• 06.11.2010 15:42

Stewart: "Ich würde Alonso jagen"

Ex-Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart über die "beste Saison seit Ende der 1960er-Jahre" und die teaminterne Strategie bei Red Bull

(Motorsport-Total.com/Sky) - Frage: "Jackie, wir haben in diesem Jahr ein sehr spannendes Formel-1-Finale mit aktuell noch vier Piloten im Titelkampf. Wie siehst du den diesjährigen Fight?"
Jackie Stewart: "Es ist die beste Saison seit den späten 1960er-Jahren. Seit ich damals bis zum allerletzten Rennen gegen Graham Hill und Denny Hulme kämpfen musste - leider war Jimmy Clark zu jenem Zeitpunkt schon verstorben. Damals gab es vier Piloten, die für den Titel in Betracht kamen."

Titel-Bild zur News: Jackie Stewart

Jackie Stewart würde in der Red-Bull-Situation alles auf eine Karte setzen

"Anfang dieser aktuellen Formel-1-Saison musste man sogar acht Fahrer auf der Rechnung haben, die alle das nötige Potenzial haben. Zwei Rennen vor Schluss sind davon nur noch vier im Titelrennen. Was heißt 'nur' vier? Vier sind dabei, das ist unglaublich."

Frage: "Sebastian Vettel hat in diesem Jahr die Chance, jüngster Formel-1-Champion aller Zeiten zu werden, Wie siehst du ihn?"
Stewart: "Er ist ein unglaublich großes Talent, er bringt tolle Leistungen. Ich bin sicher, dass er mal Weltmeister werden wird - daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Vielleicht ist er im Moment aber noch etwas zu jung für den Titelgewinn, denn er ist erst 23 Jahre alt. Wenn es darum geht, dass er einen Weltmeister darstellen soll, dann ist er dafür vielleicht etwas zu jung."

"Aber natürlich will man jede sich bietende Chance für einen Titelgewinn nutzen. Sonst sagt man sich vielleicht in ein paar Jahren, dass es man es nie mehr schafft. Seine Ambitionen sind daher ganz klar. Als ich damals gegen Graham Hill im Titelkampf unterlegen war, war er zweifellos der bessere Weltmeister. Ich stand einfach in der zweiten Reihe, war sozusagen der Ersatzmann. Aber das hat mir damals dabei geholfen, für das Folgejahr besser vorbereitet zu sein."

Frage: "Vor allem der teaminterne Kampf bei Red Bull ist interessant. Boss Dietrich Mateschitz hat gesagt, dass es keine Teamorder geben wird. Jackie, du warst selbst einmal Teamchef. Kannst du deren Herangehensweise nachvollziehen?"
Stewart: "Nein, ich verstehe das nicht. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich nicht so viel Geld habe wie Herr Mateschitz. Er kann sich solche Entscheidungen ganz einfach leisten. Wenn ich Teamchef wäre, dann würde ich ganz klar Alonso als das größte Hindernis auf dem Weg zum Titel sehen. Ob ich nun Vettel, Webber, Hamilton oder Button heiße: Alonso hat die Erfahrung und er hat Ferrari im Rücken."

"In der Situation von Red Bull muss man darauf aus sein, sowohl den Konstrukteurstitel als auch die Fahrermeisterschaft zu gewinnen. Das ist ein großes Ziel, schwierig zu erreichen. Aber Herr Mateschitz sieht es passend zum Image seines Produktes: Lasst sie frei fliegen. Er will es sportlich haben. Das verstehe ich. Aber als Geschäftsmann weiß ich, dass ich für die WM-Punkte Geld bekomme. Als Chef würde ich alles daran setzen, Alonso mit meinem besten Mann zu jagen."