• 04.05.2011 21:14

Schlägt Ferrari schon in Istanbul zurück?

Während sich Felipe Massa auf seiner Lieblingsstrecke einen vierten Sieg wünscht, drückt Fernando Alonso die hohen Erwartungen

(Motorsport-Total.com) - Der Druck in Maranello ist enorm. In den kommenden vier Wochen stehen drei Rennen bevor - greifen die Aerodynamik-Updates jetzt nicht, läuft man Gefahr, viele WM-Punkte liegen zu lassen und im Titelkampf in eine beinahe aussichtslose Lage zu geraten. Doch Teamchef Stefano Domenicali mahnt zur Ruhe: "Wenn es etwas gibt, das man vermeiden sollte, dann ist es Panik - dadurch schneidet man sicher nicht besser ab."

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Wird Ferraris Aufholjagd schon in der Türkei von einem Erfolg gekrönt?

Dem Italiener ist aber bewusst, dass sein Team vor einer wichtigen Phase in der WM steht: "Jetzt müssen wir zeigen, dass wir wieder in Form sind und es auf das Podest schaffen. Das ist uns bei den ersten drei Rennen leider nicht gelungen." Die Situation ist keineswegs aussichtslos. Nach dem schwachen Saisonstart hat man laut eigenen Angaben in Maranello die Herangehensweise geändert, zudem wurde der Windkanal, der falsche Daten ausgespuckt hatte, neu kalibriert.

Hinzu kommt die Tatsache, dass man mit dem Kurs im Istanbul Park auf eine Rennstrecke kommt, die den Roten liegen müsste. In sechs Jahren feierte man drei Siege - alle durch Felipe Massa. Auch dem Brasilianer ist bewusst: "Wir müssen das Auto verbessern. In diesen drei Wochen haben wir sehr hart gearbeitet, um einen Schritt vorwärts zu machen und damit ein besseres Resultat als bei den ersten drei Rennen zu gewährleisten. Wir wollen uns von Rennen zu Rennen verbessern und dabei größere Fortschritte machen als die anderen Teams."

Warum Massa so gerne in der Türkei fährt

Dass nun der Grand Prix der Türkei auf dem Programm steht, kommt da gerade recht, zumal der Vize-Weltmeister 2008 zuletzt auch wieder mit seinem Teamkollegen Fernando Alonso mithalten konnte. Warum der Kurs am Bosporus einer von Massas Lieblingskursen ist? "Weil es eine echte Rennstrecke ist. Es gibt großartige schnelle Kurven, viele schöne Richtungsänderungen, einige technische, langsame und schwierige Passagen. Das macht die Strecke so besonders."

"2006 habe ich hier meinen ersten Formel-1-Sieg geholt, was ein Rennfahrer nie vergisst." Felipe Massa

Massa ist auch ein Fan der spektakulären Kurve 8: "Das ist eine sehr schnelle Kurve und im Grunde sind es vier Kurven in einer. Die G-Kräfte sind enorm, die höchsten in der Formel 1. Diese Kurve perfekt hinzukriegen, ist nicht einfach, denn man steht voll am Gas, lupft dann ein bisschen im ersten Teil der Kurve. Es gibt ein paar Bodenwellen in der Mitte, da verliert man das Auto leicht aus der Kontrolle."

Der Brasilianer ist stolz auf seine Bilanz: "2006 habe ich hier meinen ersten Formel-1-Sieg geholt, was ein Rennfahrer nie vergisst. Das war ein unglaublicher Sieg von der Pole-Position und ich erinnere mich daran, dass ich vor Michael und Fernando ins Ziel kam, die um die Weltmeisterschaft kämpften. Das hat es besonders großartig gemacht."

Gelingt der vierte Sieg?

Doch damit nicht genug: "Dann gelang mir der Hattrick: Ich habe auch in den kommenden zwei Jahren gewonnen, als ich mit Sicherheit der schnellste Mann auf der Strecke war. Abgesehen von den drei Siegen und den drei Poles, kam ich im Istanbul Park immer in den Punkterängen ins Ziel. Ich hoffe aber, dass es nicht bei drei Siegen bleibt. Es klingt eigenartig, aber wenn ich meine Istanbul-Bilanz und die Tatsache, dass ich vor kurzem meinen 30. Geburtstag gefeiert habe, in Verbindung bringe, dann bin ich sogar noch motivierter, an diesem Wochenende ein gutes Ergebnis einzufahren."

