• 19.11.2013 13:05

  • von Dominik Sharaf & SID

Schluss mit Dominanz? Red Bull bangt

Die Motoren scheinen Mercedes in die Karten zu spielen, der Aerodynamik-Chef verlässt Red Bull Richtung McLaren: Sebastian Vettel hält sich lieber bedeckt

(Motorsport-Total.com/SID) - Beim großen Saisonfinale will Sebastian Vettel am Sonntag in Brasilien seinen neunten Sieg in Serie feiern - danach wird sich in der Formel 1 vieles radikal verändern. Die Saison 2014 bringt technische Neuerungen, die alle Teams schon jetzt vor riesige Herausforderungen stellen. Ob Vettels Dominanz dadurch eingedämmt oder vielleicht sogar noch verstärkt wird? Die Experten tappen im Dunkeln und auch der Weltmeister höchstpersönlich tut sich mit einer Prognose in dieser Frage schwer.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel jubelt derzeit ohne Pause, aber bleibt es auch 2014 dabei? Zoom

"Zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand wirklich, was passieren wird. Die großen Teams werden sicher wieder vorne sein, klar ist nur nicht, in welcher Reihenfolge und mit welchen Abständen", sagt Vettel. Der Heppenheimer muss sich genau wie die anderen Piloten in der Königsklasse auf vollkommen veränderte Autos einstellen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Motoren. Ein 1,6-Liter-V6-Turbomotor mit doppeltem Energierückgewinnungs-System löst die aktuellen 2,4-Liter-V8-Saugmotoren ab, die seit 2006 im Einsatz sind.

Neben dem Antriebskonzept ändert sich außerdem die Aerodynamik und damit das Aussehen der Fahrzeuge. Das bringt auch die künftig deutlich schwerere Motoreinheit mit sich. "Man muss sicher nicht das Fahren neu lernen, aber man muss sich wieder anpassen", so Mercedes-Pilot Nico Rosberg. Der 28-Jährige erhofft sich durch die Neuerungen einen Schub, will mit den Silberpfeilen endlich näher an Red Bull herankommen. "Wenn wir beim Motor einen guten Job machen, dann verschaffen wir uns vielleicht einen kleinen Vorteil", orakelt Rosberg.

Personalrochaden gehören zum Geschäft

Allerdings ist nicht wirklich zu erwarten, dass sich Red Bull um den genialen Designer Adrian Newey in Zusammenarbeit mit Motorenhersteller Renault bei der Entwicklung der Boliden grobe Schnitzer leisten wird. Seit Monaten wird im Werk im Milton Keynes unter Geheimhaltung am Nachfolger von Vettels "Hungry Heidi" getüftelt, wie in den vergangenen Jahren will das Team auch beim RB10 wieder das beste Auto auf die Rennstrecken dieser Welt bringen. "Es besteht sehr wohl die Gefahr, dass die neue Saison vom Motor dominiert wird", blickt Newey im Gespräch mit 'Auto Bild motorsport' voraus.

Der 54-Jährige wird zukünftig mit Peter Prodromou auf einen seiner versiertesten Mitarbeiter verzichten müssen. Red Bulls Aerodynamik-Chef dockt spätestens 2015 in Woking an. "Ich kenne ihn nicht, aber er hat den Ruf, einer der besten Ingenieure zu sein", erklärt Ross Brawn gegenüber dem 'Guardian' und warnt die Verantwortlichen in Milton Keynes vor den Folgen: "Es wird sich also etwas ändern, schließlich kann kein Team jemanden von diesem Kaliber verlieren, ohne das das Auswirkungen hätte."


Fotostrecke: Pressestimmen zum GP in Austin

Für den Briten sind Personalrochaden nicht nur auf dem Fahrer-, sondern auf dem Technikermarkt längst Alltag. Der Mercedes-Teamchef erinnert daran, dass die Personalie Prodromou auch als Retourkutsche verstanden werden kann: "Red Bull steht da, wo sie stehen, weil sie Adrian von McLaren weggelotst haben. Das ist Teil der Formel 1 und geht immer weiter und weiter." Brawn, der mit Paddy Lowe selbst einen klugen Kopf aus Woking im Team hat und auf den Wechsel James Allions von Lotus zu Ferrari verweist, meint: "Hat Red Bull eine Philosophie, die einzigartig ist, dann wird McLaren über diesen Ansatz genau Bescheid wissen.

Ein teuerer Spaß

Fest steht auch, dass die Autos wohl nicht sonderlich hübsch werden. "Der neue Red Bull wird hässlich. Leider", weiß Newey. Rosberg hat in diesem Punkt die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben: "Natürlich muss man auch sehen, dass die Autos gut aussehen." Was die finanzstarken Branchenführer Red Bull, Mercedes, Ferrari und McLaren bei der Entwicklung weniger stört, stellt vor allem die eher klammen Teams vor große Probleme. Alleine die Kosten für die Entwicklung der Motoren sollen bei etwa 20 Millionen Euro liegen - für viele ist das als Mehraufwand kaum zu stemmen.

"Das Antriebspaket wird nächstes Jahr doppelt so teuer, dabei reden immer alle davon, dass die Kosten gesenkt werden sollen", so Teamchef Franz Tost von Toro Rosso: "Diese Chancen wurde wieder verpasst." Der Automobil-Weltverband FIA hatte sich vor allem für die Ännderungen entschieden, um den immer größer werdenden Einfluss der Aerodynamik zu bremsen. Dazu wurden viele Kleinigkeiten an den Flügeln oder dem Auspuff neu reglementiert. "Das wird alles eine Herausforderung. Ich freue mich darauf, weil ich glaube, dass ich daraus einen Vorteil ziehen kann", erklärt Rosberg. Vettel bleibt vorsichtig: "Es bringt nichts, jetzt schon über Erwartungen zu sprechen."

"Ich glaube, das ich einen Vorteil ziehen kann." Mercedes-Pilot Nico Rosberg