• 19.09.2008 09:09

  • von Roman Wittemeier

Renault: Die Jagd auf Toyota

Renault hat nach wie vor ein festes Saisonziel vor Augen: Toyota den vierten Platz in der Konstrukteurs-Meisterschaft abjagen

(Motorsport-Total.com) - Der Kampf um die Position "Best of the Rest" ist in der Konstrukteurs-Meisterschaft auf härtestem Niveau. Nur vier Rennen vor dem Saisonende liegen Toyota und Renault mit je 41 Zählern punktgleich in der Tabelle. Die Japaner halten sich nur dadurch auf Rang vier, weil sie einen Podestplatz mehr zu Buche stehen haben als die Konkurrenz von Renault. Die Mannschaft um Topstar Fernando ist zuletzt allerdings mit Siebenmeilenstiefel aufgerückt. Der Spanier konnte in Spa-Francorchamps und Monza jeweils fünf Punkte holen und brachte sein Team damit deutlich nach vorn.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso und Renault haben ein festes Ziel: Platz vier in der Meisterschaft

"Wir liegen eigentlich hinter ihnen, denn wir haben keinen dritten Platz. Darin schlagen sie uns quasi und rangieren vor uns", sagte Chef-Renningenieur Alan Permane im Podcast des Teams. "Wäre Monza das letzte Saisonrennen gewesen, dann wären sie auf P4 und wir auf P5. Das ist trotzdem eine gute Sache, denn wir haben ihnen in den vergangenen beiden Rennen zehn Punkte abgenommen. Es geht also definitiv in die richtige Richtung. Wenn man sich aber um kleinere Punktmengen duelliert, dann sind vier noch ausstehende Rennen einiges. Unser Ziel ist jedenfalls klar, denn wir wollen Toyota schlagen."#w1#

Der Kampf um Platz vier in der Gesamtwertung ist überraschend wieder so spannend geworden, denn zwischenzeitlich war Toyota enteilt und der TF108 offenbar dem aktuellen Renault überlegen. "In den ersten 20 Runden in Monza waren sie auch echt klasse", gestand Teammanager Steve Nelson. "Ich dachte zwischendurch: 'Wow, wenn die so weitermachen, dann holen sie sieben oder acht Punkte und wir gehen leer aus.' Es ist aber relativ leicht, in einem Rennen alles wieder zu verlieren. Ihr Auto scheint echt gut zu sein und auch die Fahrer sind prima. Wir haben aber noch reichlich Kilometer vor uns. Ich bin da sehr zuversichtlich, aber noch haben wir sie nicht im Sack."

Kein Fernduell: Das Treffen von Alonso und Glock

Eine - fast filmreife - Randerscheinung des Rennens in Monza war das häufige direkte Aufeinandertreffen von Renault-Pilot Alonso und Toyota-Mann Timo Glock. "Um ehrlich zu sein, habe ich in diesem Moment überhaupt nicht auf die Fernsehbilder geachtet", beschrieb Nelson. Und weiter: "Alan hat plötzlich gesagt: 'Fernando hatte eben möglicherweise eine Kollision'. Dann habe ich die Wiederholung gesehen und bemerkt, dass nichts passiert war." Permane fügte rückblickend an: "Sie hatten keinen Kontakt, doch es war verdammt eng. Man hat ja nur gesehen, wie sich der Toyota in Richtung Renault-Heck drehte und es war nicht so klar, was da überhaupt vorgefallen war."


Fotos: Renault, Großer Preis von Italien


Nach dem Zwischenfall war das Duell beendet. Glock verschwand im Mittelfeld, Alonso fuhr auf hohem Niveau weiter und sicherte sich am Ende Rang vier. "Unsere Hausaufgaben hatten wir ja schon am Samstag erledigt. Wir haben fest mit Regen gerechnet, wobei du dir bei so etwas niemals wirklich sicher sein kannst. Um aber so flexibel wie möglich zu sein, fährst du einfach so lange es geht. Wir haben uns also entschieden, nur einen Boxenstopp einzulegen - egal ob es nun trocken oder nass sein würde. Dann spielt bloß noch eine Rolle, in welcher Runde du an die Box kommst."

"Wir haben einen langen ersten Stint geplant, denn das gibt dir bei Regen auf lange Sicht schlicht und ergreifend einen größeren Spielraum. Falls es bis dahin abtrocknet, kannst du auf Slicks wechseln oder neue Regenreifen fassen - je nach dem. Das Fenster an Möglichkeiten ist einfach größer. Fernando hat sich am Samstag nur an P8 qualifiziert, weil er randvoll mit Sprit war. Das war nicht ganz so gut, wie wir geschätzt hatten, aber wir wussten ja um unseren langen ersten Rennabschnitt", erklärte Nelson die Rennstrategie beim Asturier.

Nelson Piquet in Monza: Langer Stint, langes Gesicht

30 Runden lang konnte Alonso draußen bleiben, bis auch er an die Tankstelle musste: "Die Entscheidung, beim Stopp Intermediates aufzuziehen, fiel uns dann relativ leicht. Heidfeld (Nick Heidfeld; Anm. d. Red.) war kurz zuvor damit rausgefahren und hat persönliche Sektorenbestzeiten aufgestellt. Wir hatten also genug Benzin an Bord, um die Chancen voll auszuschöpfen. Zwei oder drei Runden lang haben wir intensiv über die Reifenfrage diskutiert, doch dann war es auf einmal offensichtlich und wir mussten Intermediates nehmen. Da gab es keine andere Wahl." Permane fügte angesichts der lebhaften Diskussionen am Boxenfunk an: "Lustigerweise waren es noch etwa 30 Sekunden bis zum Pitstop, als er sein definitives Okay gab."

Nelson Piquet Jr.

Nelson Piquet hatte in Spa-Francorchamps und Monza schmerzhafte Nullrunden Zoom

Bei Teamkollege Nelson Piquet war man strategisch sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Der Brasilianer wurde zum Start randvoll getankt und kam erst in Runde 36 zum ersten und einzigen Stopp - einen längeren Stint fuhr niemand. "Er fuhr sogar kurzzeitig auf der dritten Position, weil er später als die meisten an die Box kommen musste", so Permane. "Nelson ist von ziemlich weit hinten gestartet und hatte einfach Pech, dass so viele Wagen ins Ziel gekommen sind. Er ist letztendlich Zehnter geworden, denn Kimi Räikkönen hat ihn wenige Runden vor Schluss noch überholt. Es ist ungewöhnlich, dass so viele Autos durchkommen. Wären drei oder vier Wagen ausgefallen, dann hätte er Punkte geholt. Ich denke also, dass er recht gut unterwegs war. Er hatte etwas Pech, dass keiner ausgefallen ist."

Mit dem Abstand von einigen Tagen blickten die beiden Techniker aus der Renault-Führungsriege zufrieden auf das Monza-Rennen zurück. "Ich würde sagen: Mission erfüllt. Wir haben zwar das Rennen nicht gewonnen, aber unser Ziel war es seit einigen Rennen, Toyota zu schlagen. Monza war für uns ein wichtiger Schritt in diese Richtung und jetzt haben wir zu ihnen aufgeschlossen, was die Punkte anbelangt. In den verbleibenden vier Rennen geht es also um alles", sagte Nelson. Kollege Permane fügte an: "Es wird sicherlich schön sein, endlich mal wieder in die Hitze zu kommen, nachdem es in Spa und Monza doch ziemlich kalt war. Ich freue mich speziell auf Singapur."