• 29.08.2004 18:45

"Sowas wird es niemals wieder in der Formel 1 geben"

Schumacher feiert seinen siebenten WM-Titel mit Freibier für die Fans, während sich die Konkurrenz vor ihm verbeugt

(Motorsport-Total.com/sid) - Der Formel-1-Kaiser reckte die Faust nach oben, verdrückte eine Freudenträne und schwebte im siebten Titel-Himmel: Michael Schumacher hat das Pech oder Unvermögen seiner Rivalen eiskalt ausgenutzt und mit einem zweiten Platz in seinem "Wohnzimmer" in Spa eine weitere Saison der Rekorde mit dem vorzeitigen Gewinn des historischen siebten WM-Titels gekrönt.

Titel-Bild zur News: Ferrari gratuliert Schumacher

Ohne Worte...

"Meine Freude darüber kann ich noch gar nicht richtig ausdrücken, das braucht seine Zeit. Es war ein wunderschöner Tag, den wollen wir jetzt feiern und genießen", sagte ein von seinen Gefühlen überwältigter Michael Schumacher. Ferrari-Technikchef Ross Brawn, der Schumacher väterlich umarmte, bekam fast feuchte Augen: "Wir werden wahrscheinlich erst heute Abend nach ein paar Bier genau wissen, was es bedeutet, den siebten WM-Titel zu holen."

Der Finne Kimi Räikkönen sicherte sich derweil den zweiten Grand-Prix-Erfolg seiner Karriere und den ersten für McLaren-Mercedes seit dem 23. März 2003 in Malaysia.

Schumacher für Haug der "König der Rennfahrer"

Mann des Tages war allerdings Schumacher, was auch die Konkurrenz würdigte: "Michael kann sich mit Recht als König der Rennfahrer bezeichnen", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug. In der Tat: Auf jener Strecke, auf der vor 13 Jahren die einzigartige Karriere des besten Formel-1-Rennfahrers der Gegenwart begann, ließ sich der 35-Jährige nicht lange bitten und verwertete gleich den ersten "Matchball". Schumacher, der die erforderlichen zwei Punkte mehr holte als sein Teamkollege und letzter verbliebener Widersacher Rubens Barrichello auf Platz drei, bescherte Ferrari 14 Tage nach dem Gewinn der Konstrukteurs-WM passend zum 700. Grand Prix das nächste rote Freudenfest.

"Es ist irgendwas Spezielles, das mich mit Spa verbindet. Dafür gibt es viele Gründe - und heute einen neuen", sagte Schumacher, der in Belgien 1992 seinen ersten Formel-1-Sieg überhaupt feierte und danach auf diesem Kurs fünf weitere folgen ließ. Die WM in Spa zu holen, wo noch nie zuvor in der Formel 1 eine Titelentscheidung gefallen war, sei für ihn etwas ganz Besonderes. Für Schumacher war es die fünfte WM-Krone mit Ferrari in Folge. "Sowas wird es niemals wieder in der Formel 1 geben, das ist eine Marke für die Ewigkeit", meinte der dreimalige Weltmeister Niki Lauda. Seine ersten beiden WM-Titel hatte "Super-Schumi" 1994 und 1995 mit Benetton gewonnen.

Barrichello stieß die Tür zu Schumachers fünftem Titelgewinn in Folge in der ersten Runde selbst weit auf. Nach einer Kollision musste der Brasilianer zweimal an die Box fahren und schließlich den beschädigten Heckflügel wechseln lassen. Barrichello, der dadurch zunächst auf die letzte Position zurückfiel, kam Schumacher nach 44 Runden zwar noch einmal bedrohlich nahe, doch zu mehr als Rang drei reichte es nicht. Das war natürlich zu wenig, um die WM-Entscheidung zumindest bis zum Ferrari-Heimspiel am 12. September in Monza offen zu halten. "Ich habe es versucht, es hat nicht gereicht. Michael hat den Titel verdient, ich greife 2005 wieder an", sagte Barrichello. Derweil grüßte Schumacher bei 'RTL' seine Fans im heimischen Kerpen, die ihr Idol vor einer Großbildleinwand auf dem Rathausplatz feierten: "Ich danke euch für all die Unterstützung und verspreche, dass ich euren Promillevorsprung schnell aufholen werde."

Zweiter Platz Schumachers schlechtestes Ergebnis bei Zielankünften

In der WM-Gesamtwertung führt Schumacher bei vier noch ausstehenden Rennen mit 128 Punkten und 40 Zählern Vorsprung vor Barrichello (88) uneinholbar. "Das war ein historischer Moment und ich bin froh, dass ich dabei war. Michael ist der Größte", sagte Manager Willi Weber gerührt. Beleg dafür ist der Weltrekord von zwölf Siegen in den bisherigen 14 WM-Läufen 2004, nur in Monte Carlo war er ausgefallen. Der zweite Platz von Spa war somit Schumachers schlechtestes Saisonresultat bei Zielankünften.

Mehr als die Hälfte der 85.000 Zuschauer rund um den 6,978 km langen Ardennenkurs war im Laufe der vergangenen Tage aus dem benachbarten Deutschland nach Belgien gepilgert. Überall flatterten rote Fahnen, dröhnten Trompeten und war der Lärm von Tausenden Trillerpfeifen zu hören - Spa hatte für "Schumi" den roten Teppich ausgerollt, und der "Champion der Champions" war von dieser Begeisterung sichtlich bewegt. Ein LKW mit Freibier sei laut Weber aus Deutschland unterwegs: "Das ist Michaels Dankeschön an die Fans."

Auch die Konkurrenz, die in dieser Saison gegen Schumacher auf verlorenem Posten stand, erkannte die Klasse des Kerpeners neidlos an: "Michael ist ein absoluter Ausnahmesportler. Was er geschafft hat, wird vielleicht für immer unerreicht bleiben. Er hat gleich mehrere Kapitel Sportgeschichte völlig neu geschrieben", lobte BMW-Sportdirektor Dr. Mario Theissen, für den "Michaels Beharrlichkeit, Hingabe, Talent und Willen zum Sieg einzigartig" sind.