"Es ist nicht ausgeschossen, dass unser Auto für einen Podestplatz gut ist." Felipe Massa

Dem Ferrari-Piloten ist bewusst, dass dies angesichts der schwachen bisherigen Ergebnisse ein schwieriges Unterfangen wird. Doch Massa konzentriert sich auf das Positive: "Beim letzten Rennen waren wir im Qualifying nicht schnell genug für einen Podestplatz, aber während des Rennens war das schon der Fall. Wir wissen nicht, was in der Türkei passieren wird, denn abgesehen von uns haben auch die anderen Teams hart gearbeitet, aber es ist nicht ausgeschossen, dass unser Auto für einen Podestplatz gut ist."

Wenn da mal nicht das Wetter zum Spielverderber wird, denn für das Wochenende sind niedrige Temperaturen und Regenschauer angesagt. "Der Wetterbericht kündigt an fast jedem Tag des Rennwochenendes Regen an", weiß Massa. "Dadurch müssen wir und vor allem unsere Strategen konzentriert bleiben und auf alles vorbereitet sein. Ich kann mich nicht an Regen in Istanbul erinnern, es könnte also interessant werden."

Alonso mit gedämpften Erwartungen

Nicht ganz so glorreich liest sich die Bilanz von Massas Teamkollegen Alonso in der Türkei: Der Spanier hat keinen einzigen Sieg zu Buche stehen, war 2005 und 2006 jeweils Zweiter, 2007 reichte es noch zu Platz drei. Nach einem Besuch in Maranello hofft er nun auf die Updates am 150° Italia: "Wir werden schon in der Türkei ein paar neue aerodynamische Komponenten haben, weitere Updates kommen dann bei den nächsten Rennen."

"Ich rechne in Istanbul mit keiner großen Änderung." Fernando Alonso

Alonso ist die Bedeutung der Weiterentwicklung an seinem Boliden bewusst, seine Erwartungen halten sich aber in Grenzen: "Ich rechne in Istanbul mit keiner großen Änderung. Am Freitag werden wir sehen, ob die neuen Teile funktionieren, aber uns ist bewusst, dass die anderen in den vergangenen Wochen ihre Daumen nicht in den Mund gesteckt haben. Man kann daher unmöglich sagen, wo wir im Vergleich zu unseren Hauptkonkurrenten stehen werden."

Reifen als entscheidender Faktor?

Nachdem er in der Pause etwas Zeit mit seiner Familie verbracht hatte, konzentriert er sich nun auf den Kurs im Istanbul Park: "Der Kurs ist sehr technisch, es gibt viele unterschiedliche Arten von Kurven, viele Auf- und Ab-Passagen und einige Stellen, wo man in der Vergangenheit überholen konnte. Dank des verstellbaren Heckflügels sollte das dieses Jahr noch einfacher sein. Dieses Element hat einen wichtigen Beitrag geleistet, um das Überholen einfacher zu machen, der wichtigste Faktor ist aber die Leistung der Reifen."

"Die anderen haben in den vergangenen Wochen ihre Daumen nicht in den Mund gesteckt." Fernando Alonso

Alonso verweist auf das Rennen in China: "Wenn man Reifenprobleme hat, dann wird es sehr schwierig, deine Platzierung gegen einen anderen Fahrer zu verteidigen, auch wenn seine Reifen nur ein paar Runden frischer sind als deine. Normalerweise stellt das Rennen in Istanbul große Ansprüche an die Reifen. Es wird daher wichtig sein, schon beim Training am Freitag ein Verständnis für ihr Verhalten zu entwickeln. Derzeit ist die Wettervorhersage ungewiss, vor allem am Freitag, was eine weitere Unbekannte hinzufügt."

Bleibt die Frage, mit welchem Ergebnis Alonso nun in der Türkei rechnet. "Ich will keine Prophezeiungen für das Endergebnis machen", winkt er ab. "Wir wissen, dass es für uns hart wird, aber am Willen, ein gutes Ergebnis zu holen und hart zu arbeiten, wird es nicht scheitern. Davon konnte ich mich in den vergangenen Tagen in Maranello überzeugen - von Domenicali bis zu den Mechanikern. Jeder versucht, in seinem Bereich die Lage so schnell wie möglich in den Griff zu kriegen. Dieses Verlangen, gute Arbeit zu leisten, macht die Leute in Maranello so besonders."