen. Wir waren aber nie so weit, dass man von einem Vertragsabschluss sprechen konnte."

Frage: "War von Alonsos Seite Interesse da oder war er eher abwartend?"
Theissen: "Ich möchte gar nicht mehr so viel dazu sagen. Wir haben mit ihm gesprochen. Am Ende haben sich beide Parteien anders entschieden. Es war nicht nur Fernando, mit dem wir gesprochen haben."

Frage: "Im Zuge der Regeländerungen haben Sie sich bei den vergangenen Testfahrten bereits im aerodynamischen Gewand für 2009 gezeigt. Wie groß ist Ihr Vorsprung?"
Theissen: "Das wird man sehen. Wir haben als erstes Team diese Aerodynamik in vollem Maß aufs Auto geschraubt. Es ist tatsächlich ein Schnitt, die Karten werden neu gemischt. Wer am Ende die Nase vorne haben wird, können auch wir erst einschätzen, wenn alle ihr neues Auto auf der Strecke hatten - also erst im Februar. Ich bin zuversichtlich. Wir haben bisher drei Jahre lang stetigen Fortschritt erzielt. Es gibt keinen Grund, warum das abreißen sollte."

Frage: "Da Sie aber den ersten Schritt in Richtung 2009 gemacht haben, stellt sich doch ein Vorteil ein. Wie groß ist dieser?"
Theissen: "Wir hoffen, dass dies tatsächlich Wirkung zeigt. Darum haben wir das ja gemacht. Das war ganz bewusst so gemacht, dass wir jetzt schon Lösungen zeigen, wie sie dann vielleicht am nächsten Auto sind."