• 04.07.2014 17:13

  • von Rebecca Friese & Dominik Sharaf

Rollenspiel: Die Herausforderungen von Susie Wolff

Williams-Testpilotin Susie Wolff arbeitet mit Hochdruck an einem Stammcockpit in der Formel 1 und will dabei Vorbild sein, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erregen

(Motorsport-Total.com) - Auch wenn der Auftritt bei ihrer ersten offiziellen Trainingseinheit für ein Formel-1-Rennen nicht lange dauerte, am Freitag vor dem Grand Prix von Großbritannien gehörten die Schlagzeilen ihr: Susie Wolff hat in ihrer weiblichen Hauptrolle für jede Menge Aufmerksamkeit gesorgt. Die Williams-Testpilotin selbst hat aber vor, in beiden Rollen zu überzeugen: Als gleichberechtigte, talentierte Fahrerin und als Vorbild für junge Nachwuchs-Fahrerinnen.

Titel-Bild zur News: Susie Wolff

Susie Wolff zwischen Talent, Medienwirksamkeit und Vorbildfunktion Zoom

Bahnbrechende Chance in der Königklasse oder medienwirksamer Auftritt für Sponsoren? Die Geister scheiden sich noch an der Rolle, die Susie Wolff in der Formel 1 erfüllen soll. Während die Medien ihr Trainingsdebüt mit größter Aufmerksamkeit verfolgten, behandeln sie die meisten Fahrerkollegen allerdings wie jedes männliches Gegenüber.

"Das ist doch gut", findet Wolff. "Wir sind doch alle mal hier angekommen und da gab es keinen riesigen Aufstand drum herum. Ich finde das gut. Als Felipe (Nasr; Anm. d. Red.) und Valtteri kamen, sind sie eben gefahren - kein Ding. Für die anderen Piloten ist es kein Problem, das ist auch etwas Positives, weil sie nichts Ungewöhnliches darin sehen."

Susie Wolff: "Es gibt da draußen kein Vorbild"

Mit Samthandschuhen möchte sie nämlich genauso wenig angefasst werden, wie gegen Vorurteile kämpfen zu müssen: "Als ich zu Mercedes in die DTM gekommen bin, musste ich mir den Respekt erst erarbeiten. Aber das muss jeder junge Pilot. Da heißt es: Augen zu und durch, sonst klappt es nicht. Mein Verhältnis zu Felipe und Valtteri ist gut. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich anders behandelt werde als sie."


Fotos: Williams, Großer Preis von Großbritannien, Freitag


Auch Ehemann Toto Wolff, Motorsportchef bei Mercedes, "akzeptiert" die Vorhaben seiner besseren Hälfte. "Ich habe immer gesagt, dass er eine wahnsinnige Hilfe ist", so Susie. "Er ist mein größter Unterstützer, aber auch mein größter Kritiker. Wenn ich fahre, ist er immer ein bisschen nervös, zu den Tests kommt er nie."

Als Frau in der Königklasse, muss sie sich derzeit noch allein durchschlagen. "Es gibt da draußen kein Vorbild, das es vormacht", ist ihr die Situation bewusst. "Alle Mädchen kommen mit ihren Vätern oder ihren Brüdern an die Strecke oder sitzen mit ihnen vor dem Fernseher. Wenn sie ein Mädchen fahren sehen würden, dann wäre das vielleicht eine Inspiration, es selbst zu versuchen."

Wenn nicht jetzt, wann dann?

"Wenn sie nicht Kart fahren und in jungem Alter beginnen, dann schaffen sie es nie an die Spitze", mahnt Susie Wolff allerdings. "Ich habe diese Chance erhalten, als ich Ende 2012 ein Formel-1-Auto testen durfte. Manchmal braucht es einfach diese Gelegenheit. Aber wir sollten nicht vergessen, dass Frank und Claire (Williams; Anm. d. Red.) damit das Eis gebrochen haben."

"Die Leute reden immer über mein Alter, aber in meinen frühen Zwanzigern wäre ich gar nicht bereits gewesen für diese Chance." Susie Wolff

Um den weiblichen Durchbruch in der Formel 1 zu schaffen, musste die heute 31-Jährige geduldig sein: "Die Leute reden immer über mein Alter, aber in meinen frühen Zwanzigern wäre ich gar nicht bereits gewesen für diese Chance. Jedes Jahr in der DTM - da ist das Niveau so hoch - war wertvoll. Ohne diese Mitgift hätte ich es gar nicht geschafft und früher wäre es gar nicht so gut gelaufen. Ich bin nicht die Jüngste, aber eben auch nicht die Älteste."

Sie ist aber definitiv eine der Ehrgeizigsten, wenn es darum geht, sich ein Stammcockpit in der Formel 1 zu erobern: "Mit der ganzen Vorbereitung im Hintergrund: Es wäre hart, noch ein Projekt zu starten, und darauf müsste ich mich zu 100 Prozent konzentrieren. Chancen in der Formel 1 sind so selten." Ihre Chance will sie daher auch nutzen.