• 13.03.2010 20:28

  • von Dieter Rencken

Senna: "Das ist nun eben der Anfang"

HRT-Pilot Bruno Senna über den Formel-1-Einstieg seines Teams, die ersten Runden in Bahrain und die lange Aufgabenliste in seinem neuen Rennstall

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 hat einen ihrer berühmtesten Namen zurück: Bruno Senna tritt in die großen Fußstapfen seines Onkels Ayrton, muss sich zunächst aber am Ende des Starterfeldes anstellen. Das neue HRT-Team erhielt erst wenige Tage vor dem Saisonstart in Bahrain grünes Licht für das Rennprojekt und kümmert sich aus diesem Grund um ganz andere Dinge als um schnelle Rundenzeiten. In seiner Medienrunde spricht Formel-1-Neuling über sein Debüt und die ersten Runden im HRT-Auto.

Titel-Bild zur News: Bruno Senna

Bruno Senna zählt seit Freitag zum Kreis der Stammfahrer in der Formel-1-WM

Frage: "Bruno, wie ist es dir in der Qualifikation ergangen?"
Bruno Senna: "Wir haben natürlich mit einem Rückstand auf die Konkurrenz begonnen. Wir hatten keine Testfahrten und in der dir zur Verfügung stehenden Zeit kannst du niemals alles tun, was du dir vorgenommen hast. Alles wird schwieriger."#w1#

"Für uns war es aber schon ein großer Sieg, beide Autos in der Qualifikation auf der Strecke zu haben. Mein Fahrzeug war bislang recht zuverlässig unterwegs. Wir konzentrieren uns voll und ganz darauf, etwas über das Auto zu lernen. Das nehmen wir dann als Ausgangspunkt, um unsere Leistung zu steigern."

"Wir können uns noch nicht mit den etablierten Teams vergleichen." Bruno Senna

Frage: "Wo würdest du euer Team bislang einordnen?"
Senna: "Wir können uns noch nicht mit den etablierten Teams vergleichen. Es gibt nämlich noch so viel mehr Arbeit, die wir verrichten müssen. Im Hinblick auf die anderen neuen Teams kommen wir immer näher ran, dabei haben wir noch immer erst sehr wenige Kilometer zurückgelegt. Ihr könnt mir glauben: In der Formel 1 ist es ungeheuer schwierig, sich zu verbessern - vor allem, wenn man keine Zeit hat, um zu testen."

Frage: "Ist es trotz der Anlaufschwierigkeiten ein Traum, der wahr wird, wo du doch nun in der Formel 1 unterwegs bist?"
Senna: "Aber klar. Wir sind ein neues Team und haben ein neues Abenteuer begonnen. Noch sind wir aber nicht da, wo wir sein wollen. Mir ist schon klar, dass ich einen guten Job machen muss. Sei es nun hier oder irgendwo anders in der Boxengasse. Das ist nun eben der Anfang. Wir müssen einfach nach vorne schauen und ordentlich anpacken."

Senna setzt auf den Aufwärtstrend

Frage: "Seitdem du das letzte Mal ein Formel-1-Auto bewegt hast, hat sich die Formel 1 recht deutlich verändert..."
Senna: "Natürlich muss ich erst einmal ein paar Kilometer abspulen, um mich zurecht zu finden. Es ist eine neue Situation für mich, auch die Reifen sind neu. Daran muss ich mich einfach gewöhnen."

"Aller Anfang ist halt schwer, vor allem wenn du keine deiner Ziele erreichen kannst." Bruno Senna

"Das ist nicht ganz einfach, weil wir als neues Team an einer recht neuen Strecke sind und das Auto noch nicht allzu gut kennen. Aller Anfang ist halt schwer, vor allem wenn du keine deiner Ziele erreichen kannst. Es liegt reichlich Arbeit vor uns - sowohl in Bezug auf mich als auch in Bezug auf das Fahrzeug. Doch das wird kommen."

