• 06.10.2007 15:56

  • von Dieter Rencken

Szafnauer: Interview zum neuen Concorde Agreement

Otmar Szafnauer, Vizepräsident von Hondas Motorsportdivision, klärt im Interview über den Status quo in Bezug auf das Concorde Agreement auf

(Motorsport-Total.com) - Im Wirbel um den polternden Fernando Alonso, Fast-Weltmeister Lewis Hamilton, die Spionageaffäre und viele weitere brennend heiße Themen ist in den vergangenen Wochen fast untergegangen, dass die Teams gerade damit beschäftigt sind, ein neues Concorde Agreement auszuhandeln, quasi eine neue Verfassung für die Formel 1.

Titel-Bild zur News: Otmar Szafnauer

Szafnauer hofft auf eine Unterschrift unter das Concorde Agreement

Am Rande des Rennwochenendes in Barcelona im Mai wurde von allen Teams und Motorenherstellern ein Verständnismemorandum unterzeichnet, das die Grundzüge der neuen kommerziellen Vereinbarung der Königsklasse definiert. Die Feinarbeit muss allerdings noch erledigt werden, was bis Jahresende geschehen soll. Der Vizepräsident von Hondas Motorsportdivision, Otmar Szafnauer, klärt die 'Motorsport-Total.com'-Leser über den aktuellen Stand der Dinge auf.#w1#

Unterschrift noch vor dem Jahreswechsel?

Frage: "Otmar, wie ist der Stand der Dinge in Bezug auf das Concorde Agreement, denn das bestehende läuft ja am Jahresende aus?"
Otmar Szafnauer: "Das bestehende läuft tatsächlich am Jahresende aus. Wir arbeiten nun schon seit mehr als einem Jahr am künftigen Concorde Agreement. Es gibt für die Unterschreibenden des Barcelona-Memorandums - darunter waren zu jenem Zeitpunkt auch fünf GPMA-Hersteller - viel zu erledigen. Wir hoffen, dass wir bis zum Jahresende unterschreiben können. Ob das passieren wird oder nicht, weiß ich nicht, aber je näher wir rankommen, desto wahrscheinlicher, dass alle unterschreiben."

"Es gibt einige offensichtliche Änderungen, die von der GPMA ausgehandelt wurden." Otmar Szafnauer

Frage: "Gibt es im Vergleich zum jetzt noch aktuellen Concorde Agreement viele Änderungen?"
Szafnauer: "Das aktuelle ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, es ist ein geheimes Dokument. Ohne also etwas zu verraten, kann ich sagen, dass das neue Concorde Agreement auf dem alten basieren wird. Es gibt aber einige offensichtliche Änderungen, die von der GPMA ausgehandelt wurden."

Frage: "Diese Änderungen betreffen die Verteilung der Preisgelder und auch die Situation in Bezug auf die Kundenautos, richtig?"
Szafnauer: "Die Kundenautosituation wurde in der Vergangenheit im Concorde Agreement nicht wirklich in Betracht gezogen. Dieses Thema ist erst danach aufgekommen. Ich denke, dass das jetzt erst in Betracht gezogen wird."

Frage: "Welchen Standpunkt vertritt Honda in puncto Kundenautos?"
Szafnauer: "Sollten es die Regeln in Zukunft zulassen, Kundenautos an ein zweites Team zu liefern, dann würden wir Super Aguri mit solchen unterstützen. Sollten Kundenautos nicht zugelassen werden, würden wir uns aber natürlich an diese Regel halten."

Nur leichte Präferenz pro Kundenautos

Frage: "Aber ihr habt doch sicher eine Präferenz, was das angeht, oder nicht?"
Szafnauer: "Wenn wir es uns aussuchen könnten, dann würden wir uns angesichts unserer Verbindung zu Super Aguri natürlich dafür entscheiden, sie zu unterstützen. Aber unsere Präferenz ist keine starke."

