• 16.10.2008 12:59

Strategie in der Formel 1: Für alle Fälle gerüstet

Video-Feature: In der Formel 1 entscheiden nicht nur Fahrer und Auto, sondern vor allem eine gute Strategie und hohe Flexibilität während des Rennens

(Motorsport-Total.com) - In der Formel 1 entscheiden nicht nur ein schnelles Auto und ein guter Fahrer über Sieg oder Niederlage, im Hintergrund eines jeden Erfolges steht die richtige Rennstrategie. Aus diesem Grund kommt der sorgfältigen Berechnung und der umfangreichen Simulation von möglichen Rennstrategien eine immense Bedeutung zu. Diese werden von zahlreichen Faktoren beeinflusst, die aufgrund bekannter Daten und Erfahrungen in die Kalkulationen einfließen - unter anderem den Überholmöglichkeiten auf der Strecke.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Grand Prix von Singapur 2008: Nick Heidfeld beim Boxenstopp

Der Shanghai International Circuit bietet dank langer Geraden und einer großzügigen Breite im Gegensatz zu den meisten anderen Strecken gute Möglichkeiten zum Überholen. Da diese in der Formel 1 immer seltener geworden sind, spielen sie bei der Strategieberechnung für Shanghai eine große Rolle. Der Beschluss, mit welcher Rennstrategie das BMW Sauber F1 Team an den Start geht, wird darüber hinaus durch eine Vielzahl weiterer Faktoren beeinflusst.#w1#

Simulationen im Vorfeld

Bereits im Vorfeld eines Grand Prix werden Daten über die Länge der Boxengasse, Einflüsse von unterschiedlichen Benzinmengen auf die Rundenzeiten sowie der zu erwartende Reifen- und Bremsenverschleiß in das Strategiesimulationsprogramm eingegeben. Dieses errechnet dann alle möglichen Rennstrategien und zeigt den Ingenieuren auf die Sekunde genau, wie schnell eine Ein-, Zwei- oder Dreistoppstrategie wäre.

Dabei stellen aufwändige Computerprogramme und die mit Unterstützung von T-Systems ausgebaute ICT- beziehungsweise Datenvernetzung zwischen den unterschiedlichen Abteilungen der beiden Teamstandorte Hinwil und München das Herzstück sämtlicher Simulationsprozesse dar.

"Bei der Vorbereitung auf ein Rennen simulieren wir am Computer verschiedene Strategien und treffen schon mal eine Vorauswahl", erklärt Willy Rampf, Technikdirektor des BMW Sauber F1 Teams. "Wie das Handling des Fahrzeugs und der Reifenverschleiß tatsächlich sind, sehen wir aber meist erst an der Strecke. Dort legen wir dann mit aktuellen Daten und weiteren Simulationen die Strategie fest, mit der wir ins Rennen gehen."

Im Laufe des Rennwochenendes fließen die am Freitag und Samstag gewonnenen Daten in weitere Simulationsberechnungen ein. Hierzu gehören vor allem aktuelle Informationen zur Streckenbeschaffenheit, Wetterprognosen sowie Fahrzeugdaten. Während des Qualifyings observieren die Teams allerdings nicht nur ihre eigenen Fahrzeuge. Ein wichtiger Aspekt in dieser Phase der Rennvorbereitung ist auch die Analyse der gegnerischen Teams. Auf der Basis der gefahrenen Zeiten in Q2 und Q3 versucht man möglichst genau, die Strategie der Gegner einzugrenzen.

Zum Zeitpunkt des Rennbeginns sind die strategischen Weichen der Teams gestellt. Dennoch können die Teams auch während des Rennens ihre Strategie kurzfristig ändern. Basis hierfür ist die permanente Erfassung der gesamten Rennsituation via GPS, die Übertragung der Fahrzeugdaten sowie der Austausch zwischen Fahrer und Ingenieur per Funk.

Fahrer haben ein Mitspracherecht

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Zum Vergrößern anklicken: Infografik zur Rennstrategie in der Formel 1 Zoom

Beim BMW Sauber F1 Team entscheiden Technikdirektor Rampf und die verantwortlichen Renningenieure, ob die Strategie geändert wird. Die Fahrer haben ein Mitspracherecht. Rampf: "Sie können am besten beurteilen, was auf der Strecke los ist, wir haben die bessere Übersicht. Also machen wir das zusammen."

Die Geschehnisse, die zu einer solchen Entscheidung führen, sind vielfältig. Wenn nach einer Kollision ein Fahrzeug neue Teile benötigt, muss das Team den Fahrer in die Box holen. Ein außerplanmäßiger Stopp bietet sich außerdem an, wenn ein Fahrer von langsameren Autos blockiert wird oder das Safety-Car auf der Strecke ist und er damit das verminderte Renntempo für seinen Boxenstopp nutzen kann.

Auch das Wetter macht den Teams oft einen Strich durch die (Strategie-)Rechnung. Beginnt es zu regnen, müssen sie entscheiden, ob und wann sie welches Auto zum Reifenwechsel an die Box holen. Dasselbe gilt im umgekehrten Fall, wenn der Regen aufhört und die Strecke langsam abtrocknet. Denn der Zeitpunkt des Reifenwechsels kann rennentscheidend sein.

Aufgrund der zahlreichen Variablen am Renntag gehen deshalb viele Teams mit ihrer Strategie auf Nummer sicher. Indem die beiden Fahrer des Teams mit unterschiedlichen Strategien antreten, fallen sich ändernde Bedingungen weniger ins Gewicht. "Mit einer gesplitteten Strategie sind wir für alle Fälle gerüstet", sagt Rampf.

Modernste Kommunikationstechnologie sowie umfassende Vernetzung garantieren den Teams schnelle Entscheidungswege. So ist es während des Rennens innerhalb kürzester Zeit möglich, die Strategie den Umständen anzupassen. Rampf: "Bis zehn Sekunden vor einem regulären Stopp können wir die Strategie ändern, ohne dadurch Zeit zu verlieren."

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