"Am Sonntag wollen wir möglichst viele Runden zurücklegen. Wir wollen sehen, dass wir einiges von den Daten lernen. In Australien können wir etwas besser vorbereitet auftreten. Dann sind wir entspannter und kennen unser Auto auch ein bisschen mehr. Hoffentlich können wir uns dort noch schneller verbessern."

Fehler gehören zum Lernprozess

Frage: "Dein Team lag bei seiner Premiere recht deutlich hinter den Topteams um Red Bull und Ferrari zurück..."
Senna: "Ich bin ein konkurrenzfähiger Rennfahrer und würde wirklich gerne mit diesen Jungs um die Pole-Position kämpfen. Wir dürfen aber nicht vergessen, wo wir im Augenblick stehen. Es geht darum, die bestmögliche Arbeit abzuliefern."

"Wir müssen noch so vieles lernen." Bruno Senna

"Mir ist schon klar, dass wir in Bezug auf die Rundenzeit nicht konkurrenzfähig sind. Wir müssen noch so vieles lernen. Sollten wir dieses Rennen beenden, dann wäre das, wie wenn wir das erste Mal auf das Podium fahren würden."

Frage: "Konntest du in der Qualifikation einhundert Prozent geben oder musstest du vorsichtig sein?"
Senna: "Für uns stehen Kilometer ganz klar im Vordergrund. Es geht nicht darum, auf eine Position zu fahren, die mir die Teilnahme an Q2 ermöglicht. Wir müssen sicherstellen, dass das Auto fährt. Ich habe Druck gemacht, aber vielleicht nicht zu einhundert Prozent. Ich hatte reichlich Übersteuern und die vielen Bodenwellen haben das Auto doch ganz schön herumgeworfen."


Fotos: HRT, Großer Preis von Bahrain


Frage: "Sind dir im Laufe des Tages auch ein paar Fehler unterlaufen?"
Senna: "Na klar habe ich ein paar Fehler gemacht. Wenn du ein derart neues Auto hast und nur wenige Runden zurücklegen kannst, dann passiert jedes Mal ein Fehler, wenn du etwas ausprobierst und das Fahrzeug nicht so reagiert, wie du dir das gedacht hast. Die Zeit ist dann natürlich weg."

Aller Anfang ist schwer...

Frage: "Um wie viel einfacher wäre dein Job, wenn du bei einem etablierten Team fahren würdest?"
Senna: "Wir haben hier einige sehr erfahrene Techniker am Start. Alle geben ihr Bestes, aber ein normales Rennwochenende ist das für uns nun einmal nicht. Wir haben keine solche Struktur, wie sie in einem arrivierten Team üblich ist."

"Es ist einfach so viel zu tun, da können die Ingenieure sich nicht um alles gleichzeitig kümmern können. Leider ist die Zeit, in der sich Fahrer und Ingenieur austauschen können, recht kurz. Wir müssen uns einfach auf die vor uns liegenden Arbeiten konzentrieren. Wir müssen einiges lernen."

"Würden wir noch immer auf der normalen Bahrain-Strecke fahren, dann hätte ich viel bessere Referenzpunkte." Bruno Senna

"Würden wir noch immer auf der normalen Bahrain-Strecke fahren, dann hätte ich viel bessere Referenzpunkte. Der neue Abschnitt macht die ganze Geschichte etwas schwieriger für uns, wo wir doch keine Daten haben."

Frage: "Dein Team hatte in der Vorbereitung nur wenig Zeit. Denkst du, deine Mannschaft kann den Rückstand auf die anderen Neueinsteiger bis zur Saisonmitte wettmachen?"
Senna: "Das hoffen wir. Das ist natürlich schwierig zu sagen. Wir befinden uns gerade einmal am ersten Rennwochenende und haben noch keine Renndistanz abgespult."