"Es gibt einen Vorschlag der Motorenhersteller, der nächste Woche bei der FIA eingereicht wird." Otmar Szafnauer

Frage: "In den vergangenen zwölf Monaten haben sich die Vorschläge für das Motorenreglement der Zukunft stark gewandelt. Was ist da der Stand der Dinge und wie steht Honda dazu?"
Szafnauer: "In diesem Jahr hatten wir erstmals die 'eingefrorenen' Motoren. Nächstes Jahr wird die einheitliche Elektronik kommen, die dabei helfen soll, die Traktionskontrolle zu verbieten. Danach ist dieses Reglement wieder bis 2011 eingefroren. Gemeinsam mit der FIA haben wir das ganze Jahr an einem Reglement für die Zeit danach gearbeitet. Es gibt einen Vorschlag der Motorenhersteller, der nächste Woche bei der FIA eingereicht wird."

Frage: "Beinhaltet dieser Vorschlag auch Energierückgewinnungssysteme?"
Szafnauer: "Ja, absolut. Das Ziel ist außerdem, die Motorenkosten für die unabhängigen Teams zu senken. Das ist das Hauptziel des neuen Vorschlags."

Frage: "Vergangene Woche in Japan gab es ein Meeting der Teamchefs. Wurde da über die Einheitselektronik gesprochen und gab es eine Einigung?"
Szafnauer: "Ich war selbst nicht dabei, aber ich kann dir Hondas Standpunkt zur einheitlichen ECU (elektronische Steuereinheit; Anm. d. Red.) verraten. Als die einheitliche ECU im Mai als Regel beschlossen wurde, haben wir die Weiterentwicklung der Elektronik innerhalb von Honda auf Eis gelegt. Insofern haben wir keine andere Wahl als die einheitliche ECU zu verwenden, weil wir uns schon lange darauf vorbereiten. Wir können nicht einfach einen Schalter umlegen und zur alten ECU zurückkehren, denn alle Vorbereitungen des Motors wurden auf die einheitliche ECU ausgerichtet. Wir müssen also nächstes Jahr die einheitliche Elektronik verwenden."

ECU: Honda könnte gar nicht mehr zurück

Frage: "Seid ihr zufrieden mit der einheitlichen ECU oder wäre es euch lieber, sie selbst weiterentwickeln zu können?"
Szafnauer: "Wenn du mich vor zwei Jahren gefragt hättest, hätte ich ganz klar letztere Variante bevorzugt, aber wie gesagt kann man diese Dinge nicht über Nacht über den Haufen werfen. Wenn sich in Zukunft mit ausreichend Vorlauf die Möglichkeit dazu ergeben sollte, dann wäre es uns lieber, die Elektronik selbst zu entwickeln. Im nächsten Jahr brauchen wir aber die einheitliche ECU."

Frage: "Kommen wir wieder zum Ausgangspunkt zurück: Wie lautet der Zeitplan für das neue Concorde Agreement? Wie lange wird seine Laufzeit sein?"
Szafnauer: "Fünf Jahre, glaube ich, also bis 2012."

"Alle haben das Verständnismemorandum von Barcelona unterschrieben." Otmar Szafnauer

Frage: "Bist du mit den Änderungen wie eben der Neuverteilung der Preisgelder und so weiter zufrieden?"
Szafnauer: "Ja. Wir alle haben das Verständnismemorandum von Barcelona unterschrieben, also sind wir alle einverstanden. Das Concorde Agreement ist sozusagen nur das Fleisch auf dem Skelett."

Frage: "Was passiert, wenn es doch keine Einigung geben sollte? Wir sind nur noch zwei Rennen von der neuen Saison entfernt..."
Szafnauer: "Ich weiß es nicht. Gute Frage, aber ich weiß es nicht. Hoffentlich wird es nicht dazu kommen, so dass wir alle glücklich unsere Rennen fahren können."