Rätselraten um Red-Bull-Schlitz geht weiter

Warum Joan Villadelprat und Gary Anderson nicht glauben, dass der Red-Bull-Lufteinlass der Kühlung des Fahrers dient und welche Theorien kursieren

(Motorsport-Total.com) - Als Sebastian Vettel und Mark Webber in Jerez ihren neuen Dienstwagen enthüllten, war die Nase des RB8 rasch das Gesprächsthema Nummer eins. Star-Designer Adrian Newey hatte den Höcker weiterentwickelt, den dieses Jahr bis auf McLaren alle Boliden tragen. Im Gegensatz zur Konkurrenz ist die Stufe beim Red-Bull-Boliden mit einem Lufteinlass versehen.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Ist der Luftschlitz auf der Nase ein Geniestreich oder wird er überbewertet?

Auf die Frage, was die Funktion dieses Schlitzes sei, entgegnete Newey: "Der Schlitz in der Nase dient ganz einfach der Kühlung des Fahrers. Normalerweise ist der Schlitz für die Fahrerkühlung an der vorderen Spitze der Nase, aber um den Höcker ästhetisch wenigstens so schön wie möglich zu stylen, haben wir die Position verlegt."

Der Brite gibt also vor, sich von ästhetischen Kriterien leiten haben zu lassen. Doch wer Newey kennt, der weiß, dass das Red-Bull-Genie zwar schöne Rennautos baut, aber dennoch jedes kleinste Detail auslotet, um einen Performance-Vorteil zu erlangen. Und so mehren sich im Fahrerlager die Zweifel an seiner Behauptung, der Lufteinlass würde nur kühle Luft ins Cockpit transportieren.

Villadelprat: Wozu braucht der Fahrer Kühlung?

Joan Villadelprat - einstiger Benetton-Teammanager und nun Teamchef des Epsilon-Euskadi-Rennstalls - wundert sich gegenüber 'El Pais': "Newey versichert, dass der Schlitz, den der RB8 auf der Nase trägt, nicht mehr als ein Einlass ist, um den Piloten zu kühlen. Ich persönlich glaube nicht, dass dem so ist, denn dann müssten Vettel und Webber beim Fahren ja Pausen machen."

Auch Villadelprats ehemaliger Formel-1-Kollege Gary Anderson äußert klare Zweifel an Neweys Kühlluft-Behauptung. Der Ire fungierte jahrelang als Jordan-Technikchef und fungiert inzwischen als Experte für zahlreiche Fachmedien. "Da sich die Beine des Fahrers nicht weit hinter dem Schlitz befinden, würde man in einem Rennen, bei dem es plötzlich zu regnen beginnt, so viel Wasser ins Cockpit bekommen, dass man Gummistiefel bräuchte", scherzt Anderson gegenüber 'Autosport'.

"Vettel und Webber müssten beim Fahren ja Pausen machen." Joan Villadelprat

Andersons Theorien für den Red-Bull-Schlitz

Der Technikexperte hat zahlreiche Theorien, welcher Funktion der Lufteinlass dienen könnte. "In diesem Bereich befinden sich Dämpfer und Dinge wie Inerter, die dadurch gekühlt werden könnten, denn bei diesen Komponenten wünscht man sich eine konstante Temperatur. Das System könnte aber auch den Auftrieb verringern, der durch diese Art von Oberfläche entsteht, indem der Luftstrom über dem Chassis verringert wird."

Anderson möchte auch nicht ausschließen, dass es sich dabei um ein ähnliches System handelt, wie es bereits Mercedes getestet hat und beim neuen Auto einsetzen wird: Beim sogenannte F-Schacht-Frontflügel strömt Luft über ein Loch in die Nase und wird über die zwei Frontflügel-Halterungen links und rechts in den Hauptflügel eingeleitet. Wenn sich die Luft aufgrund des Fahrtwindes staut, wird sie auf der Unterseite des Flügels abgeleitet. So soll die Strömung unter dem Flügel zum Unterboden beruhigt werden und der Topspeed verbessert werden.


Fotos: Red Bull, Testfahrten in Jerez


Der ehemalige Jordan-Technikchef hat folgende Theorie: "Es könnte sein, dass der Schlitz über die Halterungen mit dem Frontflügel verbunden ist und so für einen F-Schacht-Effekt sorgt." Was auch immer der tatsächliche Zweck ist - Anderson ist davon überzeugt, dass das System nicht nur der Kühlung des Fahrers dient: "Ich denke, dass Red Bull da ein Ass im Ärmel hat und wir in Zukunft erfahren werden, worum es sich handelt."

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