"Die Lage ist also nicht sehr durchsichtig. In der Boxengasse geht es noch nicht sonderlich organisiert zu. Alle versuchen, möglichst viel zu lernen. Wir wollen einfach ein Teil davon sein. Das ist deutlich kniffliger, als es von außen aussieht. Es gibt viele Kleinigkeiten, die von überaus großer Wichtigkeit sind."

HRT braucht noch etwas mehr Zeit

Frage: "Das Team ist in den vergangenen Wochen quasi aus dem Nichts entstanden. Ist es nicht schon ein Wunder, dass die Autos überhaupt auf der Strecke sind?"
Senna: "Ja, es ist schon ein kleines Wunder. Ich bin sehr stolz auf das Team. Noch ist aber nicht alles, wie es sein sollte. Es stimmt halt noch nicht überall."

"Wir brauchen halt noch etwas Zeit. Sogar das Aufwärmen der Motoren braucht länger als normal. Wir haben einfach noch nicht die komplette Ausrüstung. Wir geben uns Mühe, aber solche Dinge sorgen immer wieder für Verzögerungen und verlorene Zeit."

"Wir hatten ziemlich wenig Druck, weil wir ja nicht um Positionen kämpfen mussten." Bruno Senna

Frage: "Nach so vielen Wochen und Monaten der Unsicherheit seid ihr nun erstmals einige Runden gefahren. War es so, wie du dir es ausgemalt hast?"
Senna: "Wir hatten ziemlich wenig Druck, weil wir ja nicht um Positionen kämpfen mussten. Es ging also tatsächlich nur darum, einen guten Job zu machen."

"Nach dem Freien Training haben wir einige umfangreiche Veränderungen vorgenommen, sodass ich in der Qualifikation erst einmal schauen musste, wie sich das Auto verhielt. Ich war fast etwas schockiert zu erfahren, dass der Wagen von Untersteuern zu Übersteuern wechselte. Der Fokus lag also nicht auf der schieren Leistung."

Frage: "Fühlst du dich nun wie ein richtiger Formel-1-Pilot?"
Senna: "Natürlich. Es ist die Formel 1. Wir treten ja auf derselben Rennstrecke an. Wir haben zwar nicht die Leistung, um wirklich konkurrenzfähig zu sein, aber wir sind dabei."

Der Name ist kein zusätzlicher Druck

Frage: "Habt ihr schon einige Boxenstopps trainiert?"
Senna: "Dafür war bislang nicht die Zeit. Hoffentlich können wir das am Sonntagmorgen üben. Beim Boxenstopp haben wir allerdings überhaupt keinen Druck."

"Der große Schaden wird schließlich von der Zeit angerichtet, die wir durch unser langsames Fahren auf der Strecke verlieren. Auf den Boxenstopp kommt es diesbezüglich also gar nicht an. Es besteht keine Notwendigkeit, den schnellsten Stopp hinzulegen. Es spielt keine Rolle, ob wir vier Sekunden lang stehen oder sieben oder acht."

"Ich versuche einfach, den schnelleren Autos nicht im Weg zu stehen." Bruno Senna

Frage: "Fürchtest du, dass du im Rennen einige Kollegen im Weg herumstehen könntest, weil dein Auto noch recht langsam ist?"
Senna: "Ich denke, in der Qualifikation ist das nicht vorgefallen. Zumindest sind mir keine Beschwerden zu Ohren gekommen. Darauf habe ich aber auch besonders geachtet."

"Ich kenne diese Situation nun einmal. Ich war schon in der GP2 in einer Position, in der ich um die Pole-Position gefahren bin. Ich kenne dieses Gefühl und versuche einfach, den schnelleren Autos nicht im Weg zu stehen."

Frage: "Stehst du unter einem besonderen Druck, weil du einen solchen berühmten Nachnamen trägst?"
Senna: "Der Name Senna stand schon seit 1994 nicht mehr an der Spitze der Zeitentabelle. Das ist also kein Problem."